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29.02.2012·Aktuelle Rechtsprechung LG Köln: Privatversicherung musste aufwendige Implantatbehandlung komplett erstatten

·Aktuelle Rechtsprechung

LG Köln: Privatversicherung musste aufwendige Implantatbehandlung komplett erstatten

von RAin und FAin für MedR Anita Benigna Fersch, Feldafing, www.fersch.biz

| Der Fall: Ein Privatpatient wurde implantologisch und prothetisch versorgt. Die Behandlung dauerte 18 Monate. Der Patient ist privat versichert und erhält tariflich 100 Prozent für Zahnbehandlung, Zahnersatz und Kieferorthopädie. Die Versorgung kostete 50.000 Euro. Nach langen Verhandlungen und Nacherstattungen verblieb es bei der außergerichtlichen Weigerung einer Erstattung des Kostenträgers in Höhe von etwa 14.000 Euro. Es wurde Klage erhoben. Im Wege des Vergleichs vom 18. Mai 2011 vor dem Landgericht Köln (Az: 23 O 169/09; Abruf-Nr. 120676 unter www.pi.iww.de) zahlte der Kostenträger. |

Implantate zur langfristigen Haltbarkeit medizinisch notwendig

Die Zähne 12-11-21-22 waren entfernungsbedürftig, sodass eine Freiendsituation im OK und UK beidseits sowie eine Frontzahnlücke im OK 12-22 vorhanden war. Der Patient benötigte wegen hochgradiger Alveolarfortsatz-Atrophie und vertieften Kieferhöhlenbodenverhältnissen im OK beidseits eine externe Sinusbodenelevation und eine stationäre autologe Knochenaugmentation im OK-Frontbereich sowie im UK beidseits. Nach der Einheilung erfolgte eine Implantation im OK in regio 12, 11, 21, 22, 15, 16, 17, 26, 27 und im UK in regio 34, 35, 36, 37, 46 und 47. Die private Krankenversicherung (PKV) bestritt die Anzahl der Implantate 17, 27, 37, 47 als nicht objektiv medizinisch notwendig. Der Sachverständige stellte jedoch fest, dass die Implantate den Empfehlungen der Konsensuskonferenz entsprachen und daher medizinisch notwendig waren. Auch der Ersatz der Zähne 17, 27, 37 und 47 war zum Erhalt und zur Sicherung der Gesamtstatik des Gebisses medizinisch notwendig.

Hinweis auf das Zielleistungsprinzip griff nicht

Eine Honorarvereinbarung mit dem Patienten enthielt Gebührensätze von mehr als 3,5-fach. Das Landgericht stellte mittels Hinweisbeschluss klar, das „eine Beschränkung auf den 3,5-fachen Steigerungssatz den Tarifbedingungen nicht zu entnehmen ist.“ Die PKV erstattete daraufhin. Eine Vestibulumplastik nach Kazanjian sieht eine separate Schnittführung vertikal vor, um dann eine Ablösung der Submukosa unter Schonung des Periosts im Sinne einer Untertunnelung durchzuführen. Damit griff – so der Sachverständige – für diesen Eingriff das Zielleistungsprinzip nicht, der Eingriff war medizinisch notwendig. Die PKV bestritt auch die Zulässigkeit einer mehrmaligen Berechnung der GOZ-Nr. 517. Der Sachverständige stellte jedoch klar: Die Leistung enthält keine Einschränkung, dass die Abformung nur einmal je Kiefer abrechenbar ist. Außerdem sei eine Abformung auch zur Remontage abrechenbar, daher sei die Nr. 517 mehr als zweimal anzusetzen. Auch dies wurde anerkannt.

 

FAZIT | Es lohnt sich für den Patienten, wenn außergerichtlich durch zähe Verhandlungen eine weitere Erstattung durchgesetzt wird. Die privaten Kostenträger sind bei einer großen Versorgung ohne Gericht wesentlich erstattungswilliger.