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13.10.2011·Betriebswirtschaft in der Implantologie, Teil 2 Wie errechnet man die laufenden Kosten und die Erlöse aus der Implantologie?

·Betriebswirtschaft in der Implantologie, Teil 2

Wie errechnet man die laufenden Kosten und die Erlöse aus der Implantologie?

von Dr. med. dent. Detlev Nies und Dipl. Volkswirtin Katja Nies, Sachverständigensozietät, www.praxisbewertung-praxisberatung.com, Köln

| Im ersten Teil dieser Beitragsserie in PI Nr. 10/2011 hatten wir uns mit den Anlaufkosten vor Beginn des Implantierens befasst. Im folgenden zweiten Teil geht es um die laufenden Kosten und die Erlöse aus der Behandlung. Anschließend zeigen wir auf, unter welchen Voraussetzungen sich der Einstieg in die Implantologie unter wirtschaftlichen Aspekten „rechnet“. |

Die laufenden Kosten in der Implantologie

Hier unterscheidet man zwischen direkt zurechenbaren und nicht direkt zurechenbaren Kosten. Zunächst die direkt zurechenbaren Kosten:

 

Direkt zurechenbare Kosten

Materialkosten und Zahntechnikerhonorar: Als Faustregel kann gelten, dass etwa ein Drittel der durch die Implantologie generierten Umsätze auf den Materialeinkauf (Implantate, Verbindungsteile, Zubehör, Metall etc.) entfällt, ein weiteres Drittel für die Anfertigung von Schablonen, Bissnahmen und die prothetische Überkonstruktion an den Zahntechniker geht und das restliche Drittel der Zahnarzt als Honorar für seine Leistung erhält. Insofern hängen die laufenden Kosten davon ab, wie viele Implantate angefertigt werden und wie hochwertig die prothetische Versorgung ist. Für Kalkulationszwecke in diesem Beitrag gehen wir von den folgenden Zahlen pro Implantat aus:

 

Implantatsystem A, Edelmetall

625 Euro

Edelmetall

150 Euro

Implantatsystem B, NEM

300 Euro

NEM

10 Euro

Zahntechniker

750 bis 900 Euro

Die Relationen verschieben sich in Abhängigkeit vom verwendeten Implantatsystem, vom verwendeten Metall und vom zahntechnischen Labor.

 

Laufende Weiterbildung des Behandlers: Um auf dem aktuellen Stand zu bleiben, wird unterstellt, dass der Zahnarzt pro Jahr 2.500 Euro für Fortbildungen und die damit zusammenhängenden Kosten (siehe Teil 1) aufwendet.

 

Weiterbildung Personal: Es werden jährliche Kosten in Höhe von 250 Euro für die Fortbildung des Praxispersonals und EDV-Schulungen angenommen.

 

Marketing: Es wird unterstellt, dass auch nach Beginn der implantologischen Tätigkeit Werbemaßnahmen erforderlich sind und durchgeführt werden. Hierfür wird ein Betrag in Höhe von 4.000 Euro pro Jahr angenommen.

 

Kalkulatorische Zinsen: Vor der Erbringung von zahnärztlichen Leistungen sind Investitionen in Geräte und Materialien erforderlich. Das eingesetzte Kapital ist zu verzinsen. In der Beispielrechnung wird ein kalkulatorischer Zinssatz in Höhe von 5 Prozent p.a. unterstellt. Je nachdem, in welchem Verhältnis Eigen- und Fremdkapital eingesetzt und welche Kreditkonditionen vereinbart werden, kann der Zinssatz variiert werden. Als Betrag für das „gebundene Kapital“ (siehe Teil 1) wird die Summe der Kosten des Curriculums und der Investitionen angenommen, also 10.000 Euro (Curriculum) plus (vereinfacht) 20.000 Euro (Investitionen, im Beispiel 19.000 bis 22.500 Euro), also zusammen 30.000 Euro. Das „durchschnittlich gebundene Kapital“ beträgt demnach die Hälfte des Betrages, also 15.000 Euro. Beim kalkulatorischen Zinssatz von 5 Prozent beträgt die jährlich zu berücksichtigende Zinslast 750 Euro.

 

PRAXISHINWEIS | Im Verhältnis zum investierten Betrag sind die Zinsen relativ gering. Hieraus ist zu folgern, dass es wesentlich wichtiger ist, sich genau zu überlegen, in welche Einrichtungsgegenstände man investieren möchte, als den Zinssatz um beispielsweise 0,25 Prozent zu drücken – letzteres brächte im Beispiel eine jährliche Ersparnis von ganzen 37,50 Euro!

Nicht direkt zurechenbare (fixe) Kosten

Bei der zahnärztlichen Leistungserstellung fallen viele Kostenarten an, die einzelnen Tätigkeiten oder Arbeitsbereichen nicht direkt zugeordnet werden können. Hierzu zählen: Raumkosten; Büro- und Verwaltungskosten; Beiträge und Versicherungen; Kosten des Praxis-Pkw; betriebsbedingte Zinsen, soweit sie nicht bei implantologischen Investitionen angefallen sind; AfA, GWG; Reparaturen usw. Um diese Kosten den einzelnen Arbeitsgebieten zuordnen zu können, müssen die betreffenden Beträge „geschlüsselt“, also nach einem bestimmten Kriterium auf die verschiedenen Arbeitsgebiete aufgeteilt werden. Als Aufteilungskriterien kommen unterschiedliche Parameter in Betracht, zum Beispiel der Umsatzanteil des betreffenden Arbeitsgebiets oder der Zeitbedarf für die betreffenden Behandlungen.

 

Zeitaufwand pro Behandlung

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass für implantologische Leistungen Behandlungszeit(en) kalkuliert und diesen Behandlungszeit(en) entsprechende Praxiskosten zugeordnet werden müssen. Die für eine Implantation erforderliche Zeit ist stark abhängig von der Anzahl der Implantate, die gesetzt werden: Implantologische „Anfänger“ müssen mit einem Zeitaufwand von einer Stunde für das Setzen eines Implantates rechnen, erfahrene Implantologen benötigen für den gleichen Eingriff nicht mehr als 30 Minuten. Hier soll von folgenden Zeitvorgaben ausgegangen werden (Behandlerzeiten):

 

Beratung, Aufklärung

30 Minuten

Abformungen, Bißregistrierung, Schablonen

15 Minuten

Implantation, chirurgische Nachsorge

30 Minuten

Prothetische Versorgung

75 Minuten

Insgesamt

150 Minuten

Im Teil 1 wurde von Praxisbetriebskosten in Höhe von 170 Euro pro Behandlungsstunde in den alten Bundesländern ausgegangen. In unserem Rechenbeispiel sind bei 150 Minuten Gesamtbehandlungszeit für die Versorgung mit einem Implantat demzufolge Praxisbetriebskosten in Höhe von 425 Euro zu berücksichtigen. Für die alten und neuen Bundesländer insgesamt wären entsprechend den oben genannten Zahlen im Durchschnitt 400 Euro anzusetzen.

 

Opportunitätskosten

Unter der Voraussetzung einer Vollauslastung der Praxis auch ohne Implantologie ist zu berücksichtigen, dass in der gleichen Zeit andere Behandlungen hätten durchgeführt werden können, bei denen entsprechende Praxisumsätze erzielt und Praxiskosten angefallen wären. Die Leistungserstellung ist in jeder Praxis unterschiedlich. Für diese Ausarbeitung wird unterstellt, dass in den anderen Bereichen der zahnärztlichen Tätigkeit Umsätze, Kosten und Gewinne erwirtschaftet werden, die dem statistischen Durchschnitt entsprechen (siehe oben). Dies bedeutet, dass in der Zeit, in der implantologische Leistungen erbracht werden, ein Stundengewinn in Höhe von 80 Euro nicht erzielt werden kann und statt dessen der auf die implantologische Tätigkeit entfallende Stundengewinn erzielt wird. Zur Ermittlung des Betrages siehe unten.

Erlöse aus implantologischen Behandlungen

Es ist – je nach eingesetztem Implantatsystem – davon auszugehen, dass zwar die (Honorar-)Erlöse aus dem chirurgischen Behandlungsabschnitt für alle Implantatsysteme gleich hoch sind, nicht aber die Erlöse aus dem zahntechnischen und prothetischen Behandlungsabschnitt, weil die Patienten, die sich das aufwändigere Implantatsystem leisten können, in vielen Fällen auch eine aufwändigere prothetische Versorgung wählen. Patienten, bei denen trotz begrenzter Ressourcen Implantate gesetzt werden, sind häufiger gezwungen, bei der prothetischen Versorgung der Implantate den Rotstift anzusetzen. Um eine Ober- und Untergrenze der Behandlungserlöse angeben zu können, wird von folgenden Annahmen ausgegangen:

 

Chirurgie (inklusive Diagnostik und OP-Vorbereitung)

  • System A

Es wird von folgenden Zahlen ausgegangen:

Kosten des Implantatsystems

325 Euro

Laborkosten

250 Euro

Zahnärztliches Honorar

600 Euro

Insgesamt

1.175 Euro

 

  • System B

Kosten des Implantatsystems

150 Euro

Laborkosten

250 Euro

Zahnärztliches Honorar

600 Euro

Insgesamt

1.000 Euro

 

Hinweis: Bei mehreren Implantaten sind die Kosten pro Einheit etwas geringer, weil die diagnostischenLeistungen nur einmal abgerechnet werden können.

 

Prothetik

  • System A

Annahme: Angefertigt wird eine verschraubte Implantatkrone mit keramischer Vollverblendung auf Edelmetall.

Kosten des Implantatsystems

300 Euro

Edelmetall

150 Euro

Laborkosten

650 Euro

Zahnärztliches Honorar

250 Euro

Insgesamt

1.350 Euro

 

  • System B

Annahme: Angefertigt wird eine zementierte Implantatkrone mit keramischer Teilverblendung auf NEM.

Kosten des Implantatsystems

150 Euro

NEM

10 Euro

Laborkosten

500 Euro

Zahnärztliches Honorar

250 Euro

Insgesamt

910 Euro

 

Gesamterlöse

Addiert man die chirurgischen und prothetischen Behandlungserlöse, so kommt man zu folgendem Ergebnis:

 

System A

2.525 Euro

System B

1.910 Euro

Gewinn pro Behandlungsstunde bei implantologischer Tätigkeit

Im Rahmen dieser Betrachtung wird (siehe oben) unterstellt, dass bei der Verwendung von System A und System B jeweils das gleiche zahnärztliche Honorar anfällt und alle anderen Positionen „durchlaufende Posten“ darstellen, also in gleicher Höhe vereinnahmt und verausgabt werden. Die Verwendung der oben unterstellten Annahmen führt zu folgenden Ergebnissen:

 

  • System A

Gesamterlöse

2.525 Euro

Gesamtkosten, davon

  • Implantatsystem A, Edelmetall
  • Edelmetall
  • Zahntechniker (Obergrenze)
  • Praxisbetriebskosten

2.100 Euro 625 Euro 150 Euro 900 Euro 425 Euro

Gewinn insgesamt (je Implantat)

425 Euro

Gewinn pro Stunde ohne Berücksichtigung der Opportunitätskosten

170 Euro

Zusatzgewinn pro Stunde bei Berücksichtigung der Opportunitätskosten

90 Euro

  • System B

Gesamterlöse

1.910 Euro

Gesamtkosten, davon:

  • NEM
  • Implantatsystem B, NEM
  • Zahntechniker (Untergrenze)
  • Praxisbetriebskosten

1.485 Euro

10 Euro

300 Euro

750 Euro

425 Euro

Gewinn insgesamt (je Implantat)

425 Euro

Gewinn pro Stunde ohne Berücksichtigung der Opportunitätskosten

170 Euro

Zusatzgewinn pro Stunde bei Berücksichtigung der Opportunitätskosten

90 Euro

 

Dies zeigt, dass unter den getroffenen Annahmen der Gewinn pro Implantatbehandlung gleich ist – unabhängig davon, welches Implantatsystem verwendet wird. Aus den Gewinnen müssen die oben aufgeführten, im Zusammenhang mit der Implantologie zusätzlich anfallenden Kosten bezahlt werden:

 

Laufende Kosten, davon:

  • Weiterbildung des Behandlers
  • Weiterbildung des Personals
  • Marketing
  • Zinsen

7.500 Euro/Jahr

2.500 Euro/Jahr

250 Euro/Jahr

4.000 Euro/Jahr

750 Euro/Jahr

Anfangsinvestition

53.800 bis 57.300 Euro

 

Welcher Gewinn unterstellt werden kann, hängt auch davon ab, in welchem Umfang die – vor allem vom Auslastungsgrad der Praxis abhängigen – Opportunitätskosten berücksichtigt werden.

Kalkulation unter Berücksichtigung der Kosten für die Erlangung des Tätigkeitsschwerpunktes Implantologie

Es wird entsprechend den obigen Annahmen ein Gewinn pro Implantatbehandlung in Höhe von 425 Euro unterstellt. Aus Gründen der Übersichtlichkeit werden im Rahmen dieses Artikels zwei Szenarien dargestellt:

Szenario 1: Opportunitätskosten werden nicht berücksichtigt, das heißt mittels der implantologischen Tätigkeit sollen freie Behandlungskapazitäten gefüllt werden. Der zusätzliche Gewinn pro Behandlung beträgt 425 Euro.

Kosten vor Aufnahme der implantologischen Tätigkeit (siehe oben)

55.000 Euro

Laufende Kosten pro Jahr (siehe oben)

7.500 Euro

Gewinn pro Implantatbehandlung

425 Euro

Entwicklung der Fallzahlen:

im 1. Jahr

40 Implantate

im 2. Jahr

60 Implantate

im 3. Jahr

80 Implantate

im 4. Jahr

100 Implantate

im 5. Jahr

120 Implantate

 

Jahr
Erstinvestition bzw. Wert Jahresanfang
Zusätzliche laufende Kosten
Zusätzlicher Gewinn
Wert Jahresende

0

– 55.000

0

0

– 55.000

1

– 55.000

– 7.500

+ 17.000

– 45.500

2

– 45.500

– 7.500

+ 25.500

– 27.500

3

– 27.500

– 7.500

+ 34.000

– 1.000

4

– 1.000

– 7.500

+ 42.500

+ 34.000

5

+ 34.000

– 7.500

+ 51.000

+ 77.500

Szenario 2: Parameter wie bei 1, aber Opportunitätskosten werden berücksichtigt, (die implantologischen Behandlungen „verdrängen“ andere Behandlungen und dadurch können keine Gewinne aus anderen Behandlungen erzielt werden). Der zusätzliche Gewinn pro Behandlung beträgt 425 Euro abzüglich 200 Euro (die in anderen Arbeitsgebieten in der gleichen Zeit erzielt werden könnten), also 225 Euro.

Jahr
Erstinvestition bzw. Wert Jahresanfang
Zusätzliche laufende Kosten
Zusätzlicher Gewinn
Wert Jahresende

0

– 55.000

0

0

– 55.000

1

– 55.000

– 7.500

+ 9.000

– 53.500

2

– 53.500

– 7.500

+ 13.500

– 47.500

3

– 47.500

– 7.500

+ 18.000

– 37.000

4

– 37.000

– 7.500

+ 22.500

– 22.000

5

– 22.000

– 7.500

+ 27.000

– 2.500

Diese Tabellen berücksichtigen nicht: eine Abdiskontierung der zukünftig erwarteten Kosten und Erlöse (weil sie u. a. wegen der Inflationsrate weniger wert sind als eine heute erzielte Einnahme); die steuerlichen Folgen (Steuerprogression, veränderte Abschreibungen etc.); unterschiedliche Erfolgswahrscheinlichkeiten bei Verwendung verschiedener Implantatsysteme.

 

Werden bei den Berechnungen die Opportunitätskosten nicht berücksichtigt, fallen in den ersten fünf Jahren der implantologischen Tätigkeit Mehrgewinne von insgesamt 170.000 Euro an. Hiervon sind die (Anfangs-)Investitionen (55.000 Euro) in Abzug zu bringen sowie die Fortbildungskosten und Werbungskosten für fünf Jahre (37.500 Euro) zu bezahlen. Damit hätte der Zahnarzt nach dem dritten Jahr seine anfängliche Investition amortisiert und nach fünf Jahren einen Netto-Mehrgewinn von ca. 77.500 Euro erzielt. Werden bei den Berechnungen die Opportunitätskosten berücksichtigt, fallen in den ersten fünf Jahren der implantologischen Tätigkeit Mehrgewinne von insgesamt 90.000 Euro an. Hiervon sind ebenfalls die (Anfangs-)Investitionen in Abzug zu bringen sowie die Fortbildungs- und Werbungskosten zu bezahlen. Damit hätte der Zahnarzt nach dem fünften Jahr seine anfängliche Investition annähernd amortisiert.

 

Aus diesen Angaben kann gefolgert werden, dass

  • eine Spezialisierung auf Implantologie nur sinnvoll ist, wenn langfristig mit mindestens 80 bis 100 Implantaten pro Jahr gerechnet werden kann,
  • die Amortisation um so schneller erfolgt, je mehr nicht genutzte Behandlungskapazitäten mit implantologischen Arbeiten ausgelastet werden können,
  • die Höhe des zusätzlich generierten Gewinns stark davon abhängt, welche zahnärztlichen Tätigkeiten von der Implantologie „verdrängt“ werden.