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22.07.2019·Erfolgsfaktoren Misserfolge in der Zahnimplantologie: Beobachtungsstudie zeigt mögliche Gründe

·Erfolgsfaktoren

Misserfolge in der Zahnimplantologie: Beobachtungsstudie zeigt mögliche Gründe

von Wolfgang Schmid, Schriftleiter ZahnmedizinReport, Berlin

| Rauchen und Diabetes mellitus sind als Risikofaktoren in der dentalen Implantologie bekannt. Doch wie sieht es mit technischen Risikofaktoren aus? Eine Beobachtungsstudie zeigt, dass nicht nur die Konstitution des Patienten für Misserfolge verantwortlich ist. |

Ergebnisse der Beobachtungsstudie

In einer vom Team um Dr. Jörg-Ulf Wiegner (Präsident der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie ‒ DGMKG) vorgestellten Beobachtungsstudie wurden Misserfolge genauer analysiert. In der retrospektiven Studie wurden über einen Zeitraum von 27 Monaten (07/2015‒09/2017) sämtliche Implantatverluste, die in einer MKG-Praxis diagnostiziert wurden (n = 163 bei 146 Patienten), mit Augenmerk auf definierte Einflussvariablen dokumentiert. [1] Die Beobachtungsstudie kam zu folgenden Ergebnissen:

 

Riskant: Rauchen und Diabetes

Die bisherige Annahme, dass Rauchen und Diabetes mellitus Risikofaktoren mit erhöhter Komplikationsrate sind, konnte bestätigt werden. Über Bruxismus, ein wichtiges Risiko, sagt die Studie nichts aus.

 

Riskant: Freiendsituation

Von den 163 Implantatverlusten waren 92 als Freiendsituation bzw. Cantilever geplant ‒ was auf ein hohes Risiko für solche Planungen hindeutet. Andere Autoren kommen zu anderen Ergebnissen. Demnach können z. B. einzelne implantatgetragene, zweiteilige, freitragende Versorgungen in der ästhetischen Zone eine sinnvolle Alternative zur Platzierung von zwei benachbarten Einzelimplantatkronen sein. Die Platzierung von zweiteiligen freitragenden Kronen im Seitenzahnbereich kann aufgrund technischer Komplikationen als unklug angesehen werden. [2]

 

Riskant: Zylinderimplantat

Hinsichtlich des Implantattyps gab es ein klares Ergebnis: Die Verlustrate von gesamt 5,7 Prozent reduzierte sich drastisch auf 3,2 Prozent ohne die früher öfter eingebrachten und heute weniger üblichen Zylinderimplantate (deren Verlustrate: 14,2 Prozent). Eine ähnliche Verteilung zeigte sich auch beim Zylinderimplantat unter Hinzuziehung des Parameters „Augmentation“.

 

Riskant: Seitenzahnbereich

Die Seitenzahnregionen waren überdurchschnittlich oft von Verlusten betroffen. Dies wird von vielen Studien bestätigt. Für Wiegner et al. ist ein Grund dafür, dass der Aufwand für die Patienten höher ist und es ihnen schwerer fällt, in der Seitenzahnregion eine adäquate Mundhygiene zu leisten.

 

Riskant: dicke Implantate

Schaut man sich die verwendeten Implantate genauer an, konnte eine deutlich erhöhte prozentuale Wahrscheinlichkeit eines Implantatverlusts bei Implantaten mit einem Durchmesser von 6 mm ausgemacht werden ‒ die Implantatlänge hat demnach eher keinen Einfluss. Letzteres hatte auch eine Übersichtsarbeit von C A Lemos et. al. 2016 ergeben. [3]

 

Risikomindernd: Knochenaufbau

Knochenaufbauende Maßnahmen zeigten für die Überlebenswahrscheinlichkeit der Implantate einen eher protektiven Einfluss (Verlustrate bei Implantaten mit Knochenaufbau: 3,6 Prozent). Einige kleinere Studien hatten hier das Gegenteil behauptet. [4] Die präventive Augmentation mit einer Alveolenauffüllung nach Zahnentfernung erbrachte eine weitere deutliche Senkung der Implantatverlustrate (Verlustrate: 1,6 Prozent).

 

Risikomindernd: Antibiotikaprophylaxe

Darüber hinaus zeigte sich eine enorme Reduktion der Implantatverlustrate während der Implantateinheilung nach Einführung der präoperativen Antibiotikaprophylaxe.

 

PRAXISTIPP | Wenn trotz der allgemein sehr hohen Überlebensrate von dentalen Implantaten Misserfolge auftreten, ist der Zahnarzt gezwungen, mögliche Ursachen zu erörtern und ggf. die Behandlungsprotokolle zu überdenken!

 

Einordnung der Beobachtungsstudie

Die Ergebnisse einer solchen retrospektiven Analyse in nur einem Zentrum müssen mit Vorsicht beurteilt werden, weil trotz der recht hohen Fallzahl viele weitere Einflussvariablen ‒ u. a. Erfahrung und Behandlungsprotokoll der Zahnärzte, Nachsorge und Recall ‒ unberücksichtigt blieben. In einigen Variablen zeigt sich eine Übereinstimmung mit der Literatur (Rauchen, Diabetes), bei anderen Variablen (Augmentation, Durchmesser, Freiendsituation) gibt es zum Teil widersprüchliche Daten aus anderen Studien.

 

Quellen

  • [1] 69. Jahreskongress der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG), Frankfurt/M., 26.‒29.06.2019.
  • [2] Van Nimwegen WG et al. How to treat two adjacent missing teeth with dental implants. A systematic review on single implant-supported two-unit cantilever FDP‘s and results of a 5-year prospective comparative study in the aesthetic zone .J Oral Rehabil. 2017 Jun; 44 (6): 461-471. doi: 10.1111/joor.12507.
  • [3] Lemos CA et al. Short dental implants versus standard dental implants placed in the posterior jaws: A systematic review and meta-analysis. J Dent. 2016 Apr; 47: 8-17. doi: 10.1016/j.jdent.2016.01.005.
  • [4] z. B.: Borba M et al. Risk factors for implant failure: a retrospective study in an educational institution using GEE analyses. 1Braz Oral Res. 2017 Aug 21; 31: e69. doi: 10.1590/1807-3107BOR-2017.vol31.0069.
  • [4] z. B.: Zhou N et al. Analysis of implant loss risk factors especially in maxillary molar location: A retrospective study of 6977 implants in Chinese individuals. Clin Implant Dent Relat Res. 2019 Feb; 21 (1): 138-144. doi: 10.1111/cid.12697.