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02.07.2015·Gesetzgebung Die Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen: Neue Strafbarkeit nach § 299a StGB

·Gesetzgebung

Die Bekämpfung der Korruption im Gesundheitswesen: Neue Strafbarkeit nach § 299a StGB

von Rechtsanwalt Thomas Steinmetz, Wilde & Partner, Bergisch Gladbach (www.wilde-partner.de)

 

| Der Einkauf und die Abrechnung der bei der Behandlung verwendeten Materialien enthalten für die niedergelassenen Ärzte und Zahnärzte eine Reihe von berufsrechtlich, steuerrechtlich und auch strafrechtlich relevanten Gefahren. In diesem Beitrag wird die aktuelle Rechtslage unter Berücksichtigung des geplanten „Antikorruptionsgesetzes“ aufgezeigt.

Beispiel zur Weitergabe von Preisnachlässen bei Implantaten

Kauft der Zahnarzt beispielsweise 100 Implantate zum Preis von 20.000 Euro, so wird er diesen Einkaufspreis (200 Euro pro Implantat) an die hinter dem Patienten stehende gesetzliche Krankenkasse bzw. private Krankenversicherung weiterberechnen. Erhält er bei diesem Einkauf jedoch weitere zehn Implantate und ein Operationsset im Wert von insgesamt 2.500 Euro gratis dazu, dann sind 159,09 Euro pro Implantat (20.000 minus 2.500 dividiert durch 100) zu berechnen.

 

Gibt der Zahnarzt diesen Preisvorteil nicht weiter und berechnet er weiterhin 200 Euro pro Implantat, so verstößt er nicht nur gegen die Berufsordnungen der zuständigen Landeskammern, sondern kann sich darüber hinaus auch des Betrugs gemäß § 263 StGB strafbar machen. Hierzu hat der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs im Januar 2012 bereits festgestellt, dass Abrechnungen, die nicht den Vorschriften der GOÄ entsprechen, eine Straftat gemäß § 263 Strafgesetzbuch (StGB) darstellen können.

Neuer § 299a StGB soll die Gesetzeslücke schließen

Anders ist der Sachverhalt im Bereich der „unzulässigen Zuwendungen“, die eine Kaufentscheidung beeinflussen. Hier können niedergelassene Ärzte und Zahnärzte bisher nur sehr unzureichend strafrechtlich belangt werden, während Klinikärzte bereits seit Jahren staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und der Bestechung gemäß §§ 299, 331, 332 StGB ausgesetzt sind.

 

Nachdem der Große Strafsenat des Bundesgerichtshofs in seiner Entscheidung vom 29. März 2012 festgestellt hat, dass eine Strafbarkeit niedergelassener Ärzte bzw. Zahnärzte gemäß §§ 299 und 331 StGB nicht in Betracht kommt, weil ein niedergelassener (Zahn-)Arzt weder „Beauftragtert“ im Sinnedes § 299 StGB noch ein Amtsträger im Sinne des § 331 StGB ist, hat der Gesetzgeber den neuen § 299a StGB auf den Weg gebracht. Um die Gesetzeslücke zu schließen, wird sich der § 299a StGB gezielt gegen die „Angehörigen eines Heilberufs“ richten. Damit sind dann alle akademischen Heilberufe – also Zahnärzte, Ärzte, Tierärzte, Apotheker und Psychotherapeuten – betroffen.

 

Aktuell liegt der Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vor, der auf der Internetseite des Ministeriums eingesehen werden kann. Hier kann sich der Interessierte auch näher über die Zielsetzung und die Voraussetzungen einer Strafbarkeit nach § 299a StGB informieren. Wegen der erheblichen sozialen und wirtschaftlichen Bedeutung des Gesundheitswesens – so heißt es in diesem Referentenentwurf – ist korruptiven Praktiken in diesem Bereich auch mit den Mitteln des Strafrechts entgegenzutreten. So soll der § 299a StGB der Sicherung eines fairen Wettbewerbs im Gesundheitswesen und zugleich dem Schutz des Vertrauens der Patienten in die Integrität heilberuflicher Entscheidungen dienen.

 

Die Diskussion in der Rechtsprechung bei Berufsverbänden und in der Politik über die Korruption im Gesundheitswesen ist nicht neu und hat bereits zur Einführung einer Reihe von rechtlichen Schranken bzw. Sanktionen geführt. Der § 299a StGB stellt damit nicht etwas völlig Neues, sondern lediglich einen weiteren Mosaikstein zur Bekämpfung der Korruption dar. Damit steht die Vorschrift nicht zuletzt auch im Einklang mit den weltweiten Bemühungen, die Korruption – nicht nur im Gesundheitswesen – zu bekämpfen.

Welche Zuwendungen und Vorteile sind betroffen?

Nach dem Willen des Gesetzgebers werden mit der Einführung des § 299a StGB künftig nicht nur unzulässige Aktivitäten im Bereich des sogenannten Pharmamarketings, sondern auch Zuweisungsprämien, die niedergelassene (Zahn-)Ärzte von anderen Ärzten, Kliniken, Laboren usw. für die Vermittlung von Patienten erhalten, erfasst. Dabei ist jedweder „Vorteil“, auf den der Arzt keinen Anspruch hat, strafrechtlich relevant. Die gewährten Vorteile können auch den privaten Bereich – zum Beispiel den Laptop oder das Mountainbike für die Kinder zu Hause – betreffen. Durch die bloße Annahme von Gutscheinen für private Zwecke können Sie sich bereits strafbar machen, ohne dass es dabei auf den tatsächlichen Wert des Vorteils entscheidend ankommt.

 

Ebenso erfasst der § 299a StGB Prämienvereinbarungen zwischen Zahnärzten und Laboren und/oder den „reisenden“ Implantologen. Sponsoring von Fortbildungsveranstaltungen, Rückvergütungen in jedweder Form, Prämienprogramme sowie die kostenlose Zurverfügungstellung eines Implantationssets werden künftig von § 299a StGB erfasst.

 

Sobald Sie den Bereich der reinen Heilbehandlung verlassen, sind eine Fülle von Vorschriften auf den unterschiedlichsten Gesetzesebenen bzw. Berufsordnungen zu beachten. Dabei ist nicht gleich jedes wettbewerbsmäßige Handeln und jede Annahme eines Geschenks strafrechtlich relevant. Im Zweifel sprechen Sie aber vorher mit Ihrem Steuerberater oder ihrem Rechtsanwalt, um sich vor weitreichenden Folgen zu schützen.

 

Weiterführender Hinweis

  • Den „Entwurf eines Gesetzes zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen“ können Sie auf der Website des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (www.bmjv.de) unter „Ministerium“ und dann „Gesetze und Vorhaben“ aufrufen.