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Einleitung und Definition Knochenersatzmaterialien: Neue S2-k-Leitlinie

Knochenersatzmaterialien: Neue S2-k-Leitlinie

| Am 30. Juli 2012 wurde die S2-k-Leitlinie „Implantologische Indikationen für die Anwendung von Knochenersatzmaterialien“ durch den Vorstand der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) verabschiedet. Im Zusammenhang mit Implantationen gibt es viele Indikationen für die Anwendung von Knochenersatzmaterialien bei Augmentationen von knöchernen Defekten. Ziel der Leitlinie ist es darzustellen, in welchen implantologischen Situationen die Anwendung von Knochenersatzmaterialien experimentell und klinisch wissenschaftlich belegt ist. Es folgt nun ein Auszug aus der neuen Leitlinie. Die vollständige Leitlinie mit den Evidenztabellen können Sie im Download-Bereich (pi.iww.de) unter „Leitlinie zur Anwendung von Knochenersatzmaterialien“ abrufen. |

ZAHNMEDIZIN

Einleitung und Definition

Bei folgenden speziellen implantologischen Indikationen ist der Einsatz von Knochenersatzmaterialien zu diskutieren: Gewinnung vertikaler Dimension im Bereich des Ober- und Unterkiefers, Gewinnung horizontaler Dimension im Bereich des Ober- und Unterkiefers, Versorgung periimplantärer Defekte im Sinne einer Periimplantitis, „alveolar socket preservation“ oder „ridge preservation“ nach Zahnextraktion.

 

Gemessen an der Referenz körpereigenen Knochens werden an Knochenersatzmaterialien folgende Anforderungen für vaskuläre und knöcherne Erschließung gestellt: (temporäre) Platzhalterfunktion, Stabilisierung des Blutkoagulums, materialabhängige Biodegradibilität (biologische Abbautätigkeit).

 

Entscheidende Kriterien für den klinischen Erfolg sind die Interaktion von Knochenersatzmaterialien mit unmittelbar benachbarten Gewebestrukturen (Knochen) und Zellpopulationen.

 

  • Ursprünge von Knochenersatzmaterialien

allogen

von einem anderen Menschen

alloplastisch

synthetische (künstlich hergestellte) Fremdmaterialien

autogen

vom Patienten selbst

phykogen

pflanzlicher Ursprung

syngen, isogen

von genetisch identischen Individuen

xenogen

von einer anderen Spezies (zum Beispiel Rind, Schwein)

Indikationen für knöcherne Augmentationen

Zu diesen Indikationen zählen: mehrwandiger horizontaler (Dehiszenz-)Defekt („intrabony defect“); einwandiger horizontaler Defekt („contained defect“); vertikaler Alveolarkamm-Defekt; Alveolarkamm-Defekte im Bereich der Kieferhöhle. Die Anwendung von Knochenersatzmaterialien (KEM) ist für diese Indikationen unterschiedlich gut belegt. Für die folgenden Empfehlungen bestand ein starker Konsens (95 Prozent der Teilnehmer):

Horizontaler Dehiszenz-Defekt („intrabony defect“)

Die Augmentation von horizontalen Dehiszenz-Defekten mit unterschiedlichen Materialien bei simultaner oder zweizeitiger Implantatinsertion ist ein gut beschriebenes Verfahren. Die in der Literatur hinterlegte Angabe einer vollständigen Defektregeneration von 54 bis 97 Prozent dokumentiert die multifaktoriellen Einflüsse auf den Augmentationserfolg. Zur Stabilisierung des Augmentationsvolumens kann der Einsatz einer Membran sinnvoll sein. Bei einzeitigem Vorgehen sollte einer subgingivalen Einheilung des Implantats der Vorzug gegeben werden.

Konturgebender horizontaler Defekt

Für die alleinige Rekonstruktion einwandiger Defekte mit Knochenersatzmaterialien liegen keine aussagekräftigen Studien vor. Als verlässlichste Prozedur sollte ein autogener Knochenblock angewendet werden; die zusätzliche Anlagerung von Knochenersatzmaterial kann als Resorptionsschutz dienen. Sowohl simultanes als auch zeitlich versetztes Vorgehen mit einem Zeitfenster zwischen Augmentation und Implantatinsertion sind dokumentiert. Mit zunehmender Defektgröße sollte ein zweizeitiges Vorgehen favorisiert werden. Konturgebende horizontale Defekte weisen bei der Augmentation höhere Komplikationsraten auf als Dehiszenz-Defekte. Die Lokalisation im Oberkiefer weist eine günstigere Prognose bezüglich der Implantatüberlebensrate auf.

Vertikaler Alveolarkamm-Defekt

Die Wertigkeit von Knochenersatzmaterialien zur Regeneration vertikaler Alveolarkammdefekte ist durch Studien – unabhängig von der angewandten Technik (Onlay- und Inlaytechniken) – nur unzureichend dokumentiert. Im Vergleich zu horizontalen Defekten können vertikale Alveolarkamm-Defekte eine deutlich höhere Komplikationsrate aufweisen. Verlässliche Empfehlungen zum Einsatz von Knochenersatzmaterial für die ausschließliche Kieferkammerhöhung lassen sich – auf der bisherigen Datenlage – nicht erstellen.

Sinuslift

Die Verwendung von autogenem Knochen oder Knochenersatzmaterial scheint beim internen und externen Sinuslift keinen Unterschied bezüglich der Komplikationsrate und des Langzeitüberlebens aufzuweisen. Es können sowohl autogener Knochen als auch Knochenersatzmaterial eingesetzt werden. Die individuelle Entscheidung für die Augmentationstechnik sollte von der klinischen Situation – insbesondere der Wertigkeit – des vorhandenen crestalen Knochens abhängig gemacht werden.

 

Der Einsatz von Knochenersatzmaterialien zum externen Sinuslift ist ein gut beschriebenes Verfahren mit einer geringen Komplikationsrate. Autogene Blocktransplantate sind partikulären Transplantationen unterlegen. Die Frage, ob beim internen Sinuslift ein Knochenersatzmaterial eingebracht werden sollte, ist bisher ungeklärt. Die transalveoläre Prozedur des Sinuslifts ist gut beschrieben und stellt eine Alternative zur externen Prozedur dar, ohne dass sich eine grenzwertige Knochenhöhe für die Durchführbarkeit darstellen lässt.