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01.03.2013·Kostenerstattung Der PKV-Verband zu gebührenrechtlichen Fragen Teil 1: Hautlappenplastiken

·Kostenerstattung

Der PKV-Verband zu gebührenrechtlichen Fragen Teil 1: Hautlappenplastiken

| Der Verband der privaten Krankenversicherung (PKV-Verband) nimmt in „PKV Publik“ zu relevanten gebührenrechtlichen Fragen Stellung. Die Zeitschrift der PKV erscheint zehnmal jährlich in einer Auflage von rund 35.000 Exemplaren. In den Berichten und Hintergründen zur Gesundheitspolitik und zum privaten Krankenversicherungsschutz kommen regelmäßig auch verbandsexterne Stimmen aus Politik, Wissenschaft und Gesundheitswesen zu Wort. Nach Aussage des Verbandes werden durch die GOZ 2012 einige in der Vergangenheit strittige Auslegungsfragen geklärt. Es zeichne sich jedoch bereits ab, dass sich viele neue Abrechnungsprobleme ergeben. |

Aktuelle Stellungnahme zu Hautlappenplastiken

Hintergrund eines PKV-Beitrages ist das Thema Hautlappenplastiken. Laut PKV-Verband ist bei zusätzlicher Lappenbildung, die über den primären Wundverschluss hinausreicht, die GOZ-Nr. 3100 zu berechnen. Der Ansatz der GOÄ-Nrn. 2381 und 2382 sei obsolet. Mit dieser Stellungnahme setzen wir uns nachfolgend auseinander. Der PKV-Verband schreibt dazu:

 

„Die Leistungen nach den Nummern 2381 und 2382 stammen aus der GOÄ und sind dem Abschnitt ‚Chirurgie der Körperoberfläche‘ zugeordnet. Für Wundverschlussplastiken in der Zahnheilkunde kommen sie gebührenrechtlich nicht in Betracht, da hierunter Plastiken im Bereich der Epidermis (Außenhaut) abgerechnet werden. Die Mundhöhle hingegen ist vollständig mit Mukosa (Schleimhaut) ausgekleidet. Sofern im Rahmen des chirurgischen Eingriffs eine zusätzliche Lappenbildung durchgeführt wurde, kommen hierfür die GOZ-Nr. 3100 E- soweit eine Periostschlitzung erfolgt – oder die GOZ-Nr. 4120 analog in Betracht.“

Die Stellungnahme aus zahnärztlicher Sicht

Im Rahmen einer Implantation nach der GOZ-Nr. 9010 ist der normale Wundverschluss mit der Leistung abgegolten. In den Allgemeinen Bestimmungen der GOZ (Teil K. implantologische Leistungen, Absatz 1) findet sich folgender Hinweis: „Die primäre Wundversorgung (zum Beispiel Reinigen der Wunde, Wundverschluss ohne zusätzliche Lappenbildung, ggf. einschließlich Fixieren eines plastischen Wundverbandes), ist Bestandteil der Leistungen nach dem Abschnitt K und nicht gesondert berechnungsfähig.“ Entlastungen zur Verbesserung der Adaptation der Wundränder können über einfache Periostschlitzungen vorgenommen werden und sind als solche nicht abrechenbar.

 

Die Veränderung der wissenschaftlichen Erkenntnisse um Knochenaufbaumaßnahmen ermöglichte eine Ausweitung der implantologischen Therapie auf Regionen, die vorher nicht implantologisch versorgt werden konnten. So wurden 1992 augmentative Verfahren von der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) anerkannt, was auch zur Folge hatte, dass eine völlig veränderte Weichteilchirurgie entstand. Zur Abdeckung der augmentierten Bereiche mit Knochen oder Knochenersatzmaterialien mussten Epithelanteile gedehnt oder so verlängert werden, dass eine Nahtadaption spaltfrei und speicheldicht vorgenommen werden konnte. Mit der „primären Wundversorgung“ ist dies nicht möglich. Daher wurden weichteilchirurgische Maßnahmen entwickelt, die diese Abdeckung ermöglichen.

 

Besteht eine eigenständige Indikation, zum Beispiel die Verdickung der periimplantären Gingiva, kann eine Schleimhautplastik zusätzlich in Ansatz gebracht werden. Die GOZ 2012 enthält im Bereich der Plastiken nur zwei Gebührennummern, wobei hier nur auf die chirurgische Plastik nach GOZ-Nr. 3100 eingegangen wird: „Plastische Deckung im Rahmen einer Wundversorgung einschließlich einer Periostschlitzung, je Operationsgebiet (Raum einer zusammenhängenden Schnittführung).“

Die Stellungnahme des Bundesministeriums für Gesundheit

Das Bundesministerium für Gesundheit hat zur GOZ-Nr. 3100 folgende Stellungnahme abgegeben: „Die Leistung nach der Nummer 3100 bildet die plastische Deckung im Rahmen einer Wundversorgung ab. Diese Leistung soll kleinere im Rahmen einer Wundversorgung einschließlich einer erforderlichen Periostschlitzung auftretende Eingriffe abbilden. Eine Periostschlitzung erfüllt im Rahmen der Wundversorgung nicht den Leistungsinhalt der Leistung nach der Nummer 3100. Ortsgleiche Eingriffe ohne Verlagerung von Weichgewebe sind jedoch mit den Gebühren für die operativen Leistungen abgegolten und nicht gesondert berechnungsfähig. Die Leistung nach Nummer 3100 kann neben anderen operativen Leistungen berechnet werden.“

 

Dieser Stellungnahme ist deutlich zu entnehmen, dass es sich bei der GOZ-Nr. 3100 um „kleinere“ Eingriffe handelt. Aufwendige Schleimhautplastiken sind nicht von dieser Gebührenziffer erfasst.

Die Stellungnahme der Bundeszahnärztekammer

Eine Leistung nach Nr. 3100 ist laut Bundeszahnärztekammer abrechenbar, „wenn eine einfache Readaption der Wundränder beim Wundverschluss nicht möglich oder nicht indiziert ist“ (GOZ-Kommentar, 9. Februar 2013, S. 115).

 

Operative Maßnahmen an der Körperoberfläche

Die operativen Maßnahmen aus dem Bereich der Chirurgie der Körperoberfläche (GOÄ Teil I. VII) beschreiben die Bildung von einfachen oder schwierigen Hautlappenplastiken. Unter einer schwierigen Lappenplastik wird eine Maßnahme verstanden, bei der Schleimhautteile aufwendig in ihrer Lage zueinander bewegt – zum Beispiel geschwenkt, gedreht, gedehnt, verschoben – werden müssen. In diesem Fall kann die Abrechnung nach der GOÄ-Nr. 2382 erfolgen. Ebenfalls werden Spalt- und Rolllappenplastiken unter der GOÄ-Nr. 2382 subsumiert. Im Kommentar der Bundeszahnärztekammer auf Seite 115 findet sich folgender Hinweis: „Die Vornahme schwieriger Lappenplastiken (zum Beispiel Spaltlappenplastik) wird nach Nr. 2382 GOÄ berechnet.“

 

Schleimhaut

Schleimhaut (Mukosa) dient als Auskleidung von Körperhöhlen. Durch Drüsenabsonderungen (Schleim) wird sie feucht gehalten. Schleimhaut kleidet zum Beispiel die gesamte Mundhöhle aus, wobei sie an der Körperöffnung in die äußere Haut übergeht und aus einem mehrschichtigen unverhornten Plattenepithel besteht. An den Stellen mit besonders starker mechanischer Beanspruchung – vor allem im Bereich der Gingiva – ist die Schleimhaut verhornt. Die Schleimhaut ist somit ein Ausläufer der Haut und stellt bei einer Mundöffnung die Außenhaut dar.

 

Bei Verordnung der GOÄ 1982 war eine Schleimhautplastik noch nicht entwickelt oder unbekannt. Erst 1992 wurden augmentative Verfahren von der DGZMK anerkannt, was zur Folge hatte, dass eine völlig veränderte Weichteilchirurgie entstand. Eine Schleimhautplastik ist daher eine Maßnahme der modernen plastischen Weichgewebschirurgie.

Die Rechtsprechung zur Berechenbarkeit der GOÄ-Nr. 2381

Die Berechenbarkeit der GOÄ-Nr. 2381 hat das Amtsgericht Hannover in seinem Urteil vom 31. Januar 2008 (Az. 427 C 16678/06) bestätigt. Auch im Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 2. März 2004 wurde die Berechnung der GOÄ-Nr. 2381 anerkannt (Az. 23A C 466/01).

 

Das Landgericht Köln nahm in seinem Urteil vom 4. November 2009 (Az. 23 O 236/06) im Rahmen der Klage einer Privatpatientin gegen ihre Versicherung zu verschiedenen Erstattungsproblemen Stellung, unter anderem zum Ansatz einzelner Positionen. Im Urteilsfall sah es das Gericht als gegeben an, dass der Zahnarzt eine Hautlappenplastik nach GOÄ-Nr. 2381 vornahm. Bei dieser Maßnahme handele es sich nicht um eine unselbstständige Teilleistung.

 

In keinem der Gerichtsverfahren wurde eine analoge Berechnung gefordert bzw. die Berechnung der regulären GOÄ-Plastik moniert, was jedoch bis heute zu Auseinandersetzungen mit privaten Kostenträgern führt. Insbesondere die Continentale Krankenversicherung lehnt die Kostenübernahme bzw. Beteiligung zum Beispiel bei GOÄ-Nr. 2381 mit folgender Begründung ab: „Bei der Haut handelt es sich um die Epidermis. Im Mund liegt jedoch Mucosa vor, sodass der Ansatz der Gebührenposition nicht möglich ist. In der Leistungsbeschreibung heißt es ‚Einfache Hautlappenplastik‘. Eine Erstattung des Zuschlages und der dazugehörigen Materialkosten ist daher nicht möglich.“

Analoge Berechnung

Eine Berechnung nach § 6 Abs. 2 GOÄ ist nicht auszuschließen, da die jeweiligen Plastiken die Schleimhaut betreffen und aufgrund der modernen Operationstechniken einen eigenständigen Charakter aufweisen. Damit wäre eine Regelungslücke in der GOÄ zu schließen, bis eine Novellierung der Gebührenordnung für Ärzte ggf. hier für Klarheit sorgt.