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31.05.2013·Leserforum Die Extraktion bei einem Kassenpatienten und Ridge Preservation: Formalitäten und Abrechnung?

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Die Extraktion bei einem Kassenpatienten und Ridge Preservation: Formalitäten und Abrechnung?

|FRAGE: „Wir werden bei einem Kassenpatienten die Zähne 25, 26 und 27 extrahieren. In gleicher Sitzung wird ein Knochenaufbau mit alloplastischem Material und das Einbringen einer Membran erfolgen. Zu einem späteren Zeitpunkt erfolgt eine Implantation. Welche Formalitäten sind zu treffen und wie können diese Maßnahmen berechnet werden?“|

 

ANTWORT: Die Entfernung der drei Zähne erfolgt bei Ihrem Patienten über Bema, der Knochenaufbau ist jedoch nicht im Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) enthalten und muss daher privat berechnet werden. Dafür wird eine schriftliche Vereinbarung nach § 4 (5) BMV-Z oder § 7 (7) EKV-Z mit dem Patienten vor der Behandlung getroffen, wobei ausreichend Bedenkzeit einzuräumen ist (mindestens 24 Stunden).

 

In mehreren Studien wurde die Heilung von Extraktionsalveolen und der Resorptionsprozesse nach einer Zahnextraktion untersucht. Ergebnisse zeigten innerhalb eines Jahres einen deutlichen horizontalen Abbau der Kammbreite von bis zu 50 Prozent. Zur Erhaltung des labialen Volumens und der Weichgewebekontur ist das Einbringen von Knochenersatzmaterial direkt nach der Extraktion eine Maßnahme zum Volumenerhalt.

 

Kassen- und Privatleistung am gleichen Ort?

In der GKV können einem Kassenpatienten privat nur Leistungen berechnet werden, die nicht Inhalt des Bema sind. Bis heute ist nicht geklärt, ob eine Vermischung von Kassen- und Privatleistung in einer Sitzung in gleicher Region möglich ist. Hier sollten Sie sich bei Ihrer KZV schriftlich rückversichern. Im Falle einer Extraktion und folgendem Knochenaufbau ist eine saubere Trennung der beiden Rechtsverhältnisse möglich, da die Extraktion keinerlei Aufbaumaßnahmen umfasst. Die Augmentation stellt eine selbstständige Maßnahme dar, sie ist nicht Teilinhalt der Bema-Extraktionsziffern Nrn. 43 ff. Der Patient sollte neben der Privatvereinbarung und der Kostenaufklärung einen Heil- und Kostenplan für die private Therapie einschließlich Materialkosten erhalten, der nach der GOZ-Nr. 0030 berechnet werden kann.

 

Die Honorierung

Die GOZ-Nr. 4110 ist nicht nur im Rahmen der PAR-Chirurgie, sondern auch neben anderen chirurgischen Eingriffen berechnungsfähig, zum Beispiel nach einer Zahnextraktion für das Auffüllen der Alveole bei einer Socket Preservation. Neben der Leistung nach der GOZ-Nr. 4110 kann unter anderem für die Verwendung einer Membran die GOZ-Nr. 4138 zusätzlich berechnet werden. Für eine Augmentation eines größeren Knochendefekts wie in Ihrem Patientenfall wird im Rahmen von vorbereitenden oder begleitenden implantologischen Maßnahmen die GOZ-Nr. 9100 berechnet. Diese umfasst bereits den Knochenaufbau mit Eigenknochen und/oder Knochenersatzmaterial als auch die Abschirmung mit einer Membran.

 

In den folgenden Kommentaren bzw. der Begründung des Bundesministeriums für Gesundheit zur GOZ-Nr. 4110 wird auf die Abrechnung eingegangen.

 

  • Kommentierung der Bundeszahnärztekammer Stand 09. Februar 2013, Auszug

… Auch das Auffüllen von Knochendefekten ohne Volumenvermehrung im Rahmen einer chirurgischen Behandlung kann nach dieser Gebührennummer berechnet werden. Dies kann mit allen Materialien erfolgen, die geeignet sind, den Aufbau von verloren gegangenem Knochen anzuregen. Das können (alloplastische) Knochenersatzmaterialien ebenso wie regenerative Substanzen oder körpereigener (autologer) Knochen sein. …

 

Die Behandlung von Extraktionsalveolen, die zum Zwecke der Verhinderung einer lokalen Knochenatrophie mit Ersatzmaterialien aufgefüllt werden, wird ebenfalls nach dieser Nummer berechnet. Eine Knochenentnahme geringen Umfangs aus der unmittelbaren Umgebung des Operationsgebiets ist Bestandteil der Leistung. Dabei sind die Kosten für einen einmal verwendungsfähigen Knochenkollektor gesondert berechnungsfähig.

 

Die augmentative Behandlung von größeren Knochendefekten, im Rahmen einer vorbereitenden oder begleitenden Maßnahme für eine Implantateinbringung, mittels körpereigenem Knochen oder Knochenteilen, ist nach den Geb.-Nrn. 9100 oder 9130 GOZ zu berechnen. Ggf. treten die Geb.-Nrn. 9140 und 9150 GOZ hinzu. …“

 

  • Begründung des Bundesministeriums für Gesundheit (BMG) zur GOZ-Nr. 4110, Auszug

„… Die Leistung nach der Nummer 4110 ist mit der Leistung nach der Nummer 4138 kombinierbar, die die zusätzliche Verwendung einer Membran – bezogen auf die Behandlung eines Zahns oder Implantats – zur Behandlung eines Knochendefekts abbildet. Die Leistungen nach den Nummern 4110 und 4138 können auch im Rahmen von chirurgischen Behandlungen indiziert sein und sind dann auch nach den genannten Nummern berechnungsfähig. Die Kosten für einen im Rahmen der Erbringung der Leistung nach der Nummer 4110 genutzten einmal verwendbaren sogenannten Knochenkollektor oder -schaber sind gesondert berechnungsfähig. Im Rahmen der Beratungen in der AG GOZ ist darauf hingewiesen worden, dass operative Maßnahmen zum Erhalt der Alveole („Socket Preservation“) der Leistung nach der Nummer 4110 zuzuordnen wären.“

 

 

Eine Stellungnahme zur Berechenbarkeit der Ridge Preservation oder Socket-Seal-Therapie erfolgte durch das Bundesministerium für Gesundheit nicht.

 

  • „GOZ 2012 – Der Praxiskommentar“ von Dr. Peter H. G. Esser, Auszug

„… Die Leistungsbeschreibung in Kombination mit der Berechnungsbestimmung, welche die Leistungen „auch im Rahmen einer chirurgischen Behandlung berechnungsfähig“ macht, beinhaltet vier unterschiedliche Leistungsinhalte (Anmerkung: zum Beispiel) … Auffüllen eines chirurgischen Knochendefektes eines entfernten Zahnes (leere Alveole) mit Knochen-/Knochenersatzmaterial und/oder regenerativen Proteinen … . Alle anderen Knochendefekte, auch in der Umgebung eines Zahnes- oder Implantats, sind keine „parodontal-alveolären“ Knochendefekte und deren mögliche Auffüllung (Weichteilunterfütterung) stellt eine andere Leistung dar.“

 

… Socket Preservation (Alveolen oder Implantatfacherhalt) ist der Fachbegriff dafür und meint, dass leere Alveolen/Implantatfächer nicht der involutiven Heilung mit Inkaufnahme des Kollabierens der alveolären Anatomie und Strukturen mit erheblichem Verlust (Atrophie) von zukünftig dringend benötigten Knochensubstanz überlassen werden dürfen. Socket Preservation ist eine mit Aufnahme in die Gebührenordnung (GOZ) anerkannte, zahnmedizinisch notwendige Leistung angesichts der zahnmedizinischen Möglichkeiten der fortentwickelten Implantologie.“