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26.04.2017·Notfall Abszess, Explantation und Augmentation – welche Kosten entstehen?

·Notfall

Abszess, Explantation und Augmentation – welche Kosten entstehen?

| Ein Privatpatient wird in eine oralchirurgische Praxis überwiesen, da die Mukosa um ein Implantat massiv gerötet ist und der Patient über Beschwerden klagt. Welche Kosten entstehen, wenn das Implantat nicht zu retten ist? Welcher Behandlungspreis ist realistisch? 300, 500 oder 1.000 Euro? PI gibt die Antworten und kommentiert einzelne Phasen der Therapie. |

Der Behandlungsfall

Bei einem 59-jährigen Patienten wird nach einer Schleimhautbehandlung wenige Tage später notfallmäßig regio 47 ein Abszess gespalten. Aufgrund der massiven Knochenverluste wird das Implantat nach Abklingen der Entzündung mittels einer Osteotomie entfernt und der Knochendefekt mit alloplastischem Material augmentiert. Vor der Explantation mussten die Krone und der Implantataufbau (Abutment) entfernt werden, damit die Fräse über das Implantat zum Freifräsen des Knochens platziert werden konnte.

 

  • Die Rechnung, Teil 1
Datum
Region
Geb.-Nr.
Leistungsbeschreibung/Auslagen
Faktor
Anzahl
Euro

02.01.17

Ä1

Beratung

2,3

1

10,72

Ä5

Symptombezogene Untersuchung

2,3

1

10,72

Ä5004

Panoramaschichtaufnahme

1,8

1

41,96

4020

Lokalbehandlung Mundschleimhauterkrankung

2,3

1

5,82

05.01.17

47

0100

Intraorale Leitungsanästhesie

2,3

1

9,05

47

Ä2430

Eröffnung eines tiefliegenden Abszesses

2,3

1

40,62

Ä442

OP-Zuschlag

1,0

1

23,31

06.01.17

47

3290

Nachkontrolle

2,3

1

7,11

47

3300

Nachbehandlung

2,3

1

8,41

09.01.17

Ä60

Konsiliarische Erörterung mehrerer Ärzte

2,3

1

16,08

47

3300

Nachbehandlung

2,3

1

8,41

12.01.17

Ä1

Beratung

2,3

1

10,72

Zwischensumme Honorar

192,93

 

Befundung und Abszess

Bei dem Patienten wird im Rahmen der kurzfristigen Überweisung die Region 47 kontrolliert und eine starke Rötung um das Implantat 47 diagnostiziert sowie behandelt. Ein OPG wird gefertigt, um Entzündungsprozesse im Gebiss zu überprüfen, da der Hauszahnarzt kein aktuelles OPG vorliegen hat. Drei Tage später kommt der Patient aufgrund starker Beschwerden erneut in die Praxis. Die Untersuchung zeigt, dass sich ein Abszess gebildet hat, dessen Spaltung nach der GOÄ-Nr. 2430 berechnet wird, weil die GOZ hierfür keine Ziffer enthält. Zahnärzte und Oralchirurgen haben nach den Vorgaben von § 6 Abs. 2 GOZ Zugriff auf diesen Abschnitt. Die GOÄ-Nr. 2430 ist OP-zuschlagsberechtigt, sodass die GOÄ-Nr. 442 erfasst wird.

GOZ-Nrn. 3290 bis 3310: Änderungen im GOZ-Kommentar

In der aktuellen Version von März 2017 offeriert die Bundeszahnärztekammer neue Berechnungsmöglichkeiten zu den GOZ-Nrn. 3290 bis 3310. Demnach soll es möglich sein, die Wundbehandlung (GOZ-Nr. 3300) oder Wundrevision (GOZ-Nr. 3310) neben der Nachkontrolle (GOZ-Nr. 3290) zu berechnen, wenn sich bei der Kontrolle zeigt, dass eine Nachbehandlung oder Revision in gleicher Sitzung und Region medizinisch notwendig ist.

 

Eine Übersicht aller Änderungen finden Sie auf der Website der BZÄK (bzaek.de) bzw. bei diesem Beitrag auf der PI-Website (pi.iww.de) hinter folgendem Link: iww.de/s113. Inwieweit jedoch private Krankenversicherungen diese neue Sichtweise akzeptieren, bleibt abzuwarten. Das Gesundheitsministerium hat bislang keine Stellungnahme dazu abgegeben.

 

  • Die Rechnung, Teil 2
Datum
Region
Geb.-Nr.
Leistungsbeschreibung/Auslagen
Faktor
Anzahl
Euro

Übernahme Zwischensumme

192,93

09.02.17

Ä1

Beratung

2,3

1

10,72

Ä5

Symptombezogene Untersuchung

2,3

1

10,72

Ä5004

Panoramaschichtaufnahme

1,8

1

41,96

10.02.17

47

0100

Intraorale Leitungsanästhesie

2,3

1

9,05

47

0090

Intraorale Infiltrationsanästhesie

2,3

1

7,76

47

2290

Entfernung Krone, Inlay, Brückenanker

2,3

1

23,28

47

9060a

Entfernung Abutment unter hohem Kraftaufwand entsprechend Auswechseln von Sekundärteilen im Reparaturfall

2,3

1

40,49

47

3030

Entfernung Zahn/Implantat durch Osteotomie

3,51)

1

68,90

0510

OP-Zuschlag

1,0

1

42,18

47

Ä2442a

Implantation alloplastisches Material inkl. Materialkosten entsprechend Einbringen zur Weichteilunterfütterung

2,3

1

120,66

4138

Einbringen einer Membran, je Zahnzwischenraum

2,3

1

28,46

Ä5004

Panoramaschichtaufnahme

1,8

1

41,96

13.02.17

47

3290

Nachkontrolle

2,3

1

7,11

47

3300

Nachbehandlung

2,3

1

8,41

17.02.17

47

3300

Nachbehandlung

2,3

1

8,41

09.03.17

Ä75

Ausführlicher Befundbericht

2,3

1

17,43

Gesamtbetrag Honorar

680,43

 

1) Maximaler Zeitaufwand im Verhältnis zum Durchschnitt aller Behandlungsfälle – 30 Prozent höhere Zeitinvestition aufgrund ankylotischer Verbindung zum Knochen.

Die Explantation

Nach Abklingen der Entzündung wird das Implantat entfernt. Auch wenn der Knochenabbau um das Implantat weit fortgeschritten ist, ist es dennoch in der Regel fest verankert. Damit so wenig Knochen wie möglich geschädigt wird, hat sich das Entfernen des Restknochens um das Implantat mit einer systemgenormten Knochenfräse bewährt.

 

Die Nr. 2290 kann nicht für das Entfernen des Abutments berechnet werden, da der Gebührentext nur das Entfernen von Inlays, Kronen und Brückenankern beschreibt. Da es sich um eine medizinisch notwendige Leistung handelt, wurde beispielhaft die GOZ-Nr. 9060 als Analogziffer gewählt. Gleiches gilt für das Einbringen von Knochenersatzmaterial; diese Leistung ist weder in der GOZ noch GOÄ enthalten. Die Wundfläche wird mit einer Membran abgeschirmt. Die Röntgenkontrolle zeigt, dass das Implantat komplett entfernt wurde und keine Schädigungen bestehen. Danach wird mit der Nahtlegung die OP beendet.

Der Befundbericht

Nach GOÄ-Nr. 75 wird ein Befundbericht für den Hauszahnarzt berechnet. Er enthält eine genaue Schilderung von Anamnese, Krankheitsverlauf, Spaltung des Abszesses, medikamentöse Unterstützung, Prognose Neu-Implantation, eventuelle weitere Augmentation/Plastik sowie die prothetische Versorgung.

Das Material

Datum
Region
Geb.-Nr.
Leistungsbeschreibung/Auslagen
Faktor
Anzahl
Euro

05.01.17

Anästhetikum

1

0,88

10.02.17

Anästhetikum

2

1,76

Genta Coll

1

19,04

Einmal Explantationsbohrer

1

133,16

Bio Oss 0,5 g 0,25 bis 1 mm Geistlich

1

92,82

BioGide Membran 13 x 25 mm Geistlich

1

123,76

Atraumatische Naht

1

2,20

09.03.17

Versandkosten

1

0,90

Kosten für Auslagen nach § 3, § 4 GOZ und § 10 GOÄ

374,52

Gesamtbetrag Honorar

680,43

Rechnungsbetrag

1.054,95

 

Nach § 10 Abs. 2 Punkt 6 ist die Art des Materials mit Menge und Bruttopreis in der Rechnung für alle Produkte abgebildet. Bei hochpreisigen Produkten beugen freiwillige zusätzliche Angaben einem Briefwechsel mit der PKV vor.

 

FAZIT | Die Rechnung kann als Muster in der Praxis archiviert und bei zukünftigen Explantationen als Planungshilfe dienen, um den juristischen Anforderungen an die wirtschaftliche Aufklärung gerecht zu werden.