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29.09.2017·Praxishygiene Hygienemanagement in der implantologischen Praxis etablieren und aufrechterhalten: So geht‘s!

·Praxishygiene

Hygienemanagement in der implantologischen Praxis etablieren und aufrechterhalten: So geht‘s!

von Marina Nörr-Müller, QMA (TÜV), Beratung und Training medizinischer Behandlungsteams, München

| Die Einführung eines Hygienemanagements ist seit 2014 für Zahnarztpraxen verpflichtend. Die Hygienemaßnahmen müssen gut organisiert, gesteuert und überwacht werden. Speziell in der Implantologie steht vor allem auch das Vermeiden von Wundinfektionen im Vordergrund. Wie kann es gelingen, ein praxisnahes Hygienemanagement einzurichten und dafür zu sorgen, dass es nachhaltig umgesetzt wird? Der folgende Beitrag befasst sich mit dieser Frage. Er endet mit einer Checkliste zu den wichtigsten Punkten. |

Die Regelung von Verantwortlichkeiten

Die Benennung einer oder in größeren Praxen mehrerer Hygienebeauftragten ist sinnvoll. Sie koordiniert, steuert und überwacht die Hygieneabläufe. Außerdem obliegt ihr die Aufgabe hygienerelevante Dokumente ‒ wie Arbeitsanweisungen ‒ zu erstellen, auf Aktualität zu prüfen und zu verwalten. In der Medizinprodukteaufbereitung ist sie mit der Einstufung der Medizinprodukte in eine Risikoklasse vertraut und legt geeignete Aufbereitungsverfahren fest. Sie sollte zudem ständig ermitteln, ob ein Schulungsbedarf einzelner Mitarbeiter oder des gesamten Teams vorliegt. Das betrifft besonders neue oder junge Mitarbeiter in der Implantologie, die mit den spezifischen Hygienemaßnahmen, die für chirurgische Eingriffe gelten, noch nicht vollständig vertraut sind.

Auseinandersetzung mit gesetzlichen Rahmenbedingungen

Die Einhaltung der Gesetze und Richtlinien in der Hygiene ‒ das Infektionsschutzgesetz, das Medizinproduktegesetz und die Medizinprodukte-Betreiberverordnung ‒ wird durch Behördenbegehungen geprüft. Dabei ist zu unterscheiden, ob es sich um eine stichprobenartige Routineprüfung handelt, für die in der Regel vorher ein Termin vereinbart wird, oder ob es um eine anlassbezogene Begehung geht, bei der die Prüfer unangekündigt vor der Tür stehen. Im letzteren Fall liegt der Behörde ein Hinweis oder eine Anzeige vor, die das Amt veranlasst, sofort zu reagieren. Ein gut funktionierendes Hygienemanagement schützt also vor kritischen Mängeln und der unerfreulichen Prüfungssituation sowie deren Folgen, der die Praxis ausgesetzt sein kann.

Einheitliche Vorgehensweisen

Hygieneabläufe müssen von allen mit diesem Thema betrauten Personen einheitlich und fehlerfrei durchgeführt werden. Dafür ist die Festlegung und Beschreibung von klaren Standards eine gute Unterstützung. Außerdem ist es eine Forderung des Infektionsschutzgesetzes bzw. der Medizinprodukte-Betreiberverordnung. Nur so kann gewährleistet sein, dass die Hygiene die gewünschte Sicherheit für Patienten und Mitarbeiter erbringt.

 

Bei implantologischen Behandlungen ist das entscheidend, da hier die Körperintegrität des Patienten durchdrungen wird. Wunden entstehen und Fremdkörper können in den Körper des Patienten eingebracht werden. Fehler in der Hygiene könnten hier ein Eindringen von Keimen verursachen und somit zu einer Wundinfektion oder gar zum Verlust des Implantats führen. In der Praxis erstellte Fotos oder Videos helfen, Hygieneabläufe genau darzustellen, und erleichtern die Einarbeitung und Schulung. In der Aufbereitung der Medizinprodukte nimmt dieser Grundsatz der einheitlichen Vorgehensweisen einen besonderen Stellenwert ein. Nicht selten variieren die hier klar gesetzlich geforderten Abläufe von Praxis zu Praxis bzw. es werden in einer Praxis unterschiedliche Vorgehensweisen praktiziert.

Hygienerelevante Dokumente in der implantologischen Praxis

Folgendes ist beim Erstellen und Pflegen der Dokumente zu beachten:

 

Hygieneplan

Das Erstellen eines Hygieneplans ist eine gesetzliche Forderung des Infektionsschutzgesetzes (§ 36). Wobei der Begriff „Plan“ irreführend ist, da ein moderner Hygieneplan aus zahlreichen einzelnen Verfahrens- bzw. Arbeitsanweisungen sämtlicher hygienerelevanter Abläufe, bestehen soll. Geeigneter wäre hier der Begriff des Hygienehandbuchs. Dieses Hygienehandbuch soll die praxisindividuellen Hygieneabläufe wiedergeben, die sich wiederum an den gesetzlichen Rahmenbedingungen orientieren müssen. Es sollte keineswegs als abstraktes Dokument betrachtet werden, sondern vielmehr ein nützliches Arbeitsmittel darstellen, das allen Mitarbeitern bekannt und zugänglich sein muss. In der implantologischen Praxis muss der Hygieneplan auch auf die spezifischen Hygienemaßnahmen vor, während und nach einem Eingriff eingehen.

 

Folgende Verfahren sollte ein Hygieneplan in der implantologischen Praxis mindestens beschreiben: Personalhygiene (auch Tragen von Schutzkleidung bei implantologischen Eingriffen); Händehygiene; Hygienemaßnahmen am Patienten (orale Antiseptik, Hautdesinfektion vor Eingriffen, steriles Abdecken); Reinigung und Desinfektion von Flächen; Aufbereitung von Wäsche (auch OP-Wäsche, soweit vorhanden; Aufbereitung der Medizinprodukte; Umgang mit Patienten mit blutübertragbaren Virusinfektionen (z. B. Hepatitis B, C oder HIV); Umgang mit Patienten mit multiresistenten Erregern (z. B. MRSA); Abfallhygiene; Umgang mit Arzneimitteln.

Schulung und Fortbildung

Die Hygiene ist von neuen wissenschaftlichen Erkenntnissen und Verfahrenstechniken, Änderungen von Gesetzen und Richtlinien geprägt. Somit ist ein permanentes Hinterfragen des aktuellen Kenntnisstands aller in der Hygiene Tätigen unerlässlich. Regelmäßige Teilnahme an Schulungen, auch praxisinterner Art, gehören zu einem lebendigen Hygienemanagement. So können z. B. die Hygienebeauftragte oder der Praxisbetreiber Schulungen in der Praxis durchführen, die mit einem Schulungsprotokoll dokumentiert werden. Andernfalls kann die Teilnahme von externen Fortbildungen sinnvoll sein.

 

Ein gezieltes und strukturiertes Vorgehen bei der Planung von Fortbildungen erhöht den Wirkungsgrad. Dafür hilft ein Schulungsplan, in dem einmal jährlich alle erforderlichen bzw. in Betracht gezogenen Fortbildungen ergänzend mit den jeweiligen Teilnehmern der Schulung eingetragen werden. Das bringt Übersicht und Klarheit. In diesem Plan lassen sich auch die von gesetzlicher Seite vorgeschriebenen Unterweisungen vermerken. Es darf nicht übersehen werden, dass gesetzlich geforderte Unterweisungen zum Thema Hygiene jährlich, bei Jugendlichen halbjährlich erfolgen müssen. Bei neuen Mitarbeitern ohne Erfahrung in der Chirurgie bzw. Implantologie können Spezialseminare, die auf die Hygiene bei implantologischen Eingriffen abzielen, die Einarbeitung unterstützen. Das Resultat einer Fortbildung sollte auch immer auf Erfolg überprüft werden. Zum einen kann das durch ein kurzes Referat des Schulungsinhalts geschehen zum anderen lässt er sich auch durch Supervision beim Durchführen der Hygienemaßnahmen ermitteln.

Bewertung der Wirksamkeit

In jährlichen Audits, die im Rahmen des Qualitätsmanagements verpflichtend sind, steht auch die „Abteilung Hygiene“ auf dem Prüfstand. Hierbei werden sämtliche Verfahrens- und Arbeitsanweisungen auf praktische Anwendung, Vollständigkeit, Aktualität und Richtigkeit geprüft, das Durchführen von Wartungen und Validierungen kontrolliert sowie der Zustand der technischen Ausrüstung begutachtet. Ein externer Auditor muss dafür nicht bestellt werden. Er würde jedoch das Thema mit einem neutralen und sachkundigen Blick durchleuchten. Die Anzahl der Personen, die am Audit teilnehmen, ist von der Größe der Praxis abhängig. In kleinen Praxen kann sich das gesamte Team daran beteiligen, während in größeren Praxen der Auditor zusammen mit der oder den Hygienebeauftragten die Begehung durchführt. Der Auditbericht bzw. Maßnahmenplan enthält den Verlauf und das Ergebnis der internen Begehung.

Durchführung von Änderungsmaßnahmen

Haben sich bei der internen Überprüfung Mängel ergeben, werden diese im Begehungsprotokoll bzw. Auditbericht vermerkt. Nun geht es daran, diese Mängel gezielt und möglichst zeitnah zu beheben. Dafür müssen verantwortliche Personen benannt und zeitliche Fristen festgelegt werden. Allerdings ergeben sich Änderungsmaßnahmen nicht nur aus Mängeln oder Fehlern. Veränderte Rahmenbedingungen wie Gesetzesänderungen oder eine neue technische Ausstattung können ebenso Anlass dafür sein.

 

Checkliste / Erstellen und Überprüfen des Hygienemanagements

Schritt
Maßnahme
Wer

1

Festlegung der Verantwortlichkeiten

2

Auseinandersetzung mit den gesetzlichen Vorgaben

3

Erstellung der einzelnen Arbeitsanweisungen

4

Schulung und Unterweisung

5

Etablierung bzw. Aktualisierung der einzelnen Hygieneabläufe

6

Bewertung der Wirksamkeit

7

Durchführung von Änderungsmaßnahmen