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29.10.2013·Praxismarketing Günstige Implantat-Behandlungen im Ausland: Wie können Sie in Ihrer Praxis darauf reagieren?

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Günstige Implantat-Behandlungen im Ausland: Wie können Sie in Ihrer Praxis darauf reagieren?

| Die Werbung für Zahnersatz im Ausland zu niedrigen Preisen ist ein Ärgernis, das durch die Krankenkassen sogar noch gefördert wird. Etwa 300.000 Deutsche lassen sich durchschnittlich pro Jahr im Ausland behandeln, wobei 60 Prozent der Behandlungen im Voraus geplant sind. Daher stellt sich die Frage, wie Sie dieser „Abwanderungs-Tendenz“ von Patienten ins Ausland „gegensteuern“ können. Damit befasst sich dieser Beitrag. |

Behandlungen in der Europäischen Union

Für gesetzlich versicherte Patienten galt bis zum 31. Dezember 2003 das Prinzip der freien Arzt- bzw. Zahnarztwahl nur innerhalb von Deutschland. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 13. Mai 2003 (Az. EUGH C-385/99) über die ärztliche Behandlung in der Europäischen Union (EU) haben Versicherte der gesetzlichen Krankenkassen seit dem 1. April 2004 das Recht, sich in allen Mitgliedstaaten der EU ohne vorherige Genehmigung behandeln zu lassen.

 

Bei einer Behandlung mit Zahnersatz gilt dies nicht. Hier ist eine Genehmigung des Heil- und Kostenplans erforderlich, da eine Genehmigungspflicht auch innerhalb Deutschlands besteht. Im Ausland erhält der Kassenpatient eine Privatrechnung, die in der Regel sofort bar bezahlt werden muss. Diese wird später in Deutschland von der Krankenkasse nach den geltenden Bestimmungen – reduziert um einen Verwaltungsaufwandsbeitrag – erstattet. Der Patient muss somit in Vorkasse gehen. Diese Rechtsprechung hat der deutsche Gesetzgeber im GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) umgesetzt und den § 13 SGB V um die Absätze 4 bis 6 erweitert, die die Kostenerstattung für die im EU-Ausland in Anspruch genommene Behandlung regeln.

Erhöhte Relevanz für Medizintourismus durch die Patientenmobilitäts-Richtlinie

Die Richtlinie 2011/24 EU über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung wurde am 4. April 2011 im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht und ist am 24. April 2011 in Kraft getreten. Die Mitgliedstaaten waren verpflichtet, diese Richtlinie bis zum 25. Oktober 2013 umzusetzen. Sie gilt grundsätzlich für gesetzlich und privat Versicherte gleichermaßen.

 

Einzige Ausnahme bilden die Regelungen zur Kostenerstattung. Diese gelten nur für Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung, nicht aber für Privatversicherte und Beihilfeberechtigte. Hintergrund ist der, dass die privaten Krankenversicherungen und Beihilfestellen für diese Personengruppen spezielle, vorrangige Sonderregelungen für die Abrechnung grenzüberschreitender Behandlungen vorsehen.

Argumente, die für eine Implantat- und Zahnersatz-Behandlung in Deutschland sprechen

Den meisten Patienten ist nicht bewusst, auf was sie sich bei einer Behandlung im Ausland einlassen und welche Probleme es aufwerfen kann, wenn das Resultat nicht so wie erhofft ausfällt. Daher haben wir den folgenden Argumentationskatalog erstellt, der Argumente auflistet, die für eine Behandlung in Deutschland und gegen eine Behandlung im Ausland sprechen.

 

Checkliste / Argumentationskatalog für eine Behandlung in Deutschland

  • Kontinuität und Vertrauensverhältnis zu Praxis bzw. Klinik

  • Deutsches Meisterlabor mit allseits bekanntem Handwerksstandard

  • Bekanntes Ambiente

  • Keine Verständigungsprobleme

  • Routine im Behandlungsalltag

  • Breites zahnmedizinisches Fachangebot

  • Praxis, Klinik und/oder das Dentallabor sind seit Jahren etabliert, für ihre ausgezeichnete Qualität bekannt und Ansprechpartner bei auftretenden Problemen

  • Hochwertige Ausstattung (Geräte, Behandlungseinheiten, DVT, OP-Mikroskop, intraorale Kamera, intraoraler Scanner, digitales Röntgen, multimediale Behandlungsplätze, TÜV-Abnahmen, vorgeschriebene Pflege- und Wartung etc.)

  • Der Ausbildungsstand (Tätigkeitsschwerpunkt, Zertifizierung etc.) der deutschen Zahnärzte ist sehr hoch; Qualitätsmanagement und Fortbildungen müssen behördlich nachgewiesen werden

  • Die Hygiene-Richtlinien in Deutschland legen die Standards für Desinfektion und Sterilisation für Zahnarztpraxen und Kliniken verbindlich nach den neuesten Erkenntnissen gesetzlich fest. Das umfasst sowohl die Arbeitsabläufe als auch den Gerätestandard. Eine Überprüfung und damit Sicherstellung dieser Standards wird durch Praxisbegehungen in Deutschland seit 2005 gewährleistet. Im Ausland gelten die Qualitäts- und Sicherheitsstandards des Staates, in dem die Behandlung stattfindet.

  • Das Risiko der Behandlung in Deutschland ist deutlich niedriger als im Ausland, wo überwiegend kein hoher Qualitäts- und Hygienestandard besteht.

  • Vertragszahnärzte behandeln nach den Kassen- bzw. den Zahnersatz- und Festzuschuss-Richtlinien; 
im Ausland gelten diese Richtlinien nicht, es gibt keine Querprüfung.

  • Beworbene Preisunterschiede der Auslandsanbieter beruhen meist auf Einsparungen im Material- und Laborbereich.

  • Persönliche ausführliche Anamnese, Diagnose und Beratung – auch mehrfach bis zur Entscheidungsfindung inklusive Alternativtherapien und Behandlungskosten – führen zu einem hohen Maß an Sicherheit des Patienten.

  • Die Kooperation verschiedener Beteiligter vor Ort (MKG-Chirurg, Zahnarzt, Zahntechniker, Industrie) und im Bedarfsfalle die Erörterung von Krankheitsbildern unter zeitnahem Einbezug von Fachkollegen (Arzt, Internist, Kardiologe etc.) erhöhen die Sicherheit für ein optimales Behandlungsergebnis.

  • Der deutsche Heil- und Kostenplan sowie die Laborkosten umfassen auch die Begleitleistungen, sodass es nicht im „Kleingedruckten“ wie bei ausländischen Behandlungsverträgen gegebenenfalls zu bösen Kostenüberraschungen kommt.

  • Implantate werden von namhaften Herstellern mit Nachkaufgarantie für spätere Reparaturen und Erweiterungen verwendet. Die Aushändigung eines Implantatpasses gibt Auskunft über den Hersteller, den verwendeten Implantattyp und -aufbau, die Länge mit Durchmesser, Oberflächenbeschaffenheit und Chargen-Nummer.

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  • Die Gesamtplanung mit aufbauenden Therapieschritten ist in einer regulären Urlaubszeit von ein bis zwei Wochen nicht realisierbar.

  • Chirurgische Eingriffe und/oder prothetische Versorgung beeinträchtigen durchaus den Urlaub.

  • Ästhetisch schwierige Situationen im Frontzahnbereich benötigen umfangreiche Vor- und Parallelleistungen in mehreren Sitzungen, auch über einen langen Zeitraum. Beispiele sind die Fertigung eines Wax-up, die Anprobe eines kosmetischen Vorschlages, gegebenenfalls DVT und 3D-Bohrschablone für die Implantation, die Fertigung von Zahnersatz nach Wax-up etc..

  • Aufwendige Behandlungen benötigen einen kontinuierlichen Betreuungsbedarf.

  • Hat der Patient geprüft, ob Reise- und Übernachtungskosten bei entfernten Zielen im Verhältnis zur Ersparnis stehen?

  • Kostenaufwand bei Abweichungen vom ausländischen Terminkonzept: Wer zahlt zum Beispiel die Reisekosten, wenn die ausländische Praxis bzw. Klinik den definierten Termin nicht halten kann?

  • Der Patient muss gegebenenfalls die Kosten bei einer kurzfristigen Terminabsage für den Behandlungsausfall im Ausland komplett tragen.

  • Die zahntechnische Versorgung erfolgt nach Planung mit dem Dentallabor und gegebenenfalls Betreuung durch einen Zahntechniker bis zur Fertigstellung der Arbeit und auch in der Folgezeit bei eventuellen Problemen.

  • Die Materialvielfalt wird ausführlich erörtert und gegebenenfalls werden Schaumodelle mit unterschiedlichem Zahnersatz-Lösungen bzw. Multimedia als visuelle Hilfe zur Therapieentscheidung verwendet.

  • Die Herstellung von Zahnersatz in ein bis zwei Wochen ist oft nicht realistisch. Wurden sämtliche Materialanwendungs-Bestimmungen wirklich erfüllt?

  • Die Aushändigung einer Konformitätsbescheinigung für Zahnersatz ist in Deutschland aufgrund des Medizinproduktegesetzes Pflicht. Alle verwendeten Materialien werden in ihrer Zusammensetzung und 
Produktbezeichnung inklusive Hersteller exakt aufgeführt (wichtig, falls es zu Allergien kommt oder 
später weiterer Zahnersatz gefertigt wird).

  • Nach dem privaten Gebührenrecht darf für die gesamte Behandlung keine Vorkasse verlangt werden.

  • Nachbehandlungen erfolgen teilweise an mehreren Behandlungsterminen ohne großen (Reise-)Kostenaufwand für den Patienten, bei Notwendigkeit auch interdisziplinär mit Kollegen vor Ort.

  • Die Gewährleistungspflicht für Zahnersatz ist EU-weit einheitlich geregelt: Zwei Jahre lang kann reklamiert werden. In vielen Fällen ist aber eine Nachbehandlung notwendig, die von den deutschen Krankenkassen nicht zusätzlich übernommen wird, sodass der Patient erneut zur ausländischen Praxis bzw. Klinik reisen muss. Deutsche Zahnärzte und Dentallabore helfen bei ihren Versorgungen dem Patienten sofort, sodass keine Reisekosten ins Ausland notwendig werden.

  • Bei einer Mängelregelung (Implantatverlust, nicht ordnungsgemäßer bzw. unbrauchbarer Zahnersatz) muss der Patient mit dem ausländischen Zahnarzt in einem unbekannten Rechtssystem gegebenenfalls einen Rechtsstreit führen; Prozesskosten und Länge der Streitigkeit sind dabei nicht kalkulierbar.

  • Behandlungsunterlagen müssen in Deutschland nach dem BGB dem Patienten in Kopie – nach Zahlung der Kopierkosten – zur Verfügung gestellt werden. Ausländische Behandlungsunterlagen werden auf Anfrage nicht immer herausgegeben. Ein erneuter Auslandsbesuch bleibt dem Patienten dann nicht erspart, um mit dem dortigen Zahnarzt den Sachverhalt zu klären und um eventuell rechtliche Schritte einzuleiten.

  • Im Falle von Behandlungsfehlern im Ausland ist zu beachten, dass sich die Durchsetzung von Schadenersatz und insbesondere Schmerzensgeldansprüchen nach dem Recht des Behandlungsstaates richtet 
und auch dort gerichtlich durchzusetzen ist.

  • Korrekturbehandlungen auf Kosten des Patienten in Deutschland bringen haftungsrechtliche Probleme für den Zahnarzt mit sich. Der Patient verliert zudem alle rechtlichen Ansprüche gegenüber dem ausländischen Zahnarzt, der ursprünglich für die entstandenen – gesundheitlichen – Schäden verantwortlich gemacht wird.

Weiterführender Hinweis

  • Diese Checkliste können Sie auf unserer Website (pi.iww.de) im Download-Bereich unter der Rubrik „Praxisführung“ aufrufen und in Ihrer Praxis verwenden.