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29.03.2012·Privatliquidation Was ist nach dem Inkrafttreten der GOZ 2012 bei der Bemessung der Gebühren zu beachten?

·Privatliquidation

Was ist nach dem Inkrafttreten der GOZ 2012 bei der Bemessung der Gebühren zu beachten?

| Mit Novellierung der GOZ wurde der § 5 (Bemessung der Gebühren für Leistungen des Gebührenverzeichnisses) im Absatz 2 um einen weiteren Satz ergänzt. Mit den Konsequenzen befasst sich dieser Beitrag. |

Was hat sich bei der Gebührenbemessung geändert?

Der neue § 5 Abs. 2 lautet:

 

  • § 5 GOZ

„(2) Innerhalb des Gebührenrahmens sind die Gebühren unter Berücksichtigung der Schwierigkeit und des Zeitaufwandes der einzelnen Leistungen sowie der Umstände bei der Ausführung nach billigem Ermessen zu bestimmen. Die Schwierigkeit der einzelnen Leistung kann auch durch die Schwierigkeit des Krankheitsfalles begründet sein. Bemessungskriterien, die bereits in der Leistungsbeschreibung berücksichtigt worden sind, haben hierbei außer Betracht zu bleiben.“

Der neue Satz lautet: „Der 2,3-fache Gebührensatz bildet die nach Schwierigkeit und Zeitaufwand durchschnittliche Leistung ab; ein Überschreiten ist nur zulässig, wenn Besonderheiten der in Satz 1 genannten Bemessungskriterien dies rechtfertigen. Leistungen mit unterdurchschnittlichem Schwierigkeitsgrad oder Zeitaufwand sind mit einem niedrigeren Gebührensatz zu berechnen.“

 

Der „Gebührensatz“ ist der Betrag, der sich ergibt, wenn die der Leistung zugeordnete Punktzahl mit dem Punktwert von 5,62421 Cent multipliziert wird (zum Beispiel GOZ-Nr. 2200 Implantatkrone, 1.322 Punkte x 5,62421 Cent ergibt 74,35 Euro im Faktor 1,0-fach). Der § 5 Abs. 2 GOZ legt fest, wie die individuell „richtige“ Höhe der Gebühr in dem von Abs. 1 Satz 1 eröffneten Gebührenrahmen zu finden ist. Die Norm gibt dem Zahnarzt hierfür folgende Bemessungskriterien an die Hand: Schwierigkeit der einzelnen Leistung, Zeitaufwand der einzelnen Leistung und Umstände bei der Ausführung.

 

Das Kriterium der Schwierigkeit – auch Schwierigkeit des Krankheitsfalles – bietet eine Möglichkeit, körperliche und geistige Belastungsaspekte bei der Leistungserbringung zu berücksichtigen. Die Beanspruchungshöhe – etwa durch konzentrative Anforderungen – kann, muss aber nicht zu einem erhöhten Zeitaufwand führen. Der Zusatz „der einzelnen Leistung“ stellt klar, dass die Schwierigkeit individuell und leistungsbezogen zu berücksichtigen ist und nicht auf die gesamte Honorarforderung ausgedehnt werden darf. Eine Faktorsteigerung unterschiedlicher Gebührenziffern mit einer einheitlichen Begründung ist daher kritisch abzuwägen. Zu Umständen bei der Ausführung zählen zum Beispiel Verständigungsschwierigkeiten oder Behandlungen außerhalb der Praxis, aber durchaus auch andere Behandlungsumstände, die in der Person des Patienten bzw. seinem aktuellen Zustand begründet sind.

Welche Bemessungskriterien können zur Faktorsteigerung herangezogen werden, welche nicht?

Die in § 5 Abs. 2 aufgeführten Bemessungskriterien „Schwierigkeit, Zeitaufwand und Umstände bei der Ausführung“ stehen gleichberechtigt nebeneinander. Dabei ist – etwa wenn mehrere Gesichtspunkte in die Bemessung einfließen – keine schematische Aufteilung der Kriterien erforderlich. Vielmehr hat der Zahnarzt in jedem Fall eine Gesamtbetrachtung aller relevanten Faktoren vorzunehmen. Eine stete Aneinanderkettung der Bemessungskriterien ist daher nicht erforderlich, sondern lediglich die Angabe der individuellen Gründe, die zu einer Faktorsteigerung führen.

 

Nach § 5 Abs. 2 Satz 3 GOZ haben bei der Gebührenbemessung diejenigen Bemessungskriterien außer Acht zu bleiben, die bereits in der Beschreibung der Leistung im Gebührenverzeichnis berücksichtigt wurden. So kann zum Beispiel die Abdeckung eines Schraubkanals mit Füllmaterial bei einer Implantatkrone nicht mehr als Grund für eine Faktorsteigerung herangezogen werden, da diese jetzt Inhalt der Leistungsbeschreibung ist.

 

Dies gilt auch für Leistungen, die nach unterschiedlichen Schwierigkeiten gestuft sind (zum Beispiel Umfang bei den GOZ-Nrn. 6060 ff.), Leistungen, bei denen die Schwierigkeiten in die Leistungsbeschreibung aufgenommen sind (zum Beispiel die Gefährdung anatomischer Nachbarstrukturen in der GOZ-Nr. 3045), oder Leistungen, bei denen bestimmte Mindestzeiten vorgesehen sind (zum Beispiel beim Mundhygienestatus nach GOZ-Nr. 1000 oder der Mundhygienekontrolle nach GOZ-Nr. 1010). Die derart aufgenommenen Umstände, Schwierigkeiten oder Zeiten gelten als bei der Gebühr berücksichtigt und können nicht „nochmals“ für die Erläuterung einer Überschreitung des 2,3-fachen Gebührensatzes herangezogen werden.

 

Der neue Satz 5 in § 5 Abs. 2 GOZ stellt eine Reaktion auf die Rechtsprechung (insbesondere des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 8. November 2007) zur Anwendung des Gebührenrahmens dar. Die Frage, ob der 2,3-fache Gebührensatz die nach Schwierigkeit und Zeitaufwand durchschnittliche Leistung abbildet oder nicht, war strittig – wenngleich nach Ansicht des Bundesgerichtshofs „eine seit vielen Jahren gängige Abrechnungspraxis“. Gleichwohl vertraten einige Gerichte die Auffassung, dass sich bei durchschnittlichen Leistungen der Mittelwert innerhalb der „Regelspanne“ zu bewegen hätte. Die Neufassung des Absatzes 2 Satz 5 GOZ definiert jedoch, dass der 2,3-fache Satz die nach Schwierigkeit und Zeitaufwand durchschnittliche Leistung abbildet. Ein Überschreiten dieses Gebührensatzes ist zulässig, wenn Besonderheiten der in Satz 1 genannten Bemessungskriterien dies rechtfertigen.

Die Gebührenbemessung

Ein schematisches Bemessen ist nicht statthaft; vielmehr muss bei jeder Einzelleistung nach pflichtgemäßem Ermessen (§ 315 BGB) der jeweilige Steigerungsfaktor ermittelt werden. Das Ermessen des Zahnarztes ist gerichtlich nachprüfbar. Der 2,3-fache Satz ist eine Beweislastgrenze. Bei Überschreiten des 2,3-fachen Satzes ist dies in der Rechnung – nach wie vor – schriftlich zu begründen (§ 10 Abs. 3 Satz 1 GOZ). Gründe, die ein Überschreiten des 2,3-fachen Satzes rechtfertigen, fallen bei Bestreiten in die Beweislast des Zahnarztes. Inwieweit der neue Zusatz mit dem Hinweis „Der 2,3-fache Gebührensatz bildet die nach Schwierigkeit und Zeitaufwand durchschnittliche Leistung ab“ in Zukunft zu Auseinandersetzungen mit privaten Kostenträgern führen kann und wird, bleibt derzeit noch abzuwarten.

 

Die Begründung kann kurz und stichwortartig ausfallen und muss verständlich sein (keine Fremdwörter). Auf Verlangen des Zahlungspflichtigen ist eine bereits gegebene Begründung einmal – kostenfrei – näher zu erläutern (§ 10 Abs. 3 Satz 2 GOZ). Diese Erläuterung sollte möglichst keine weiteren Gründe „nachschieben“, sondern die bereits genannten Gründe stichhaltig erläutern. Begründen und Bemessen sind Sache des Zahnarztes. Die Begründung sollte am Behandlungsstuhl erfolgen und den Patienten mit einbeziehen. Dieser wird sich dann später an die Schwierigkeit erinnern und auch bei tariflichen Einschränkungen eher bereit sein, seinen Eigenanteil zu leisten. Die Schwierigkeit und der Zeitaufwand beziehen sich auf die jeweilige Einzelleistung. Sie können sich auch aus den Gegebenheiten des Patienten oder der Methode ergeben.

 

  • Die Systematik bei Begründungen
Bemessungskriterien …
… verbinden mit …
… den Gründen
  • die Schwierigkeit
  • der Zeitaufwand
  • die Umstände bei der Ausführung
  • die Schwierigkeit des Krankheitsfalles
  • leicht erhöhter Zeitaufwand
  • erhöhte Schwierigkeit
  • erhöhter Zeitaufwand
  • maximaler*
  • überdurchschnittlicher*
  • exorbitant hohe*
  • verhältnismäßig hoher*
  • über die Verhältnisse erhöhter*
  • weit über dem Durchschnitt liegender*
  • weil

oder

  • wegen
  • aufgrund
  • da
  • weil
  • wegen
  • in Form von
  • insbesondere weil
  • primär weil
  • primär aufgrund
  • primär wegen
  • vordergründig weil
  • personenbezogen

oder

  • methodenbezogen (jedoch teils Erstattungsproblematik mit privaten Kostenträgern)

* mit Bemessungskriterien Schwierigkeit, Zeitaufwand, Umstände bei der Ausführung, Schwierigkeit des Krankheitsfalles kombinieren

 

  • Ausführliche Begründungsbeispiele bei Implantatkronen
  • Weit überdurchschnittlicher Zeitaufwand bei schwieriger Okklusionseinstellung aufgrund der Lage des Schraubkanals zur okklusalen Fläche des Antagonisten, mehrfache Anprobe mit Änderungen der Krone wurde erforderlich
  • Maximaler Zeitaufwand wegen äußerst schwieriger prothetischer Zwischenproben
  • Weit über den Praxisdurchschnitt dauernde Implantatabformung mittels Fixierung von verschraubbaren Implantatpfosten bei reduzierter Kiefer-Öffnungshöhe
  • Erhöhte Schwierigkeit mit Zeitbedarf in Form von besonders schwieriger Fixierung des Sekundärteils im Implantat bei eingeschränktem Zugang und Einsatz eines extrem kurzen Schraubendrehers
  • Exorbitant hoher Zeitaufwand bei zeitintensiver Befestigung eines verschraubbaren Implantataufbaus okklusal und transversal mittels Madenschrauben