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01.06.2012·Recht Patient und Zahlungspflichtiger – nicht ein und dieselbe Person!

·Recht

Patient und Zahlungspflichtiger – nicht ein und dieselbe Person!

von Norman Langhoff, Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht, RBS RoeverBroennerSusat, Berlin, www.rbs-legal.de 

| Der Behandlungsvertrag wird – da eine Behandlung lege artis und nicht ein Behandlungserfolg geschuldet wird – als Dienstvertrag eingestuft. Als Vertragspartner werden gewöhnlich (Zahn)-Arzt einer- und Patient andererseits genannt. Die GOZ verwendet den Begriff des „Zahlungspflichtigen“. Diese Begriffe sind keineswegs deckungsgleich, wie nachfolgend erläutert wird. |

Abgrenzung zwischen Patient und Zahlungspflichtigem

Die Begriffe „Patient“ und „Zahlungspflichtiger“ beschreiben zwei separate Aspekte, nämlich einerseits die Definition desjenigen, den der (Zahn-)Arzt zu behandeln hat, und andererseits desjenigen, der die Behandlung zu bezahlen hat. Diese Personen sind meist identisch, müssen es aber nicht sein. Die Differenzierung entspricht geltendem Recht, wird aber zum Beispiel in der Formulierung des im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Patientenrechtegesetzes gut verdeutlicht. Der neue § 630a Abs. 1 BGB soll lauten: „Durch den Behandlungsvertrag wird derjenige, welcher die medizinische Behandlung eines Patienten zusagt (Behandelnder), zur Leistung der versprochenen Behandlung, der andere Teil (Patient) zur Gewährung der vereinbarten Vergütung verpflichtet, soweit nicht ein Dritter zur Zahlung verpflichtet ist.“

 

Im GKV-System, wo die Vergütung über die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung erfolgt, ist die Zahlungsverpflichtung eines Dritten die Regel. Bei privat Versicherten kommt eine Zahlungsverpflichtung Dritter vor allem in zwei Fallkonstellationen in Betracht: bei der Behandlung von Minderjährigen und bei der Geltendmachung des Vergütungsanspruchs gegenüber einem Ehepartner des Patienten. Aufgrund des Prinzips der Familienversicherung werden diese Problematiken im GKV-Bereich nicht virulent. Eine PKV ist nie „Dritter“ in diesem Sinn. Sowohl dem Patienten als auch sonstigen Zahlungspflichtigen steht gegenüber der PKV nur ein Kostenerstattungsanspruch zu, an dem Vertragsverhältnis zum Behandler ist die PKV nicht beteiligt.

Personen bis zur Vollendung des 7. Lebensjahres sind geschäftsunfähig und bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres beschränkt geschäftsfähig. Während Verträge mit Geschäftsunfähigen nichtig sind, stehen Verträge mit beschränkt Geschäftsfähigen unter dem Genehmigungsvorbehalt der Erziehungsberechtigten. Bis dahin sind sie „schwebend unwirksam“. Vertragspartner des (Zahn-)Arztes ist nicht der Minderjährige (sofern er nicht die Behandlung selbst bezahlt), sondern die Erziehungsberechtigten. Rechnungen sind daher auf diese auszustellen. Weitere Probleme können sich ergeben, wenn der Behandler keine Kenntnis von den familiären Verhältnissen hat (leben die Eltern getrennt, in Scheidung oder sind sie nicht verheiratet?). Eine Abklärung vor Behandlungsbeginn ist daher am sinnvollsten. Bei bestehender Ehe werden beide Elternteile Vertragspartner – auch wenn nur ein Elternteil mit dem Kind in der Praxis vorstellig wird – und sind beide zahlungspflichtig. Der stillschweigende gute Glaube des (Zahn-)Arztes an eine bestehende Ehe wird jedoch nicht geschützt. Sofern also ein allein anwesender Elternteil nicht ausdrücklich angibt, Vertragspartner seien beide Elternteile oder gar nur der abwesende Teil, hat der (Zahn-)Arzt davon auszugehen, dass nur der anwesende Teil Vertragspartner wird. Leben die Eltern getrennt oder sind sie gar nicht verheiratet, kommt der Behandlungsvertrag ebenfalls nur mit dem anwesenden Teil zustande – sodass hier nur ein Zahlungspflichtiger existiert.

 

PRAXISHINWEIS | Völlig unabhängig von der Frage der Zahlungsverpflichtung ist die Einwilligungsfähigkeit zu beurteilen, die für die Klärung der Frage maßgeblich ist, wer Aufklärungsadressat ist. Die für bestimmte Behandlungen erforderliche Einsichtsfähigkeit kann nicht pauschal bestimmt werden. Sogar bei nur relativ indizierten Eingriffen mit der Möglichkeit erheblicher Folgen für die künftige Lebensgestaltung kann einem 15 ½-jährigen Patienten ein Veto-Recht gegen die „Fremdbestimmungi“ durch die Erziehungsberechtigten zustehen, sodass auch auch dieser aufzuklären ist (BGH, 10. 10. 2006, Az: VI ZR 74/05; Abruf-Nr. 063499).

Ausnahmefall: Behandlung von Ehegatten

Gemäß § 1357 Abs. 1 BGB ist jeder Ehegatte berechtigt, Geschäfte zur Deckung des Lebensbedarfs der Familie mit Wirkung auch für den anderen Ehegatten zu besorgen. Dadurch werden beide Ehegatten Vertragspartner – es sei denn, dass sich aus den Umständen etwas anderes ergibt. Grundsätzlich kann also ein Ehegatte den anderen vertraglich mitverpflichten – sodass beide zahlungspflichtig sind. Die Ehegatten können dies zwar ausschließen, müssen den Ehevertrag dann aber im Güterrechtsregister eintragen lassen.

 

Einschränkungen des Mitverpflichtungsgrundsatzes bestehen für Behandlungen, die nicht der „angemessenen Deckung des Lebensbedarfs“ dienen, und können sich aus „anderen Umständen“ ergeben. So dienen sachlich und zeitlich nicht gebotene Behandlungen – wie zum Beispiel aufwendiger Zahnersatz – nicht der angemessenen Bedarfsdeckung (so der Bundesgerichtshof im Urteil vom 27. November 1992, Az: XII ZR 226/90). Eine Mitverpflichtung scheidet zum Beispiel aus, wenn die Behandlungskosten unter Berücksichtigung des Lebenszuschnitts die finanziellen Verhältnisse des Ehegatten weit übersteigt (BGH, a.a.O.). Der Grundsatz der Mitverpflichtung gilt nicht für getrennt lebende Ehegatten oder unverheiratete Paare. Auch hier kann Sicherheit also nur durch Klärung vor Behandlungsbeginn erlangt werden.

 

PRAXISHINWEISE | Die für die Einwilligung in eine Heilbehandlung erforderliche Aufklärung ist an den Patienten zu richten. Es ist daher nicht erforderlich, dass der Zahlungspflichtige Aufklärungsformulare unterzeichnet. Macht er dies dennoch, so folgt – allein hieraus – auch keine Zahlungsverpflichtung.

Von der GOZ abweichende Vergütungsvereinbarungen (§ 2 GOZ) sind hingegen mit dem Zahlungspflichtigen zu schließen und die betreffenden Leistungen in einem Heil- und Kostenplan mit diesem zu vereinbaren. Ihm stehen auch die Informationsansprüche gemäß §§ 9 und 10 GOZ zu.