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27.02.2018·Zahnmedizin Implantatgesunde Ernährung: Was wirklich zählt!

·Zahnmedizin

Implantatgesunde Ernährung: Was wirklich zählt!

von Nicole Graw, Lehr-Dentalhygienikerin des Fortbildungsinstituts der Zahnärztekammer Bremen

| Im Beitrag wird aufgezeigt, welche Erkenntnisse es zu einer „implantatgesunden“ Ernährung gibt und welche Empfehlungen man beachten sollte. |

Wie wirkt sich die Ernährung auf Infektionen aus?

Grundsätzlich wirkt sich die Ernährung auf parodontale und periimplantäre Infektionen aus. Daher wurde im Konsensbericht des 7. Europäischen Workshops zur Parodontologie die Bedeutung der Ernährungslenkung als Teil der Primärprophylaxe für die parodontale und allgemeine Gesundheit herausgestellt. Hier wurde empfohlen, den Patienten den regelmäßigen Verzehr von Ballaststoffen, Fischölen, Obst, Gemüse und Antioxidantien nahezulegen, um eine antiinflammatorische Wirkung zu erzielen.

 

Allerdings gibt es auch Nahrungsbestandteile, die zu proinflammatorischen Folgeerscheinungen im Parodontium beitragen und somit periimplantäre Entzündungen begünstigen können. Raffinierte Kohlenhydrate und gesättigte Fettsäuren zählen hierzu. Raffinierte Kohlenhydrate sind nicht nur die Mitverursacher von Übergewicht. Der regelmäßige Konsum führt zu einer chronischen Hyperglykämie und ruft durch die Bindung von Glukose an Proteinen die irreversible Produktion von Advanced Glycation Endproducts (AGE) hervor.

 

Diese glykatischen Endprodukte lösen erhöhte Werte von Insulin aus, was zu einem hyperinflammatorischen Zustand der Leukozyten führt. Dies wiederum bewirkt ein erhöhtes Entzündungspotenzial in verschiedenen Geweben. In diesem Mechanismus liegt die gemeinsame Ursache für Diabetes und Parodontitis. Somit ist es heute erwiesen, dass eine erhöhte Aufnahme von Kohlenhydraten nicht nur Adipositas und Diabetes, sondern auch eine Entzündung des Zahnhalteapparats fördern kann.

 

Weißbrot, Chips, Pommes Frites sowie Fast Food und zahlreiche Fertiggerichte zählen zur Gruppe der raffinierten Kohlenhydrate.

Studie: Vier Wochen auf raffinierte Kohlenhydrate verzichtet

Eine Studie von Baumgartner et al. (Titel „The impact of stone diet on gingival conditions in the absence of oral hygiene“, J Periodontol 2009; 80: 759-768) zeigte an einem Kollektiv von zehn Patienten, die sich vier Wochen unter Steinzeitbedingungen aufhielten und u. a. auf raffinierte Kohlenhydrate verzichteten, folgendes Resultat: Trotz Wegfall der Mundhygiene und somit einer erhöhten Plaqueakkumulation kam es zu einer Reduktion des BOP (Bleeding on probing) von 34,8 auf 12,6 Prozent. Das Protokoll der experimentellen Gingivitis nach Löe et al. bei einer Restriktion von raffinierten Kohlenhydraten könnte somit ungültig sein.

 

Auch Zucker, Mono- und Disaccharide zeigten einen signifikanten proinflammatorischen Einfluss auf die Gingiva und somit auf periimplantäre Gewebe. Bereits ein täglicher Zuckerkonsum von 45 Gramm hatte dies begünstigt.

Gesättigte Fettsäuren: die ungesunden Fette

Gesättigte Fettsäuren finden sich in allen tierischen Lebensmitteln ‒ wie Butter, Fleisch und Wurstwaren. Zudem sind sie Bestandteil pflanzlicher, fester Fette. In diese Kategorie fallen auch Kokosfett oder andere gehärtete Pflanzenöle, die fast immer in Süßwaren oder Gebäck anzutreffen sind. Fertiggerichte und Fastfood strotzen geradezu vor gesättigten Fettsäuren. Gesättigte Fettsäuren haben ebenso eine proinflammatorische sowie gefäßverengende Wirkung auf periimplantäre Gewebe. Ungesättigte Fettsäuren hingegen bestechen durch positive antiinflammatorische Eigenschaften. So konnte in einigen Studien gezeigt werden, dass durch den regelmäßigen Konsum ungesättigter Fettsäuren der ST-Index sowie GI-Index im Zuge einer Periimplantitistherapie reduziert werden konnte.

Die Bedeutung von Antioxidantien in der Parodontologie

Bei oxidativem Stress ist die Balance zwischen Oxidantien und Antioxidantien verschoben. Entzündungen ‒ wie eine Parodontitis ‒ führen im Rahmen der Abwehrvorgänge zu oxidativem Stress mit der Entstehung freier Radikaler und somit zu Schäden auf Gewebeebene. Frisches Obst und Gemüse zählen zu den Lebensmitteln mit einem hohen Vorkommen natürlicher Antioxidantien.

Niedriger Vitamin-C-Spiegel: höheres Risiko für Parodontitis

Wissenschaftliche Untersuchungen belegen, dass ein niedriger Vitamin-C-Spiegel das Risiko für Parodontitis erhöht. Die Infektion erfordert im Körper eine ständige Abwehrreaktion, für die Vitamin C benötigt wird. Außerdem fördert Vitamin C die Gewebserneuerung und reduziert den Knochenabbau. Deshalb sollten Patienten mit Parodontitis oder Periimplantitis Nahrungsmittel mit einem hohen Vitamin-C-Gehalt in ihren Speiseplan einbinden. Daneben unterstützen auch die Vitamine A, D und E das Immunsystem. Ein Mangel an Vitamin A bewirkt eine Austrocknung der Mundschleimhäute, wodurch sich die pathogenen Bakterien besonders gut vermehren können.

Proteinmangel: Grund für Periimplantitis und Implantatverlust?

Der tägliche Konsum von Ballaststoffen reduziert parodontale Erkrankungen. Das gingivale Gewebe hat eine sehr hohe „Turn-over-Rate“. Um dies aufrechterhalten zu können, sind Proteine unabdingbar. Ein Proteinmangel kann ein Grund für eine Periimplantitis und somit Implantatverlust sein. Einige Studien haben den Zusammenhang zwischen Vitamin D und Kalzium mit Gingivitis und Parodontitis in Verbindung gebracht. Es wurde beispielsweise bei Menschen mit kontinuierlichem Milchkonsum ein reduziertes Periimplantitis-Risiko festgestellt. Ein Vitamin-B-12-Mangel hingegen ist mit einer erhöhten Prävalenz von Periimplantitis und periimplantärer Mukositis assoziiert und kann oftmals bei Veganern sowie Vegetariern beobachtet werden.