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11.08.2011·Hygiene in der implantologischen Praxis, Teil 1 Die Aufbereitung von Medizinprodukten und die Dokumentation der Hygienemaßnahmen

·Hygiene in der implantologischen Praxis, Teil 1

Die Aufbereitung von Medizinprodukten und die Dokumentation der Hygienemaßnahmen

von Sandra Steverding und Vera Koller, Schulungen und Seminare für Zahnärzte und Zahnmedizinisches Fachpersonal, Wimsheim

| Um Infektionen vorzubeugen, ist die sachgerechte Aufbereitung von Medizinprodukten und deren Dokumentation ein wichtiger Bestandteil der täglichen Praxishygiene. Damit befassen wir uns in diesem Beitrag. |

 

Mit der Aufbereitung von Medizinprodukten dürfen nur Personen betraut werden, die aufgrund ihrer Ausbildung und praktischen Tätigkeit über die erforderlichen speziellen Sachkenntnisse verfügen (§ 4 Abschnitt 3 MPBetreibV). Ohne Nachweis einer Ausbildung zur Zahnmedizinischen Fachangestellten ist eine fachspezifische Fortbildung (Fachkunde I) erforderlich.

Die Einteilung der Medizinprodukte in Risikoklassen

Alle zur Wiederverwendung kommenden Instrumente müssen vor der Aufbereitung in Risikoklassen eingeteilt werden. Diese sind:

 

  • unkritische Medizinprodukte (Medizinprodukte, die lediglich mit intakter Haut in Berührung kommen),
  • semikritische Medizinprodukte A/B (Medizinprodukte, die mit Schleimhaut oder krankhaft veränderter Haut in Berührung kommen),
  • kritische Medizinprodukte A/B (Medizinprodukte zur Anwendung von Blut, Blutprodukten und anderen sterilen Arzneimitteln und Medizinprodukten, die die Haut oder Schleimhaut durchdringen und dabei in Kontakt mit Blut, inneren Geweben oder Organen kommen, einschließlich Wunden).

 

Die Unterscheidung A/B bezieht sich auf A (ohne besondere Anforderungen an die Aufbereitung) und B (mit erhöhten Anforderungen). Eine Zuordnung der Medizinprodukte in der Zahnarztpraxis zu den Risikoklassen können Sie dem Online-Service (www.iww.de), Rubrik „Praxisorganisation“, entnehmen.

 

Für jedes Medizinprodukt muss vor der Aufbereitung schriftlich festgelegt werden, ob, wie oft und mit welchem Verfahren aufbereitet werden soll. Bei der maximal möglichen Anzahl der Anwendung bzw. Aufbereitung muss eine schriftliche Dokumentation erfolgen (Implantatbohrer, Endo-Nadeln). Die korrekte Einstufung der Medizinprodukte obliegt der Verantwortung des Praxisinhabers. Die Angaben der Hersteller sind dabei zu berücksichtigen.

 

  • Unkritische Medizinprodukte zum Beispiel: Handspiegel, Blutdruckmanschette, Serviettenkettchen, Zahnfarbenring, Zementgläser, Polymerisationslampen, Registriergeräte (Gesichtsbogen und Zubehör)
  • Semikritisch A zum Beispiel: Abformlöffel, Amalgamstopfer, Bissgabel, Fotohaken, Exkavatoren, Glas- und Silikonanrührplatten, Heidemannspatel, Mundspiegel, Pinzette, Sonde
  • Semikritisch B zum Beispiel: Ansatz für Mehrfunktionsspritze, Ansätze des Ultraschallgerätes, Übertragungsinstrumente für Kons./Prothetik
  • Kritisch A zum Beispiel: Elevatoren, Knochenspreizer, Kieferhöhlenknopfsonden, Küretten universal/spezial, Wundhaken, Parodontometer, Osteotome, Parallelisierungspfosten, chirurgische Pinzette, Skalpellhalter
  • Kritisch B zum Beispiel: Drehmomentratsche (Chirurgie), Ansätze für Piezo-Surgery, Bohrerverlängerung, Implantatbohrer, Spülkanülen, Knochenfilter, Knochenmühle, Lentulo, Trepanbohrer

 

Für die Instrumente, die während einer Implantation zum Einsatz kommen, heißt dies in der Regel die Einteilung in die Risikogruppe „kritisch A“ oder „kritisch B“. In diesem Fall ist die maschinelle Aufbereitung im Thermodesinfektor der manuellen Aufbereitung vorzuziehen.

Was bei der Sterilisierung zu beachten ist

Nach der Reinigung und Desinfektion folgt die Verpackung und im Anschluss die Sterilisation in einem Sterilisator. Werden Instrumente der Kategorie „kritisch B“ sterilisiert, muss eine Chargenkontrolle bei jedem Sterilisationszyklus mitgeführt werden. Bei der Sterilisation von Instrumenten der Kategorie „kritisch A“ ist ein Prozessindikator (Klasse 5 ISO 11114) zu verwenden. 

 

Alle Medizinprodukte der Risikoklasse kritisch A/B müssen steril verpackt werden. Die Sterilverpackung muss die Sterilität bei entsprechender Lagerung bis zur Anwendung gewährleisten. Zwischen folgenden Möglichkeiten kann gewählt werden: Klarsichtverpackungen aus Papier und Kunststofffolie, Sterilgutbehälter oder auch Sterilgutcontainer sowie Sterilisationspapier.

 

Eine Kennzeichnung der jeweils sterilisierten Instrumente ist unumgänglich. Dabei müssen Daten zur Lagerfrist oder das jeweilige Sterilisierdatum, die Chargennummer und der Inhalt ersichtlich sein. Im Anschluss an die Sterilisation erfolgt die Freigabe. Auch hier muss eine Dokumentation vorliegen. Ob diese individuell schriftlich oder mithilfe eines elektronischen Programms geschieht, entscheidet der Praxisinhaber. Geschieht dies elektronisch, dann muss gewährleistet sein, dass das benutzte EDV-Programm durch die freigabeberechtigte Person passwortgeschützt benutzt werden kann. Die Mitarbeiterinnen, die in der Praxis zur Freigabe berechtigt sind, müssen schriftlich benannt werden. Auch hier ist die einzelne Qualifikation zu berücksichtigen.

Die Dokumentation der Hygienemaßnahmen

Bei der Dokumentation sind die gesetzlichen Anforderungen zu beachten.

 

1. Der Hygieneplan

Voraussetzung für eine gut strukturierte implantologische Praxis ist ein individueller Hygieneplan. Wichtig ist hierbei, dass dieser spezifisch für die Praxis ausgearbeitete Hygieneplan ständig aktualisiert wird. Empfohlen wird der Hygieneplan der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und des Deutschen Arbeitskreises für Hygiene in der Zahnarztpraxis (DAHZ) sowie für das Bundesland Bayern der Hygieneplan der Bayerischen Landeszahnärztekammer.

 

Ein wesentlicher Bestandteil ist der Bereich der Händehygiene. Im Hygieneplan ist festzuhalten, mit welchem Präparat wann und wie das Waschen der Hände erfolgen muss. Dann erfolgt die Händedesinfektion. Dabei ist zwischen hygienischer und chirurgischer Händedesinfektion zu unterscheiden. Hierbei ist zu beachten, dass das derzeitig benutzte Präparat für die Händedesinfektion aus einem geeigneten Spender – mit Armbetätigung – entnommen wird. Die Dokumentation verlangt zusätzlich die Dosierung und Einwirkzeit. 

 

Bei umfangreichen chirurgischen bzw. oralchirurgischen Eingriffen – wie Implantationen, Sinuslift-Operationen, Wurzelspitzenresektion und der Transplantation von Knochen oder Bindegewebe – ist die chirugische Händedesinfektion erforderlich. Kontrovers diskutiert wird immer wieder das Umfüllen von Desinfektionsmitteln. Viele Bundesländer erlauben nur das Umfüllen von Desinfektionsmitteln für die hygienische Händesdesinfektion – und das auch nur unter der Einhaltung der folgenden Hygiene-Richtlinien:

 

  • Eine vollständige Entleerung, Reinigung und Desinfektion der kleinen Gebrauchsbehältnisse ist erforderlich.
  • Das Umfüllen der Desinfektionsmittel muss durch ausgebildetes Personal unter Einhaltung der persönlichen Schutzmaßnahmen erfolgen.
  • Nach dem Umfüllen müssen der Produktname des Desinfektionsmittels, eventuell das Gefahrstoffsymbol und das Verfallsdatum des Originalkanisters auf die kleineren Gebrauchsbehältnisse übertragen werden.

 

Für die chirurgische Händedesinfektion darf Desinfektionsmittel nur aus Behältnissen entnommen werden, die wegen möglicher Verkeimungsgefahr nicht nachgefüllt wurden.

 

2. Die Verantwortlichkeiten

Die Verantwortlichkeiten müssen in der Zahnarztpraxis verteilt werden. Dieses kann anhand eines geeigneten EDV- Programms gesteuert werden, aber es werden auch selbst erstellte Dokumente akzeptiert. Die jeweiligen Mitarbeiter müssen für die Aufgabe qualifiziert sein. Durch eine entsprechende Auflistung kann einfach und schnell sichergestellt werden, dass der Arbeitsalltag auch im Krankheitsfall organisatorisch gewährleistet ist.

 

3. Unterweisung

Zwingend erforderlich ist die jährliche Unterweisung der Mitarbeiter. Dabei ist zu beachten, dass minderjährige Mitarbeiter(innen) diese Unterweisung zweimal im Jahr benötigen. Eine schriftliche Dokumentation ist erforderlich.

 

4. Bestandsverzeichnis für aktive, nicht implantierbare Medizinprodukte

Als aktive Medizinprodukte werden alle unter Strom laufenden Medizinprodukte bezeichnet. Diese müssen in ein Bestandsverzeichnis aufgenommen werden. Folgende Angaben sollten enthalten sein: Name und/oder Hersteller; Bezeichnung, Art und Typ; Seriennummer; Anschaffungsjahr; CE-Kennzeichnung; Standort im Betrieb; Kontroll- und Wartungsfristen.

 

Weiterführender Hinweis

  • In Folgebeiträgen geben wir Ihnen Hinweise zu den Räumlichkeiten und zur Validierung.