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04.09.2018·Recht Reklamationen von Patienten bei „Verschleißteilen“: So ist die Rechtslage

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Reklamationen von Patienten bei „Verschleißteilen“: So ist die Rechtslage

| Das Gesetz kennt keine „Verschleißteile“. Entscheidend für die Mängelhaftung ist, ob ein auftretender Mangel bereits bei Gefahrübergang ‒ in der Regel also bei der Übergabe ‒ vorhanden war. Normale Abnutzung dagegen beruht nicht auf einem Mangel, sodass insofern keine Ansprüche bestehen. PI erläutert im Beitrag die Varianten und rechtlichen Hintergründe. |

Gibt es auf Verschleißteile Gewährleistung?

Verschleißteile führen bei Reklamationen von Patienten häufig zu Streitigkeiten. Teilweise hält sich hartnäckig das Gerücht, die Gewährleistung gelte überhaupt nicht für Verschleißteile. Welche Rechte haben Patienten tatsächlich?

 

Für Verschleißteile darf die Gewährleistung nicht pauschal ausgeschlossen werden ‒ nach dem Motto: „Zwei Jahre Gewähr für die Implantat-Prothese, aber nicht für die Nyloneinsätze in den Prothesenmatrizen“. Ausgenommen ist lediglich die übliche Abnutzung. Die gesetzlichen Vorschriften über die Gewährleistung enthalten keine Unterscheidung von Verschleißteilen und sonstigen Teilen. Tritt ein Mangel an einem Verschleißteil auf, kann es allerdings sein, dass letztlich gar kein Fall der Gewährleistung vorliegt (Informationen zur Gewährleistung finden Sie in PI 02/2017, Seite 15 ff.).

 

In § 434 BGB heißt es zum Sachmangel:

 

  • § 434 BGB Sachmangel

(1) Die Sache ist frei von Sachmängeln, wenn sie bei Gefahrübergang die vereinbarte Beschaffenheit hat. Soweit die Beschaffenheit nicht vereinbart ist, ist die Sache frei von Sachmängeln, 1. wenn sie sich für die nach dem Vertrag vorausgesetzte Verwendung eignet, sonst 2., wenn sie sich für die gewöhnliche Verwendung eignet und eine Beschaffenheit aufweist, die bei Sachen der gleichen Art üblich ist und die der Käufer nach der Art der Sache erwarten kann.

 

Zur Beschaffenheit nach Satz 2 Nr. 2 gehören auch Eigenschaften, die der Käufer nach den öffentlichen Äußerungen des Verkäufers, des Herstellers (§ 4 Abs. 1 und 2 des Produkthaftungsgesetzes) oder seines Gehilfen insbesondere in der Werbung oder bei der Kennzeichnung über bestimmte Eigenschaften der Sache erwarten kann ‒ es sei denn, dass der Verkäufer die Äußerung nicht kannte und auch nicht kennen musste, dass sie im Zeitpunkt des Vertragsschlusses in gleichwertiger Weise berichtigt war oder dass sie die Kaufentscheidung nicht beeinflussen konnte.

 

(2) Ein Sachmangel ist auch dann gegeben, wenn die vereinbarte Montage durch den Verkäufer oder dessen Erfüllungsgehilfen unsachgemäß durchgeführt worden ist. Ein Sachmangel liegt bei einer zur Montage bestimmten Sache ferner vor, wenn die Montageanleitung mangelhaft ist ‒ es sei denn, die Sache ist fehlerfrei montiert worden.

 

Wann liegt bei Verschleißteilen keine Gewährleistung vor?

Um dies zu verstehen, muss man sich den Umfang der gesetzlichen Gewährleistung ansehen. Die gesetzliche Gewährleistung entspricht nicht einer Haltbarkeitsgarantie; diese sind strikt voneinander zu trennen. Der Zahnarzt schuldet im Rahmen der gesetzlichen Gewährleistung nur die Lieferung einer mangelfreien Sache. Das ergibt sich aus § 433 Abs. 1 S. 2 BGB: „Der Verkäufer (hier Zahnarzt) hat dem Käufer (hier Patient) die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen.“

 

Die Ansprüche aus der gesetzlichen Gewährleistung verjähren regelmäßig nach zwei Jahren. Der Zahnarzt haftet aber nicht pauschal dafür, dass die Kaufsache so lange „hält“. Bei Verschleißteilen ‒ wie z. B. Nyloneinsätze in der Locator- oder Novaloc-Matrize, Titanfederring in der Kugelanker-Matrize ‒ kommt es vielmehr auf die Frage der „Mangelhaftigkeit“ selbst an.

Liegt ein Mangel vor oder ist es ein normaler Verschleiß?

Normaler Verschleiß zeichnet sich dadurch aus, dass ein Teil defekt wird, der Defekt aber für das Alter und die Nutzung der Sache typisch ist. Handelt es sich um normalen Verschleiß, treffen den Zahnarzt insoweit keine Gewährleistungspflichten. Er muss bei normalem Verschleiß daher keine neuen Produkte liefern bzw. diese reparieren. Das gilt auch, wenn Patienten ihren Zahnersatz fehlerhaft eingliedern oder die Friktion mit unsachgemäßen Hilfsmitteln wiederherzustellen versuchen.

 

Es kommt also auf die markt- und produktübliche Haltbarkeit des Verschleißteils an. Normaler Verschleiß stellt keinen Sachmangel dar. Geht er allerdings über das Maß hinaus, was bei einem Produkt in diesem Alter und mit dieser Tragedauer normalerweise üblich ist, kann ein Sachmangel vorliegen. Die Abgrenzung zwischen einem echten Sachmangel und einem normalen Verschleiß ist oft nicht abschließend möglich. Dafür muss dann das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt werden.

Entspricht die gesetzliche Gewährleistung der Garantie?

Die Regeln gelten für die gesetzliche Gewährleistung ‒ also für den Fall, dass die Ware nicht in Ordnung ist. Etwas anderes sind Garantien, die viele Hersteller darüber hinaus anbieten. Oft verwechseln das die Patienten. Gewährleistung ist die zwingende gesetzliche Pflicht. Die Garantie ist eine Kulanzvereinbarung, z. B. eine Verlängerung der Frist auf drei Jahre. Mitunter heißt es in der Werbung plakativ: „Zwei Jahre Herstellergarantie.“ Das klingt nach einer besonderen Leistung, obwohl es nichts anderes ist als das, was das Gesetz ohnehin vorschreibt.

Freiwillige Garantie oder Gewährleistungspflicht verlängern?

An eine freiwillige Garantie oder eine Verlängerung der Gewährleistungspflicht ‒ z. B. im Rahmen von Zahnersatz ‒ darf der Zahnarzt Bedingungen knüpfen. Die Kosten hierfür müssen transparent und verständlich sein und dem Patienten die Vorteile verdeutlicht werden.

 

Weiterführender Hinweis

  • Was bei der verlängerten Gewährleistung zu beachten ist und wie ein Vertragsmuster dazu aussieht, finden Sie in PI 06/2014, Seite 7 ff.