AbrechnungZahnmedizin

Unterkieferprotrusionsschiene künftig Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung

Die Unterkieferprotrusionsschiene als Zweitlinientherapie zur Behandlung von obstruktiver Schlafapnoe ist künftig Bestandteil der vertragsärztlichen Versorgung. Einen entsprechenden Beschluss hat der Gemeinsame Bundesauschuss G-BA gefasst. Danach verhandeln (Zahn)Ärzte und Krankenkassen die Höhe der (zahn)ärztlichen Vergütung, auch auf Grundlage einer noch zu entwickelnden Regelung in einer Richtlinie im vertragszahnärztlichen Bereich. Die Unterkiefer-Protrusionsschiene kann als vertragsärztliche Leistung verordnet werden, wenn die Abrechnungsziffern vorliegen.Die Unterkieferprotrusionsschiene ist eine wichtige Therapieoption zur Behandlung der Volkskrankheit obstruktive Schlafapnoe, also der schlafbezogenen Atemstörung, bei der es während des Schlafs wiederholt zur Verringerung oder dem kompletten Aussetzen der Atmung durch eine Verengung des Rachenraums kommt. Die Regelung, dass nur zahntechnisch individuell angefertigte und adjustierbare Schienen die Anforderungskriterien für eine funktionierende Schienentherapie erfüllen, wird von der KZBV aufgrund der klaren Evidenzlage als folgerichtig begrüßt.

Die Therapie mit einer individuell hergestellten Unterkieferprotrusionsschiene ist künftig auf Grundlage einer vertragsärztlichen Indikationsstellung als sogenannte Zweitlinientherapie für leichte, mittelgradige und schwere Schlafapnoe vorgesehen.

Nach Ausschluss zahnmedizinischer Kontraindikationen verantworten Vertragszahnärztinnen und Vertragszahnärzte die Anfertigung und Anpassung der Schiene. Diese Anpassung erfolgt in enger Abstimmung mit den verordnenden Vertragsärztinnen und Vertragsärzten. Auf Grundlage des G-BA-Beschlusses sind im Anschluss noch Beratungen zur Ausgestaltung der korrespondierenden vertragszahnärztlichen Vorgaben notwendig.

Hintergrund: Die Unterkieferprotrusionsschiene

Die Unterkiefer-Protrusionsschiene wird für die Betroffenen zahntechnisch individuell angefertigt. Die zweiteilige verstellbare Schiene wird während des Schlafens auf den Zähnen getragen. Die Unterkieferprotrusionsschiene besteht jeweils aus einer transparenten Schiene für den Ober- und den Unterkiefer. Beide Schienen sind durch seitlich angebrachte Stege miteinander verbunden. Dies bewirkt, dass der Unterkiefer in Position gehalten oder nach vorne gezogen und damit einer Verengung der Atemwege entgegengewirkt wird. Das Gewebe, an dem die Zunge im Mundraum angewachsen ist, wird gespannt und die Zunge nach vorne gezogen. Die Muskeln bleiben stabil und die Atemwege offen.Die Geschwindigkeit der Atemluft nimmt ab und damit das geräuschbildende Flattern der Weichteile, umgangssprachlich „Schnarchen“ genannt. Kieferbewegungen sind mit dieser Art von Schienen während der Schlafphase möglich.

Medizinischer Hintergrund der obstruktiven Schlafapnoe

Die obstruktive Schlafapnoe ist die häufigste Form von Atmungsstörungen beim Schlafen. Es gibt viele verschiedene Ursachen und Risikofaktoren für sie. Neben starkem Übergewicht spielen auch anatomische Besonderheiten im Mund- und Rachenraum häufig eine Rolle. Die Wahrscheinlichkeit, an einer obstruktiven Schlafapnoe zu erkranken, nimmt ab dem 45. Lebensjahr stetig zu.

Auslöser der Atemaussetzer ist, dass sich bei den Betroffenen der Rachenbereich während des Schlafens verengt, was bei ca. 95 Prozent der Betroffenen auch mit einem lauten Schnarchen verbunden ist. Der Atem verflacht. Kommt es sogar zu einem kurzzeitigen kompletten Verschluss, setzt der Atem vollständig aus. Dauert dieser Vorgang länger als zehn Sekunden, spricht man von einer Apnoe. Mit dem flachen Atem oder dem Atemaussetzen geht eine geringere Sauerstoffversorgung einher. Puls und Blutdruck sinken. Erst wenn das Atemzentrum im Gehirn einen Reiz auslöst, wachen die Betroffenen kurz auf, teilweise ohne es bewusst zu merken, das Herz schlägt wieder schneller und der Blutdruck steigt. Treten solche Aufweckepisoden häufig auf, kommen Betroffene nicht mehr in die erholsame Tiefschlafphase.

Als Folge sind viele Menschen mit einer Schlafapnoe tagsüber schläfrig und weniger leistungsfähig, wodurch beispielsweise auch die Unfallgefahr im Straßenverkehr steigt. Eine unbehandelte Schlafapnoe wird zudem mit Bluthochdruck, Herzinfarkt und Schlaganfall in Verbindung gebracht.

Therapie hängt vom Schweregrad ab

Die Therapie der obstruktiven Schlafapnoe hängt u. a. vom jeweiligen Schweregrad ab. Können bei leichten Erkrankungen Gewichtsreduktion und eine andere Schlafposition helfen, greift man bei zunehmendem Schweregrad auf eine Überdrucktherapie als Standard zurück. Dabei wird über eine Atemmaske beim Schlafen ein Überdruck erzeugt, der die Atemwege offenhält. Führt die Überdrucktherapie nicht zum Behandlungserfolg, ist zukünftig auch die Unterkiefer-Protrusionsschiene zulasten der gesetzlichen Krankenversicherung einsetzbar.