Recht

Arzt darf in Werbung mit Fachaussagen zitiert werden – auch ohne seine Zustimmung

Ein Arzt, der sich mit Fachaussagen an die Öffentlichkeit begibt, darf in einer Werbeanzeige damit zitiert werden. Allerdings darf dabei nicht der Eindruck erweckt werden, dass es sich um bezahlte Äußerungen handelt.

Geklagt hatte der Ärztliche Direktor eines Klinikums aus Köln, der 2019 an einer Pressekonferenz zum Thema Reizdarmsyndrom teilgenommen hatte. Seine als „Statement“ bezeichneten Äußerungen waren Teil einer Pressemappe, die zusammen im Internet frei abrufbar war.

Äußerungen eines Mediziners in informierender Werbung zitiert

Ein Medikamentenhersteller, der Probiotika, Medizinprodukte und Enzympräparate vertreibt, hatte danach Aussagen aus dem Statement des Mediziners ohne dessen Wissen in einer Werbeanzeige für ein Mittel gegen Reizdarmsyndrom verwendet. Daraufhin hatte Arzt das Unternehmen auf Schadenersatz verklagt, war damit jedoch in erster wie auch zweiter Instanz gescheitert. Der BGH wies die Revision des Klägers zurück und bestätigte das Urteil des Oberlandesgerichts Köln.

Kein unbefugter Namensgebrauch

„Die Verwendung eines fremden Namens zu Werbezwecken kann insbesondere dann gerechtfertigt sein, wenn der Werbende damit nicht allein sein Geschäftsinteresse befriedigen will, sondern auch ein schützenswertes Informationsinteresse der Allgemeinheit bedient“, heißt es in der Urteilsbegründung. Der Arzt werde nur mit fachlichen Aussagen zitiert, und sein Name werde nicht besonders hervorgehoben. Die Anzeige erwecke nicht den Anschein, dass der Kläger eine Empfehlung für das beworbene Produkt ausspreche.

Die Nennung seines Namens und seiner beruflichen Tätigkeit erfolge nur im Zusammenhang mit den Zitaten zum Thema Krankheit und Diagnostik und ohne konkreten Bezug zur Indikation einer probiotischen Behandlung sowie zum Produkt der Beklagten. Der Leser gelange möglicherweise zu der Vorstellung, dass der Kläger einen solchen Therapieansatz für zweckdienlich halte. Mit Blick auf die Werbebotschaft erscheine der Arzt aber wie ein außenstehender Dritter, der – sei es auch unterstützend – mit seiner Fachmeinung zitiert worden sei.

Verwendung eines fremden Namens zu Werbezwecken kann gerechtfertigt sein

Bei einer umfassenden Interessenabwägung überwiegen die Interessen des Unternehmens,so die Richter. Die Anzeige diene einem schutzwürdigen Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Zwar liege in gewisser Weise eine Aufmerksamkeitswerbung vor, weil die Betonung der herausgehobenen Stellung des Klägers dem durchschnittlichen Leser ein Bild von dessen besonderer Fachkompetenz vermittle. Es könne jedoch nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger mit seinem guten Namen für das Produkt einstehe oder automatisch damit in Zusammenhang gebracht werde.

[!] Ein Arzt, der sich mit Fachaussagen selbst in die Öffentlichkeit begeben hat, muss eine Bezugnahme auf diese Fachaussagen in einer Werbeanzeige im Regelfall hinnehmen, soweit er mit den ihm zugeschriebenen Fachaussagen zutreffend zitiert wird und ihn der Durchschnittsleser nicht in einen Zusammenhang mit dem beworbenen Produkt bringt, indem dieser etwa von „bezahlten“ Äußerungen oder sonstigen geschäftlichen Verbindungen ausginge.

Bundesgerichtshof, 28.07.2022 – I ZR 171/21