Recht

Knapp 25.000 Euro im Monat? Keine Erstattung von Mutterschutzlohn für stillende Zahnärztin

Eine Arbeitnehmerin, die ihr Kind über das erste Lebensjahr hinaus weiterhin stillt und deswegen nicht arbeitet, hat jedenfalls dann keinen Anspruch auf Mutterschutzlohn, wenn kein ärztlich attestiertes Beschäftigungsverbot für die Stillzeit vorliegt.

Eine Zahnarztpraxis für ästhetische Zahnheilkunde in Frankfurt/M. fordert von der gesetzlichen Krankenkasse einer angestellten Zahnärztin die Erstattung von knapp 200.000 Euro für die Zahlung eines monatlichen Mutterschutzlohnes in Höhe von fast 25.000 Euro seit März 2020, da die Arbeitnehmerin ihr im März 2019 geborenes Kind über das erste Lebensjahr hinaus weiterhin stille und daher nicht beschäftigt werden dürfe.

Die Krankenkasse lehnt eine Erstattung ab, da das Mutterschutzgesetz einen Schutz der stillenden Frau durch Gewährung von Stillpausen nur innerhalb der ersten zwölf Monate nach der Geburt vorsehe.

Das Sozialgericht hat den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Nach Auffassung des Gerichts fehlt der Nachweis über ein Beschäftigungsverbot für die Stillzeit. Die Arbeitnehmerin habe kein ärztliches Attest über den konkreten Stillumfang sowie etwaige, von ihrer Arbeit als Zahnärztin ausgehende, gesundheitliche Gefährdungen vorlegen können. Auch mit der vom Sozialgericht angeforderten eidesstattlichen Versicherung habe sie keine konkreten Stillzeiten während ihrer Arbeitszeit glaubhaft machen können, zumal ihr Kind tagsüber in einer Kindertagesstätte betreut werde.

Die Praxis habe nicht nachweisen können, dass eine Umgestaltung der Arbeitsbedingungen zur Vermeidung von gesundheitlichen Gefährdungen der Arbeitnehmerin nicht möglich oder aufgrund unverhältnismäßigen Aufwandes unzumutbar sei. Weshalb ein Arbeitgeber die Nichterbringung der vertraglich geschuldeten Arbeitsleistung bei gleichzeitiger Fortzahlung eines derart hohen Entgeltes ohne Weiteres akzeptiert, erschloss sich dem Sozialgericht in keiner Weise.

Darüber hinaus scheidet eine einstweilige Anordnung für Zeiträume, die vor Antragstellung bei Gericht liegen, regelmäßig aus: Eine dringende Notlage, die eine sofortige Entscheidung erfordere, sei für vergangene Zeiträume nicht gegeben. Eine Gefährdung der Existenz könne rückwirkend nicht behoben werden. Ferner sei der pauschale Hinweis der Praxis auf eine bestehende oder drohende wirtschaftliche Notlage auch in Pandemiezeiten nicht ausreichend, um die Eilbedürftigkeit glaubhaft zu machen.

Sozialgericht Frankfurt, 24.11.2020 – S 34 KR 2391/20 ER
Mitteilung des SG Frankfurt Nr. 1/2021 v. 07.01.2021