Uncategorized

27.04.2018·Recht Aufklärung über zahnmedizinische Therapie bei ausländischen Patienten: Was ist zu beachten?

·Recht

Aufklärung über zahnmedizinische Therapie bei ausländischen Patienten: Was ist zu beachten?

| Im Praxisalltag haben die Zahnärzte immer wieder das Problem, dass der Patient aufgeklärt werden muss. Doch was gilt, wenn Patienten der deutschen Sprache nicht mächtig sind? |

Informationen in ausländischer Sprache erhältlich

Anamnesebögen sind bereits seit einigen Jahren in verschiedenen Sprachen erhältlich. Bei der KZBV finden Sie beispielsweise in der Rubrik „Zahnbehandlung bei Asylbewerbern“ unter „Fremdsprachige Formulare“ Patienteninformationen, Anamnesebögen und Fragebögen für Notfallbehandlungen in unterschiedlichen Sprachen sowie weiterführende Literatur.

Die Aufklärung

Wie können bei Sprachbarrieren eine ärztliche Aufklärung und eine wirksame Einwilligung erfolgen? Wird der Patient nicht ordnungsgemäß aufgeklärt, führt das zu rechtlichen Konsequenzen, was selbst bei deutschsprachigen Patienten oftmals zu Haftungsprozessen führt. Ohne ordnungsgemäße Aufklärung besteht keine wirksam erklärte Einwilligung in die Behandlung. Seit dem Inkrafttreten des Patientenrechtegesetzes am 26.02.2013 sind die Grundsätze zur Aufklärungspflicht im § 630e BGB verankert.

Die Sprachbarriere

Was unternimmt der Zahnarzt, wenn der Patient die Aufklärung in deutscher Sprache nicht versteht? Kann er sich auf einen Dolmetscher verlassen? Grundsätzlich ist der Zahnarzt nicht verpflichtet, einen Dolmetscher oder eine andere sprachkundige Person auf seine Kosten oder im Allgemeinen einzubinden. Der Patient ist dafür verantwortlich, weil er sich in Behandlung begeben möchte. Versteht der Patient die Aufklärung nicht, so ist ‒ bis auf Notfallsituationen ‒ von einer Behandlung abzuraten.

 

Es gilt zu klären, ob oder inwieweit fremdsprachige Patienten der deutschen Sprache mächtig sind ‒ unabhängig davon, ob diese allein und mit einer Begleitperson in der Praxis erscheinen. Nur durch Fragen und Prüfung auf die Verständlichkeit lässt sich ermessen, ob eine rechtssichere Aufklärung erfolgen kann oder nicht. Oft fungiert eine Mitarbeiterin aus dem Praxisteam als Dolmetscher, wenn sie die Sprache ‒ ggf. als Muttersprache ‒ beherrscht.

Die Rechtsprechung

Nach einem Rechtsverfahren vor dem Oberlandesgericht (OLG) Köln vom 09.12.2015 (Az. 5 U 184/14) ist ein Arzt verpflichtet, sich davon zu überzeugen, dass ein nicht Deutsch sprechender Patient die Aufklärung tatsächlich verstanden hat. Das Gericht entschied, dass der Arzt eine weitreichende Überprüfungspflicht hat. So muss er sich einen ungefähren Eindruck von den sprachlichen Fähigkeiten des Übersetzers verschaffen. Anschließend muss er durch eigene Beobachtung feststellen, dass dem Patienten alles übersetzt wird. Aus der Länge des Übersetzungsvorgangs muss er den Schluss ziehen können, ob eine vollständige Übersetzung vorliegt. Abschließend muss er sich durch Rückfrage an den Patienten einen Eindruck davon verschaffen, ob dieser die Aufklärung auch tatsächlich verstanden hat.

 

Hat der aufklärende Arzt Zweifel, so ist er gehalten, sich der Hilfe eines professionellen Dolmetschers zu bedienen, von dessen ausreichenden Sprachfähigkeiten er hinreichend sicher ausgehen kann. Nach Einschätzung des Gerichts stufte die Ehefrau des Patienten offenbar aus prozesstaktischen Erwägungen ihre Sprachkenntnisse deutlich geringer ein, als sie in Wirklichkeit waren. Aus dieser Perspektive ist ein Familienangehöriger oder Bekannter eher nicht als Dolmetscher geeignet.

 

Der Zahnarzt darf erst dann mit der Behandlung beginnen, wenn der Patient wirksam eingewilligt hat. Die Kosten für den ggf. notwendigen Übersetzer hat der Patient zu tragen. Die Rechtsprechung fordert eine Aufklärung „im Großen und Ganzen“. Der Bundesgerichtshof hat in der jüngeren Rechtsprechung darauf hingewiesen, dass die Anforderungen an die Aufklärung nicht überdehnt werden dürften.

Wurde alles korrekt übersetzt?

Was ist, wenn der Dolmetscher nicht richtig übersetzt hat und der Patient die Aufklärung nicht vollständig verstanden hat? Hierzu riet der Hamburger Zahnarzt und Rechtsanwalt Dr. Wieland Schinnenburg in einem Beitrag, die Behandlung so lange nicht zu beginnen, bis der Sachverhalt geklärt ist. Eine Ausnahme ist selbstverständlich der Notfall.

Hilfestellung bei Fremdsprache

Die Bundeszahnärztekammer hat ein Piktogrammheft veröffentlicht, das die Kommunikation zwischen Zahnarzt und fremdsprachigem Patienten durch die grafische Darstellung typischer Behandlungssituationen erleichtert und vereinfacht. Dieses Piktogrammheft können Sie auf der Website der Bundeszahnärztekammer (bzaek.de) aufrufen, indem Sie bei der Suche dieses Wort eingeben.

 

FAZIT | Der Zahnarzt trägt die Beweislast dafür, dass er ausreichend und verständlich aufgeklärt hat. Derzeit gilt die Empfehlung, sich streng an die genannten Anforderungen zu halten (Prüfung der Sprachfähigkeiten des Dolmetschers, Verhältnisstand zum Patienten, Überprüfung der Länge der Übersetzung und Rückfragen). Eine penible Dokumentation der entsprechenden Fragen, Überprüfungen und Maßnahmen ist anzuraten.