Uncategorized

08.08.2011·Aus Fehlern lernen Auf Versicherungsschreiben antworten, Teil 1: Implantation mit knochenchirurgischen Maßnahmen

·Aus Fehlern lernen

Auf Versicherungsschreiben antworten, Teil 1: Implantation mit knochenchirurgischen Maßnahmen

| Mit diesem Beitrag beginnt in „Praxis Implantologie“ eine Beitragsserie zu Therapieplänen und Rechnungen, die zu einer Beanstandung privater Kostenträger geführt haben – teils berechtigt, teils unberechtigt. Wir zeigen Lösungsvorschläge für eine Antwort an den Patienten auf, verdeutlichen Mängel in den Behandlungsunterlagen und stellen Verbesserungsoptionen vor.|

Der Fall

Bei diesem Patientenfall wurde bei einem zweiphasigen Vorgehen zuerst eine Vestibulumplastik mit anschließender Einbringung einer nicht resorbierbaren Membran vorgenommen. Nach zweimonatiger Liegedauer wurde die Membran entfernt und weitere drei Monate später erfolgte die Implantation mittels spezieller knochenchirurgischer Aufbaumaßnahmen (krestales Plateau), durch die eine Augmentation mit autologem oder alloplastischem Material nicht erforderlich wurde.

 

  • Rechnung (fehlerbehaftet, Korrektur siehe nachfolgende Seiten)

Datum

Zahn

GOÄ/GOZ

Leistung

Faktor

Euro

02.08.

27,25

2 x 009

Infiltrationsanästhesie

2,3

15,50

26

Ä2675

Partielle Vestibulum-/Mundbodenplastik analog § 6 Abs. 2 Einbringen einer Membran zur Knochenregeneration

2,3

113,94

Ä443

Zuschlag bei ambulanten operativen Leistungen

1,0

43,72

§ 4/3

xy Membran, nicht resorbierbar

2,3

62,30

09.08.

26

330

Nachbehandlung

2,3

8,41

16.09.

26

330

Nachbehandlung

2,3

8,41

02.10.

27,25

2 x 009

Infiltrationsanästhesie

2,3

15,50

26

Ä2009

Entfernen eines Fremdkörpers analog § 6 Abs. 2 Entfernung der Membran

2,3

13,41

08.10.

26

330

Nachbehandlung

2,3

8,41

26.10.

27,25

Ä5

Symptombezogene Untersuchung

2,3

10,72

OK/UK

006

Planungsmodelle

2,3

33,63

§ 4/3

Abformmaterial

4,70

§ 9

Laborkosten Eigenlabor

34,62

601

Modellanalyse

2,3

23,27

900

Implantatbezogene Analyse

2,3

69,85

15.01.

OK

008

Oberflächenanästhesie

2,3

3,88

26

009

Infiltrationsanästhesie

2,3

7,75

OK

700

Schiene entsprechend § 6/2 Bone-Mapping Schablone

1,8

27,34

§ 9

Laborkosten Fremdlabor

42,50

002

Heil- und Kostenplan

2,3

11,63

08.03.

26

2 x 009

Infiltrationsanästhesie

2,3

15,50

26

901

Präparieren für ein Implantat

2,3

62,10

26

§ 4/3

Materialkosten Fa. xy Implantat, 1 Verschlussschraube

253,34

26

3 x 902

Implantatschablone

2,3

34,89

26

903

Enossales Implantat

2,3

62,10

§ 4/3

Atraumatisches Nahtmaterial

3,48

26

Ä2730

Operativer Aufbau des Alveolarfortsatzes analog § 6/2 krestales Plateau

2,3

67,02

Ä443

Zuschlag bei ambulanten operativen Leistungen

1,0

43,72

26

Ä5000

Röntgenaufnahme

1,8

5,24

26

330

Nachbehandlung

2,3

8,41

11.03.

26

330

Nachbehandlung

2,3

8,41

15.03.

26

Ä2007

Entfernen von Fäden

2,3

5,36

22.04.

Ä1

Beratung

2,3

10,72

26

2 x 009

Infiltrationsanästhesie

2,3

15,50

26

904

Freilegung Implantat, maximaler Zeitaufwand bei Freilegung mittels Laser

3,5

62,99

28.04.

26

330

Nachbehandlung

2,3

8,41

Rechnungsbetrag

1.226,68

 

  • Leistungsgliederung: Auslagen nach § 3, § 4(3), § 9, § 10

Praxis-/Gewerbliches Labor laut Anlage

77,12 Euro

Verbrauchsmaterial

323,82 Euro

Summe Auslagen

400,94 Euro

Zahnärztliches Honorar, Allgemeine zahnärztliche Leistungen

510,54 Euro

Kieferorthopädie

23,27 Euro

Implantologie

291,93 Euro

Summe Honorar

825,74 Euro

Rechnungsbetrag

1.226,68 Euro

 

  • Schreiben der Versicherung

Texterläuterung: Vom erstattungsfähigen Rechnungsbetrag (Erstattungsfähiges zahnärztliches Honorar + erstattungsfähige Material- und Laborkosten) wird die Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung oder einer privaten Zahnersatzversicherung abgezogen. Von dem dann verbleibenden Betrag erhalten Sie 50 Prozent.

Behandlungsdatum 26. Oktober:Die Kosten für die GOZ-Nr. 601 können wir nicht berücksichtigen. Grund: Die implantatbezogene Analyse der Modelle ist bereits im Inhalt der ebenfalls berechneten GOZ-Nr. 900 enthalten.

Behandlungsdatum 8. März: Das Anlegen der Schablone nach GOZ-Nr. 902 darf je Knochenkavität (Bohrung für Implantat) nur einmal berechnet werden, denn das Ziel ist die Längenbestimmung der Kavität. Dabei ist die Anzahl der Schritte zur Überprüfung nicht entscheidend. Wir können deshalb die Kosten der Nr. 902 nur einmal pro Implantat berücksichtigen, obwohl diese öfter berechnet wurde. Die GOZ-Nr. 330 kann nicht in gleicher Sitzung mit der Implantation in regio 26 berechnet werden. Dies ist nur in separater Sitzung möglich.

Behandlungsdatum 22. April: Die Verwendung eines Lasers bei Freilegung kann unseres Erachtens nicht als Begründung für die Faktorsteigerung anerkannt werden.

 

  • Praxis: Antwortschreiben an den Patienten

Sehr geehrte(r) Frau/Herr …,

Ihre Krankenversicherung hat die GOZ-Nr. 601 abgelehnt, da angeblich die Analyse der Modelle in der Nr. 900 enthalten sei. Diese Aussage ist nicht korrekt. Der Leistungstext der Nr. 900 lautet „Implantatbezogene Analyse und Vermessung des Alveolarfortsatzes des Kieferkörpers und der Schleimhaut einschließlich metrischer Auswertung von Röntgenaufnahmen zur Festlegung der Implantatposition mithilfe einer individuellen Schablone, je Kiefer“. Die Auswertung von Situations- und Planungsmodellen nach Nr. 601 ist eindeutig nicht Inhalt der Nr. 900. Die Leistungsbeschreibung ist abschließend, zudem findet sich keine Unterbestimmung, die die Auswertung der Modelle in drei Dimensionen als nicht zusätzlich berechenbar darstellt. Es handelt sich um eine selbstständige Leistung, die in Zusammenhang mit der Nr. 006 steht und die Lage der Implantatachse mit Implantationsort aus prothetischer Sicht ermöglicht. Die klinische Beurteilung der knöchernen und weichgeweblichen Verhältnisse kann anhand der Modelle dreidimensional überprüft und die prothetische Versorgungsmöglichkeit eruiert werden.

Ferner moniert Ihre Krankenversicherung die mehrfache Berechnung der Nr. 902. Schon seit vielen Jahren werden industrieseits wurzelförmige Implantatkörper (zum Beispiel Tiefenlehre oder Tiefenmesslehre) angeboten, die der Ausdehnung der Knochenkavität für ein enossales Implantat entsprechen. Hier wird der korrekte Sitz des Implantats überprüft, die Achsenrichtung des Implantates in Bezug zu den Nachbarzähnen oder Nachbarimplantaten sowie die Überprüfung der palatinalen/lingualen und vestibulären Neigung des Implantates in Bezug auf die Okklussionsebene des Gegenkiefers beurteilt. Während die Sondierung der Pilotfräsung forensisch von ausschlaggebender Bedeutung ist, so geben die Tiefenmesslehren für die Achsenrichtung der prothetischen Versorgung Aufschluss.

Die Bundeszahnärztekammer, das Bundesgesundheitsministerium, die privaten Krankenversicherer und die Beihilfe haben gemeinsame Auffassungen zu gebührenrechtlichen Fragen rund um die Implantologie erarbeitet. Der Konsultationsausschuss, der von Vertretern aller beteiligten Stellen besetzt ist, hat zum ersten Mal einvernehmliche Beschlüsse gefasst, die in den „zahnärztlichen mitteilungen“ Nr. 91 vom 01.09.2001 (1922) abgebildet wurden. Zitat: „Geb.-Nr. 902 Mess-Schablone: Die Leistung nach Geb.-Nr. 902 ist je nach Notwendigkeit, gegebenenfalls auch mehrmals pro Implantat, berechenbar.“

Die Nr. 330 kann für Region 26 in der Tat nicht in gleicher Sitzung mit der Implantation berechnet werden. In der EDV wurde nicht das korrekte Datum für die Nachbehandlung nach Nr. 330 eingetragen. Die Nachbehandlung erfolgte am 10. März, wir bitten diesen Eingabefehler zu entschuldigen. Sie befanden sich für die Nachbehandlung in unserer Praxis am 10. März um 11:15 Uhr.

Die Feststellung, dass die für die Überschreitung des Regelsatzes angegebene Begründung nicht anerkannt werden könne, stellt eine einseitige Interpretation seitens Ihrer Versicherung dar. § 5 Abs. 2 der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) regelt die Bestimmung der Gebühren, wonach in der Regel eine Gebühr nur zwischen dem Einfachen und dem 2,3-Fachen des Gebührensatzes bemessen werden darf; ein Überschreiten des 2,3-Fachen des Gebührensatzes ist nur zulässig, wenn Besonderheiten der in Abs. 2 Satz 1 genannten Bemessungskriterien dies rechtfertigen. Diese Bemessungskriterien sind die Schwierigkeit, der Zeitaufwand der einzelnen Leistungen und die Umstände bei der Ausführung einer Leistung, wobei die Schwierigkeit einer Leistung auch durch die Schwierigkeit des ganzen Krankheitsfalles begründet sein kann. Von personenbezogenen Umständen ist nicht die Rede. Eine solche Forderung wäre auch überflüssig, da jede zahnärztliche Leistung bei jedem Patienten individuell und personenbezogen erbracht wird und sich die Schwierigkeit, Zeitaufwand oder besondere Umstände bei der Leistungserbringung im Vergleich zu anderen Patienten unterscheiden.

Der Forderung nach einer ausschließlich patientenbezogenen Begründung widersprechen die Urteile des Verwaltungsgerichtshofs (VG) Baden-Württemberg und des Bundesverwaltungsgerichts Berlin. Auszug aus dem Urteil des VG Baden-Württemberg, Mannheim, Az: 4 S 2084/92 vom 17.09.1992: „Die GOZ enthält nach ihrem Wortlaut keinen Anhaltspunkt dafür, dass nur personenbezogene Umstände als Bemessungskriterien in Betracht kommen.“ Dieses Urteil wurde vom VG Berlin, Az: 2 C 12/93 vom 17.02.1994 bestätigt und ist rechtskräftig. In der Urteilsbegründung stellt das Gericht unter anderem fest: „Ob erhöhter Aufwand seine Ursache in patientenbezogenen Umständen hat, ist hierfür unerheblich.“

Aus den angeführten Argumenten geht hervor, dass es keinerlei rechtliche Grundlage für die Forderung nach einer Begründung gibt, die ausdrücklich auf die Person des Patienten Bezug nimmt. Die beanstandeten Begründungen entsprechen in vollem Umfang dem Wortlaut der GOZ und sind somit absolut gebührenrechtlich korrekt.

Anmerkungen zur Rechnungsstellung

 

2. August: Die Berechnung einer Membran stellt ein modernes Therapieverfahren dar, das nach dem Wortlaut des § 10 Abs. 4 GOZ mit dem Begriff „entsprechend“ und nicht „analog“ betitelt wird. Der entsprechende Abschnitt lautet: „Wird eine Leistung nach § 6 Abs. 2 berechnet, so ist die entsprechend bewertete Leistung für den Zahlungspflichtigen verständlich zu beschreiben und mit dem Hinweis ‚entsprechend‘ sowie der Nummer und der Bezeichnung der als gleichwertig erachteten Leistung zu versehen.“

 

Gesetzlich wurde nicht definiert, ob bei der Textbenennung zuerst der ursprüngliche Text in Kurzversion und dann die neue Therapie verständlich benannt wird oder umgekehrt. Zudem fehlt bei allen Leistungen entsprechend § 6 die Benennung des Gebührenkataloges GOZ oder GOÄ.

 

Bei der Materialberechnung der Membran fehlen die Angaben zum Hersteller und der Größe. Diese Daten sollten aufgrund der steten Forderung nach Originalrechnung, Einzelkostennachweisen etc. mit aufgeführt werden.

 

8. März: Wenn Implantat und Verschlussschraube in einer Verpackungseinheit beinhaltet sind, so kann nur ein Materialposten angeführt werden. Sind Implantat und Verschlussschraube jedoch separat zu bestellen, so muss nach § 10 Abs. 2 Punkt 6 GOZ von jedem Artikel Art, Menge und Preis aufgelistet werden. Je nach Praxis-Software werden die Materialien in der Leistungserfassung oder auf einem separatem Materialbeleg erfasst. Die Darstellung auf einem Eigenlaborbeleg ist möglich, aber nicht immer das richtige Mittel der Wahl.

 

Der Leistungstext der GOZ-Nr. 902 ist in der Praxis-Software nicht gut gewählt. Hier sollte ggf. der Text „Überprüfung einer Knochenkavitäta“ integriert werden. Die Leistungslegende der GOZ-Nr. 903 kann ggf. adaptiert werden („Einbringen enossales Implantat“).

 

15. März: Die Entfernung von Fäden ist nach der Nr. Ä2007 berechenbar, allerdings ist diese schlechter dotiert als die GOZ-Nr. 330, sodass normalerweise hier die Nachbehandlung nach GOZ erhoben wird. Als alleinige Leistung können auch Nrn. Ä1 und Ä5 zum Tragen kommen – vorausgesetzt die Leistungen werden auch erbracht und in der Sitzung sind keine anderen Leistungen erforderlich. Seit dem 1. Januar 1996 sind diese zudem einmal im Behandlungsfall innerhalb eines Monats berechenbar.

 

Weiterführende Hinweise

Zusätzliche Argumentationshilfen bei Kostenerstattungsproblemen erhalten Sie in den folgenden in „Praxis Implantologie“ – PI – erschienenen Beiträgen:

  • „Therapieplan zum Sinuslift, Stellungnahme der Versicherung und juristische Argumente“ in PI Nr. 2/Juli 2010, Seiten 1 ff.
  • „Musterschreiben zu Einschränkungen seitens der Beihilfe“ in PI Nr. 7/2010, Seite 13
  • „Musterschreiben zur Abrechnung von DVT-Aufnahmen“ in PI Nr. 1/2011, Seite 11