Uncategorized

29.10.2013·Implantatbehandlung Versorgung zahnloser Kiefer nach dem All-on-4-Behandlungskonzept: Was gilt für die Abrechnung?

·Implantatbehandlung

Versorgung zahnloser Kiefer nach dem All-on-4-Behandlungskonzept: Was gilt für die Abrechnung?

von Anja Mehling, Syndikusanwältin und Fachanwältin für Medizinrecht, und Marion Stang, Gebührenreferentin, bd. Health AG, Hamburg

| Die Versorgung zahnloser Kiefer nach der All-on-4-Methode kann ein zeit- und kostengünstiges Modell sein und somit zu einer hohen Patientenzufriedenheit führen. Mit dem All-on-4-Behandlungskonzept kann auf nur zwei Seitenzahn- und zwei Frontzahnimplantaten bei zahnlosen Kiefern eine sofortige feste Brückenversorgung eingegliedert werden. |

Vorgehensweise und Vorteile der All-on-4-Methode

Die Implantate werden im Seitenzahngebiet (regio 5) mithilfe von Navigationsschienen computergestützt oder -unterstützt schräg in den Alveolarknochen eingebracht. Speziell abgewinkelte Abutments im Seitenzahngebiet sorgen zusätzlich für die nötige Stabilität der Suprakonstruktion. Im Frontzahngebiet (regio 2) kommt diese Verfahrensweise aufgrund des hier vielfach begrenzten Knochenangebots nicht in Betracht. Die Implantate werden hier herkömmlich eingebracht. Die Suprakonstruktion versorgt in der Regel die Kiefer bis einschließlich Zahn 6.

 

Der große Vorteil dieser Technik liegt darin, dass zumeist auf eine zusätzliche Augmentation – im Oberkiefer zusätzlich auf den Sinuslift – verzichtet werden kann. Der Patient kann am selben Tag die Praxis mit einer festen prothetischen Versorgung, die auch sofort belastbar ist, verlassen. Dabei ist es unerheblich, ob es sich hierbei um laborgefertigte Langzeitprovisorien oder sogar schon um eine definitive Versorgung handelt.

Wie aber kann die Abrechnung gestaltet werden? Sind Besonderheiten zu berücksichtigen?

Unabdingbar ist vor Behandlungsbeginn die – zahnärztliche – Aufklärung über die Abrechnung. Oft wird von Zahnarztseite nicht berücksichtigt, dass bei dieser Methode viele Behandlungsschritte durchgeführt werden, die von Kostenträgern wie zum Beispiel Versicherungen als über das medizinisch notwendige Maß hinausgehende Leistungen abgelehnt werden. Als Übermaßbehandlung wird häufig insbesondere die Durchführung der DVT, der computergestützten Analyse und der zusätzlichen Scanprothese sowie die 3D-Knochenaufbau- und Implantatplanung gewertet. Ob das Verfahren auf einer medizinischen Indikation oder dem Wunsch des Patienten beruht – in jedem Fall hat die umfassende Aufklärung des Patienten über die voraussichtlich von ihm selbst zu tragenden Kosten Priorität.

 

Ursprünglich Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag, ist die – wirtschaftliche – Aufklärungspflicht nach Inkrafttreten des neuen Patientenrechtegesetzes im Februar dieses Jahres im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert (§ 630c Abs. 3 BGB). Danach ist der Behandler verpflichtet, die Patienten bei Kenntnis oder Zweifeln daran, dass Kosten (zahnärztliche und zahntechnische Leistungen) durch einen Dritten nicht oder nicht vollständig übernommen werden, über die voraussichtlichen Kosten zu informieren. Diese Information muss schriftlich erfolgen (Textform i.S.v. § 126b BGB).

Die wichtigsten Schritte der Kostenplanung

Die wichtigsten Schritte der Kostenplanung sollen hier vorgestellt werden:

 

  • 1. Kostenplanung entsprechend einer herkömmlichen Implantation und Suprakonstruktion mit entsprechenden Heil- und Kostenplänen, ggf. abweichende Vereinbarungen nach § 2 Abs. 1 und 2 GOZ, § 2 Abs. 3 GOZ.
  • 2. Abschluss einer privaten Vereinbarung bei GKV-Patienten (zwingend gemäß § 4 Abs. 5 BMV-Z bzw. § 7 Abs. 7 EKVZ), weil andersartige Versorgung i.S.d. § 55 Abs. 5 SGB V (Cave: Wegen der Frage, ob ein Festzuschuss gewährt wird oder nicht, sollte im Vorfeld eine Klärung mit der KZV erfolgen!)
  • 3. Klare Aufschlüsselung/Aufführung aller erbrachten Leistungen, dabei saubere Abgrenzung des chirurgischen vom rekonstruktiven Behandlungsteil, da in der Regel die Versorgung an einem Tag stattfindet.

 

Das folgende Fallbeispiel zeigt eine Möglichkeit der Abrechnung bei der Versorgung eines zahnlosen Kiefers auf (Sofortversorgung nach Implantation nach dem beschriebenen Konzept). Der Steigerungsfaktor ist vom Behandler nach billigem Ermessen zu bestimmen (der Ansatz des Regelfaktors erfolgt aus Vereinfachungsgründen).

 

  • Therapievorbereitung
Zahn/Regio
GOZ-Nr.
Leistung
Anzahl
Faktor
Euro

Ä1

Beratung – auch mittels Fernsprecher

1

2,3

10,72

Ä6

Vollständige körperliche Untersuchung

1

2,3

13,41

OK, UK

5170

Abformung mit individuellem Löffel

2

2,3

64,68

0040

Aufstellung eines schriftlichen Heil- und Kostenplans ?bei kieferorthopädischen oder funktionsanalytischen bzw.?-therapeutischen Maßnahmen

1

2,3

32,34

OK, UK

0060

Abformung beider Kiefer für Situationsmodelle

1

2,3

33,63

8000

Klinische Funktionsanalyse einschließlich Dokumentation

1

2,3

64,68

8010

Registrieren der gelenkbezüglichen Zentrallage des Unterkiefers, auch Stützstiftregistrierung, je Registrat

1

2,3

23,28

8020

Arbiträre Scharnierachsenbestimmung

1

2,3

38,81

OK

9000

Implantatbezogene Analyse und Vermessung des Alveolarfortsatzes

1

2,3

114,35

OK

Ä5004

Panoramaschichtaufnahme der Kiefer

1

1,8

41,96

Ä5370

Computergesteuerte Tomographie im Kopfbereich – DVT

1

1,8

209,83

Ä5377

Zuschlag für computergesteuerte Analyse – einschließlich speziell nachfolgender 3D-Rekonstruktion

1

1,0

46,63

OK

Analog

Scanprothese mit röntgenopaken Zähnen entsprechend xxx

1

 

 

  • OP-Tag mit Eingliederung der Suprakonstruktion
Zahn/Regio
GOZ-Nr.
Leistung
Anzahl
Faktor
Euro

15, 25

0080

Intraorale Oberflächenanästhesie, je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich

2

2,3

7,76

15, 12, 22, 25

0090

Intraorale Infiltrationsanästhesie

4

2,3

31,05

15, 12, 22, 25

9010

Implantatinsertion, je Implantat

4

2,3

799,43

9005

Verwenden einer auf dreidimensionale Daten gestützten Navigationsschablone/chirurgischen Führungsschablone zur Implantation

1

2,3

38,81

0530

Zuschlag bei nicht stationärer Durchführung

1

1,0

123,73

OK

Ä5004

Panoramaschichtaufnahme der Kiefer

1

1,8

41,96

15, 12, 22, 25

5000

 

Versorgung eines Lückengebisses durch eine Brücke oder Prothese; je Pfeilerzahn oder Implantat

4

2,3

525,71

16, 14-13, 11, 21, 23, 24, 26

5070

Versorgung eines Lückengebisses durch eine Brücke oder Prothese

5

2,3

258,71

 

 

BEB

Laborleistung

MwSt.

Betrag

Röntgen-CD konvertieren und computergestützte 3D-Planung

Scanprothese für das DVT

Individueller Löffel

Modelle

Fotos und Materialien

Übliche (Fremd-)Laborleistungen für die Herstellung des Zahnersatzes

 

Zusammenfassung

Das All-on-4-Behandlungskonzept ist eine Alternative zum üblichen Zahnersatz. Eine kurze Behandlungsdauer bei guten medizinischen Grundvoraussetzungen (Implantate und Zahnersatz an nur einem einzigen Tag!), der Wegfall einiger Maßnahmen (Knochen- und Weichteilchirurgie, Freilegung der Implantate, Auswechseln von Sekundärteilen, direkte Provisorien) durch die sofortige feste prothetische Versorgung und die Sofortbelastung bietet für Patienten die Möglichkeit einer effizienten und langfristigen Versorgung.

 

Der Erfolg des Konzepts hängt von der sorgfältigen Planung und Ausführung sowie der guten Abstimmung und dem Zusammenwirken aller Beteiligten (Behandler, Zahntechniker und Patient) ab. Detaillierte Beratung und Information in medizinischer und wirtschaftlicher Hinsicht und der transparente Abschluss privater Vereinbarungen tragen zur Vermeidung von Diskussionen bei der Rechnungslegung bei.