Uncategorized

03.09.2019·Kostenerstattung Besonderheiten der Beihilfe kennen und Probleme eingrenzen

·Kostenerstattung

Besonderheiten der Beihilfe kennen und Probleme eingrenzen

| Die Beihilfe ist eine eigenständige beamtenrechtliche Krankenfürsorge. Sie ist ein Bonus des Staates für seine Bediensteten ‒ und keine Vollkaskoversicherung. Jedoch führen die „Vollkaskomentalität“ einiger Patienten sowie rigides Erstattungsverhalten von Beihilfestellen immer wieder zu Problemen. PI erläutert die Hintergründe und zeigt auf, wie man im Vorfeld der Behandlung von Beihilfeberechtigten Ärger eingrenzen kann. |

Beihilfe ‒ eine ergänzende Hilfeleistung für Beamte

Beamte können jederzeit in die private Krankenversicherung eintreten, wobei der Dienstherr gemäß dem Konzept der Beihilfe gegenüber den Beamten und dessen Familie eine soziale Verantwortung trägt: Konkret muss er sich an den Kosten für Krankheit, Pflege und auch der Geburt beteiligen. Dem Wesen nach ist die Beihilfe für Beamte eine ergänzende Hilfeleistung jenseits der Bezüge. Beihilfe erhalten beispielsweise Landes-, Bundes-, Finanz- und Kommunalbeamte, Hinterbliebene und Kinder der genannten Beamtengruppen und Richter.

 

Die gesetzliche Grundlage bildet die Bundesbeihilfeverordnung (BBhV). Grundsätzlich muss aber beachtet werden, dass die Regelungen in den Bundesländern abweichen, sodass keine allgemeingültigen Aussagen zulässig sind. Die Höhe der individuellen Beihilfe regelt sich nach den jeweiligen Rechtsverordnungen und Dienstvorschriften.

 

Trotz aller regionalen Unterschiede gilt, dass der Dienstherr niemals 100 Prozent der entstehenden Kosten für die Gesundheit trägt. Dies zeigt die finanzielle Notwendigkeit, einen privaten Beihilfeergänzungstarif in Anspruch zu nehmen, um finanzielle Restrisiken kosteneffizient zu miniminieren.

 

Nach den Durchführungshinweisen zur BBhV gilt: „Beamte sind versicherungsfrei gemäß § 6 Abs. 1 SGB V“, d. h. sie können nicht Pflichtmitglieder einer gesetzlichen Krankenkasse werden. Sie haben seit 1989 kein Zutrittsrecht zur GKV, können aber eine vor der Verbeamtung bestehende GKV-Mitgliedschaft als freiwillige Mitgliedschaft fortführen.

Neue Wege zur GKV in der Beihilfe

Interessant ist, dass die Beihilfe neue Wege geht. In Hamburg wurde erstmalig zum 01.08.2018 Beamten die Möglichkeit eingeräumt, Mitglied der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) zu werden. Bislang erhielten Beamte in Hamburg ‒ wie im Rest der Bundesrepublik ‒ eine individuelle Beihilfe, deren Leistung sie mit Privattarifen aufstocken konnten. Nun steht ihnen der Weg in die GKV offen. Die Höhe der pauschalen Leistung für beihilfeberechtigte Beamte und Angehörige beläuft sich auf die Hälfte der Beiträge zur GKV, was unter dem Strich dem Arbeitgeberanteil zur Krankenversicherung von abhängig Beschäftigten entspricht.

 

In Brandenburg tritt ab dem 01.01.2020 das Gesetz zur Einführung einer pauschalen Beihilfe in Kraft. Beamte, die sich für die GKV entscheiden, erhalten danach auch in Brandenburg eine Pauschale, welche der Hälfte des Beitrags zur GKV entspricht. Eine sofortige finanzielle Entlastung wird die pauschale Beihilfe aber auch den vorhandenen rund 4.000 Beamten verschaffen, die bereits jetzt freiwillig gesetzlich krankenversichert sind und bisher den Beitrag in voller Höhe bestreiten müssen.

Der Unterschied zwischen Beihilfe und freier Heilfürsorge

Zu beachten ist, dass für bestimmte Berufsgruppen andere Regelungen gelten. Für Polizei- und Justizvollzugsbeamte, beamtete Feuerwehrleute, Grenzschutzbeamte und Polizisten gilt die „freie Heilfürsorge“, die jedoch vom Grundprinzip her eng an die Beihilfe angelehnt ist. In diesem Rahmen übernimmt der Dienstherr im Sinne der Heilfürsorge in der Regel 100 Prozent der anfallenden Gesundheitskosten. Hintergrund ist, dass bei diesen Gruppen ein höheres Berufsrisiko besteht, das mit größeren Gefahren verbunden ist.

 

Vom Gesetz her soll so verhindert werden, dass dieser Personengruppe allein aufgrund ihrer Tätigkeit hohe Versicherungstarife zugemutet werden. Trotzdem besteht auch mit Blick auf die freie Heilfürsorge Handlungsbedarf, denn die Regelungen gelten nur für Beamte im aktiven Dienst. Im Ruhestand greifen die Regelungen der Beihilfe, sodass sich wieder eine Kostenlücke ergibt, die durch einen privaten Beihilfeergänzungstarif geschlossen werden kann.

 

Auch wenn die Regelungen in den Bundesländern abweichen, sieht die Bundesbeihilfe eine grundsätzliche Kostenerstattung von 50 Prozent für den Krankheitsfall bei aktiven Beamten vor. Versorgungsempfänger bzw. Ehepartner bis zu einem gewissen Einkommen erhalten 70 und Kinder bzw. Waisen 80 Prozent im Rahmen der Kostenerstattung. Diese Zahlen verdeutlichen, dass ein zusätzlicher Versicherungsbedarf besteht, da die entstehenden Gesundheitskosten für keine Anspruchsgruppe zu 100 Prozent gedeckt werden. Dennoch erwarten Beihilfepatienten oftmals, dass der Betrag, der nicht von der Beihilfe erstattet wird, auch nicht an den Zahnarzt zu bezahlen ist ‒ wohl wissend, dass die Beihilfe nicht alle Kosten übernimmt und die finanzielle Lücke weitgehend durch einen privaten Beihilfeergänzungstarif zu schließen ist.

Welche Aufwendungen sind beihilfefähig?

Nach den Beihilfevorschriften erhalten die beihilfeberechtigten Personen Beihilfen zu den Aufwendungen, soweit diese dem Grunde nach notwendig und der Höhe nach angemessen sind. Beihilfefähig bedeutet jedoch nicht, dass in jedem Fall die tatsächlich entstandenen Aufwendungen mit dem jeweiligen Prozentsatz erstattet werden. Der Betrag, an dem sich die Beihilfeleistung orientiert, kann darunter liegen, da zum Teil Begrenzungen (z. B. durch Höchstbeträge oder prozentuale Erstattungen sowie Einschränkungen bei der Anzahl an Implantaten) vorgesehen sind. Bei strittiger Anwendung oder aufgrund unterschiedlicher Auslegung der GOZ kann die Erstattung durch die Beihilfestelle in Einzelfällen eingeschränkt oder abgelehnt werden.

 

Dies bedeutet aber nicht generell, dass die Berechnung durch den Zahnarzt unrechtmäßig erfolgt ist. Keine oder eine nur unvollständige Erstattung durch die Beihilfe und einen eventuellen Beihilfeergänzungstarif wirken sich nicht auf den zahnärztlichen Honoraranspruch aus. Der Patient schuldet dem Zahnarzt das Honorar, wenn dies nach vertretbarer Auslegung der GOÄ und GOZ berechnet wurde. Um auf Nummer sicher zu gehen, sollten beihilfeberechtigte Patienten vor Behandlungsbeginn darüber aufgeklärt werden, dass die Rechnungsstellung und die Erstattung durch die Beihilfe durchaus voneinander abweichen und zu entsprechenden Selbstbehalten führen können.

Beihilfe akzeptiert erhöhten Faktor nicht ‒ was dann?

Im Rechtsverhältnis des Patienten zu seinem Zahnarzt gelten für die Honorargestaltung ausnahmslos die Vorschriften von GOZ und GOÄ, so auch für die Bestimmung des jeweiligen Steigerungsfaktors durch den Zahnarzt und die medizinische Begründung in der Rechnung beim Überschreiten des 2,3-fachen Satzes. Werden bei Rechnungen mit einem Gebührensatz von 2,4- bis 3,5-fach fachlich korrekte Begründungen zu GOZ-Leistungen nicht anerkannt, bittet der Patient die Praxis meist um fachliche Unterstützung, um eine weitere Kostenbeteiligung von der Beihilfestelle zu erzielen. Im Rahmen der beruflichen Nebenpflicht aus dem Behandlungsertrag (§§ 241 und 242 BGB) ist der Zahnarzt verpflichtet, eine Erläuterung oder ggf. Ergänzung zu den monierten Begründungen zu verfassen. Dabei ist laut dem Oberverwaltungsgericht Lüneburg für die Stellungnahme zur Begründung nicht mehr Zeit aufzuwenden als die Behandlung selbst in Anspruch genommen hat (OVG Lüneburg, Urteil vom 13.11.2012, Az. 5 LC 222/11).

 

Die leidige Erstattungsproblematik bei Beihilfepatienten besteht seit Jahrzehnten. Ein Beispiel, wie man dieser begegnen kann, kommt aus Bayern.

 

  • Beispiel: BLZK erarbeitete Liste mit Begründungen

In Bayern wurden im Jahr 2017 Steigerungssätze über dem 2,3-fachen Gebührensatz vermehrt von Beihilfestellen nicht anerkannt. Die Mehrzahl der abgegebenen Begründungen wurde wegen zu geringer Personenbezogenheit abgelehnt, häufig ergänzt durch Stellungnahmen von Beratungszahnärzten. In Gesprächen zeigte sich, dass der Oberste Bayerische Rechnungshof den Beihilfestellen eine durchweg kritischere Prüfung der Begründungen für einen höheren Steigerungsfaktor als 2,3-fach auferlegt hatte. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe aus Vertretern von Beihilfestellen und der Bayerischen Landeszahnärztekammer (BLZK) analysierte die Ablehnungen der Kostenübernahmen und die Begründungen der Zahnärzte. Die bayerischen Vertragszahnärzte können bei der BLZK (mit Passwort) eine Liste mit Begründungen bei Überschreitung des 2,3-fachen Gebührensatzes herunterladen, die mit den Vertretern der Beihilfe erarbeitet wurde.

 

Weiterführender Hinweis

  • In der nächsten Ausgabe stellt PI Ihnen ein Informationsschreiben für Beihilfepatienten vor, das Sie in der Praxissoftware übernehmen und nach Ihren Wünschen adaptieren können.