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03.12.2013·Kostenerstattung Gegenseitige Mitwirkungspflichten im privaten Krankenversicherungsverhältnis

·Kostenerstattung

Gegenseitige Mitwirkungspflichten im privaten Krankenversicherungsverhältnis

von Norman Langhoff, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht, RBS RoeverBroennerSusat, Berlin, www.rbs-partner.de 

| Implantologische Versorgungen sind kostspielige Behandlungen. Gerade deshalb kann einem Patienten daran gelegen sein, rechtzeitig Klarheit über die Kostenübernahme durch seine Versicherung zu bekommen. Aber: Wie lange darf der Versicherer mit seiner Entscheidung warten? |

Der Versicherungsschutz ist auf Kostenerstattung angelegt

Die Antwort mag überraschen – nach weiterhin geltendem Recht ist er zur Abgabe einer Kostenübernahmeerklärung vor Beginn der Behandlung im Grundsatz nicht verpflichtet. Der Versicherer ist nämlich prinzipiell nachleistungspflichtig. Der Versicherungsschutz im Rahmen der privaten Krankenversicherung (PKV) ist zunächst einmal nur auf Kostenerstattung angelegt. Die Versicherungsleistung wird erst fällig, wenn der Versicherungsnehmer die medizinische Notwendigkeit der durchgeführten Heilbehandlung nachweist und der Versicherer dies anhand entsprechender Unterlagen nachprüfen kann (siehe OLG Köln, 20. März 1996; Az. 5 U 121/95, Abruf-Nr. 110754 unter pi.iww.de).

Position des Versicherten durch die VVG-Änderung gestärkt

Allerdings ist die Position des Versicherungsnehmers durch Ergänzung der gesetzlichen Regelungen jüngst gestärkt worden. Mit Wirkung vom 1. Mai 2013 ist § 192 Abs. 8 VVG eingefügt worden, der wie folgt lautet:

 

„Der Versicherungsnehmer kann vor Beginn einer Heilbehandlung, deren Kosten voraussichtlich 2.000 Euro überschreiten werden, in Textform vom Versicherer Auskunft über den Umfang des Versicherungsschutzes für die beabsichtigte Heilbehandlung verlangen. Ist die Durchführung der Heilbehandlung dringlich, hat der Versicherer eine mit Gründen versehene Auskunft unverzüglich – spätestens nach zwei Wochen – zu erteilen, ansonsten nach vier Wochen; auf einen vom Versicherungsnehmer vorgelegten Kostenvoranschlag und andere Unterlagen ist dabei einzugehen. Die Frist beginnt mit Eingang des Auskunftsverlangens beim Versicherer. Ist die Auskunft innerhalb der Frist nicht erteilt, wird bis zum Beweis des Gegenteils durch den Versicherer vermutet, dass die beabsichtigte medizinische Heilbehandlung notwendig ist.“

 

Dem Versicherten wird damit zunächst – nur – ein Auskunftsanspruch verschafft. Für den Versicherer ergibt sich hieraus nicht die Verpflichtung der Erteilung einer verbindlichen Auskunft, geschweige denn zur Kostenübernahme. Werden weitere Unterlagen benötigt, kann der Versicherer diese nachfordern, muss aber innerhalb der genannten Frist zunächst einmal antworten. Der Versicherte hat es im Ergebnis in der Hand, durch frühzeitige Vorlage der im Einzelfall erforderlichen Unterlagen auf eine verbindliche Zusage hinzuwirken bzw. eine Auskunft zu den Fragen zu erhalten, die aus seiner Sicht wichtig sind.

Beweislastumkehr zugunsten des versicherten Patienten

Bedeutsam ist vor allem die vorgesehene Beweislastumkehr. Antwortet der Versicherer nicht fristgemäß, so wird die Notwendigkeit der geplanten Heilbehandlung vermutet. Hierdurch wird das Prozessrisiko zugunsten des versicherten Patienten verschoben, denn in einem sich an die Behandlung ggf. anschließenden Streit um die Kostenerstattung muss dann nicht mehr der Patient die Notwendigkeit der Behandlung, sondern der Versicherer deren Unnötigkeit beweisen, sofern der Versicherer im Vorfeld der Behandlung auf Anfragen des Versicherten nicht rechtzeitig geantwortet hat. Die Angemessenheit des Gebührenansatzes ist von der Beweislastumkehr jedoch nicht umfasst, das heißt auf entsprechenden Einwand des Versicherers muss weiterhin der Versicherte dessen Angemessenheit beweisen.

Klage auf Feststellung der Kostenübernahmepflicht möglich

Darüber hinaus besteht weiterhin die Möglichkeit, den Versicherer vor Behandlungsbeginn klageweise auf Erteilung von Deckungsschutz in Anspruch zu nehmen. Eine Klage auf Feststellung der Kostenübernahmepflicht hat dann Aussicht auf Erfolg, wenn sie auf eine bereits aktualisierte, ärztlich für notwendig erachtete bevorstehende Behandlung gerichtet ist und durch ein Feststellungsurteil eine sachgemäße und erschöpfende Lösung des Streits über die Erstattungspflichten zu erwarten ist (Bundesgerichtshof, Urteil vom 8. Februar 2006; Az. IV ZR 131/05, Abruf-Nr. 060791). Allerdings trägt der Patient damit das Prozessrisiko und muss außerdem die medizinische Notwendigkeit der beabsichtigten Behandlung beweisen.

Anzeigepflicht des Versicherten bei Therapieänderung?

Hat die Versicherung dennoch die Kostenübernahme erklärt, kann sich die Frage stellen, ob anschließende Therapieänderungen – wie zum Beispiel die Inserierung von einem Implantat mehr als zunächst geplant – genehmigungspflichtig sind. Aus den hier geschilderten Grundsätzen ergibt sich, dass eine Mitteilung nicht obligatorisch und eine Genehmigung des Versicherers wegen dessen Nachleistungspflicht nicht zwingend erforderlich sein kann.

 

Für den Versicherungsnehmer nachteilige Abweichungen können sich aber aus den Musterversicherungsbedingungen und den weiteren individuellen Versicherungstarifen ergeben. So obliegt es zum Beispiel nach § 9 Abs. 2 der Musterbedingungen Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK) dem Versicherungsnehmer, „auf Verlangen des Versicherers jede Auskunft zu erteilen, die zur Feststellung des Versicherungsfalles oder der Leistungspflicht des Versicherers und ihres Umfanges erforderlich ist“. Dabei handelt es sich zwar nicht um eine Rechtspflicht, doch kann der Versicherer bei Zuwiderhandlungen von seiner Leistungspflicht frei werden. Darüber hinaus enthalten die individuellen Versicherungsbedingungen manchmal zusätzliche Obliegenheiten. So wird teilweise vereinbart, dass bei Zahnersatz dem Versicherer nach der Befunderhebung ein HKP vorzulegen ist, falls die zu erwartenden Kosten einen bestimmten Betrag übersteigen; andererseits setzt der Versicherer den Erstattungsbetrag herab.