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01.09.2015·Praxisorganisation Das Paro-Konzept in der implantologischen Praxis: Die Bedeutung und einige Tipps zur Umsetzung

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Das Paro-Konzept in der implantologischen Praxis: Die Bedeutung und einige Tipps zur Umsetzung

von Sabine Matthaei, ZMP und Referentin für Prophylaxe und Parodontologie bei Seminare am Johannisbollwerk, Hamburg

| Knapp 70 Prozent der Weltbevölkerung leidet an Zahnfleischerkrankungen. Zu recht ist also die Parodontitis als Zivilisationskrankheit zu bezeichnen. Deshalb muss die Behandlung der Parodontitis in der modernen Zahnarztpraxis neben Prävention, Prothetik, Implantologie, Füllungstherapie und Endodontologie ein zentrales Thema sein. |

Konzepte gibt es, aber es mangelt an der Umsetzung

„Wer ein solides Haus bauen möchte, braucht ein gutes Fundament.“ Das ist ein Satz, der unsere Paro-Patienten von der notwendigen parodontalen Vorbehandlung überzeugt. Ein entzündungsfreies Zahnfleisch ist immer Voraussetzung für alle weiterführenden Behandlungen. Wie aber sollte eine Praxis am besten vorgehen, wenn es keinen konkreten Paro-Plan gibt?

 

Selbstverständlich gibt es bereits Konzepte, die in vielen Praxen angewendet werden, wie zum Beispiel das „Berner Paro-Konzept“ (siehe dazu auch den Beitrag auf den Seiten 4 bis 7) oder das „Würzburger Paro-Konzept“. Die Mitarbeiterinnen sind in Fortbildungen darauf geschult worden. Sie wissen, wie wichtig die Vorbehandlung und die eng terminierte Nachsorge ist, und kennen die Inhalte von Initial- oder Hygienephase. Allerdings stößt die Umsetzung der Konzeptstruktur oft schnell an ihre Grenzen. Schuld daran ist meist der Praxisalltag. Das sind die häufigsten Rückmeldungen aus unseren Coachings.

 

Es gibt verschiedene Möglichkeiten zur erfolgreichen Behandlung der Parodontitis. Zum konventionellen mechanischen Debridement – der geschlossenen Kürettage – bieten Zahnärzte zusätzliche Leistungen an: Leitkeimanalysen, Interleukintests, aufwendige Desinfektionsmaßnahmen, Laserbehandlungen, photodynamische Therapien, Antibiosen, die Therapie der Full-Mouth-Disinfection oder homöopathische und ganzheitliche Behandlungsmethoden.

 

Wie oder wo auch immer der Schwerpunkt des Paro-Konzepts gesetzt wird: Bei der gemeinsamen Erarbeitung kann die Unterstützung durch einen externen Coach hilfreich sein. Denn nicht nur die fachlichen Inhalte, sondern vor allem die interne Kommunikation – also das Zusammenspiel zwischen dem Behandler und den Prophylaxe-Mitarbeitern – sollte professionell organisiert sein.

Kommunikation und Dokumentation

Das Prophylaxe-Personal sollte jederzeit den Patienten-Status-quo kennen und die Informationen bei Bedarf dem Behandler weitergeben können. Relevante Parameter sind zum Beispiel: die Qualität der Mundhygiene, Entzündungszeichen, Compliance, Erfolg der Nachsorge, Überwachung der Rezidive, die Entwicklung des Attachments, Recall-Intervalle und mikrobiologische Befunde.

 

Um diese Status-quo-Dichte leisten zu können, sollte die ZMP unbedingt in jeder Sitzung einen API- und SBI-Index aufnehmen und dokumentieren (in derPraxissoftware oder klassisch in der Karteikarte), sodass dem Behandler ein schneller Zugriff auf diese wichtigen Informationen möglich ist. WeitererVorteil: Bei regelmäßiger Aufnahme der Indizes entsteht eine schriftliche Historie mit erstklassiger Aussagekraft über die Entwicklung bei der Mundhygiene und der Blutungsneigung. Das sind Parameter, die beispielsweise für die Prothetik-Planung und Therapieplan-Erstellung sehr wichtig sind.

 

Um die Kommunikation in der Praxis zu verbessern, sollte ein spezielles Prophylaxe-Paro-Team-Meeting regelmäßig stattfinden. Ein Erfahrungsaustausch und entsprechende Fallbesprechungen fördern die Kommunikations- und Kompetenz-Entwicklung der Mitarbeiter und eröffnen in Absprache mit dem Behandler die Möglichkeit, einzelne patientenbezogene Paro-Konzepte zu evaluieren und gegebenenfalls zu korrigieren.

 

Darüber hinaus müssen das Assistenzpersonal und die Rezeptionistinnen in das Paro-Konzept eingebunden sein. So ist die Dokumentation bei der Therapieplanung eine Aufgabe der Stuhlassistenz. Die Mitarbeiterin sollte genau die einzelnen Schritte der PA-Behandlung kennen. Sie sollte wissen, wie viele Termine die Vorbehandlung umfasst und wann im Konzept die empfohlenen Füllungen oder Extraktionen festgelegt wurden. Überstehende Füllungen, insuffiziente Versorgungen und nicht erhaltungswürdige Zähne sollten in der Prognose-Einschätzung festgehalten werden. Diese Einschätzung wird am Anfang der Paro-Therapie erstellt und sollte dann im Laufe der Therapie reevaluiert werden.

 

Ferner sollten die Behandlungsassistenz und die Mitarbeiterin an der Rezeption mit dem Patienten anhand der Konzeptvorgabe sämtliche Behandlungstermine vereinbaren. Der Zahnarzt dokumentiert die Aufklärung (Behandlungsschritte, Privatleistungen, Kosten) detailliert und lässt sie eventuell vom Patienten gegenzeichnen.

Administration und Abrechnung

Auf keinen Fall sollten im Paro-Konzept die administrativen Aspekte vergessen werden. Es ergibt sich ein regelrechtes Fragenkarussell: Wofür soll ein Kostenvoranschlag erstellt werden? Wann geht der Antrag für die parodontale Therapie an die Krankenkasse zur Genehmigung? Bekam der Patient einen schriftlichen Therapieplan? Wurden alle Termine vergeben? Welches Recall-Intervall wurde für das Monitoring empfohlen? Wer organisiert wie das Recall? Hat der Patient darauf reagiert und einen Nachsorgetermin vereinbart? Welche Schritte müssen für eine eventuelle chirurgische Korrektur eingeleitet werden? Müssen Röntgenbilder für den mitbehandelnden Paro-Chirurgen übermittelt werden? Wann beginnt beispielsweise die implantologische und/oder prothetische Versorgung? Wie sind eigentlich die Abrechnungsfaktoren?

 

Empfehlung: Arbeiten Sie sich von vornherein sorgfältig durch die einzelnen Konzeptkapitel. So ersparen Sie sich Komplikationen und nervenzehrende Diskussionen.

 

HINWEIS | Die Abrechnung speziell der beim Berner Konzept erbrachten zahnärztlichen Leistungen wird im nächsten Beitrag auf den Seiten 4 bis 7 erläutert.

Weitere Tipps aus der Praxis für die Praxis

In der Nachsorge – dem sogenannten Monitoring – sollte einmal pro Jahr die Messung der Taschentiefen dokumentiert werden. Aus meiner Sicht reicht dafür der einfache parodontale Status mit zwei Messpunkten nicht aus.

 

Die ZMP kann zum Beispiel in die Software von Parostatus (www.parostatus.de) eingewiesen werden. Die Mitarbeiterin gibt dort sechs Messpunkte ein, dokumentiert Beweglichkeit und Blutungsneigung, Rezessionen und Furkationsgrade. Sie hat bei regelmäßiger Aufnahme der Sondierungswerte auch die Möglichkeit, durch einen elektronischen Vergleich der Messdaten Erfolge und Misserfolge zu dokumentieren, also gezielt Rezidive zu erkennen. Ein Beratungsvideo veranschaulicht dem Patienten die Abläufe der Ätiologie und Pathogenese. So werden Patient und Behandler entlastet.

 

Wir empfehlen, das fertige Konzept tabellarisch und grafisch zu gestalten und in jedem Behandlungszimmer auszulegen, um so jederzeit einen schnellen Blick für alle Mitarbeiterinnen zu sichern und neues Personal schnell einarbeiten zu können. Es hat sich in der Praxis auch bewährt, ein Organisationsmodul anzuschaffen, das in der Praxissoftware den Zahnarzt, die ZMP und die ZMV patientenbezogen miteinander verbindet.

 

Speziell für die Behandler gilt im Zusammenhang der Implementierung, Ausbau und Fortentwicklung eines Paro-Konzepts: Die Endkontrolle aller Funktionen liegt in Ihren Händen. Nehmen Sie diese Verantwortung ernst. Und: Bringen Sie in allen Situationen Ihren Mitarbeitern Wertschätzung für deren Arbeit entgegen. Damit steigern Sie Leistung und Qualität in allen Praxisbereichen.

 

FAZIT | Die Parodontitis-Behandlung ist ein zentrales Thema in jeder Zahnarztpraxis und damit eine Teamleistung, die professionell organisiert und jedem transparent sein muss. Regelmäßige „Updates“ des Konzepts sind erforderlich, denn wir wollen uns ja weiterentwickeln, neue Ideen umsetzen, Materialien und Behandlungsstrategien integrieren. Denkbar wäre der gemeinsame Besuch einer Fortbildungsveranstaltung zum Thema Parodontitis. Wer bislang noch „keinenPlan“ für ein Paro-Konzept hat, holt sich dort Anregungen für die gemeinsame Erstellung. Denn wer träumt nicht von einem reibungslosen Ablauf in unserer täglichen Arbeit, von einer Minimierung der Fehlerquotienten, von stressfreien Behandlungen, zufriedenen Patienten, die uns weiterempfehlen – und selbstverständlich von zufriedenen Mitarbeitern.