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02.11.2016·Recht Der Laborauftrag: Wie frei ist das Dentallabor bei der Auswahl der Materialien?

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Der Laborauftrag: Wie frei ist das Dentallabor bei der Auswahl der Materialien?

von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Norman Langhoff, Kanzlei Roever Broenner Susat Mazars, Berlin, www.mazars.de

| Dieser Beitrag beschäftigt sich mit der Frage, ob und inwieweit ein Dentallabor bei der Auswahl von Materialien frei ist. Entscheidend ist hierbei vor allem der Auftrag des Zahnarztes an das Labor. Unterschiedliche haftungsrechtliche Konsequenzen gegenüber dem Patienten sind möglich. |

Allein der Zahnarzt haftet gegenüber dem Patienten für Mängel

Zwischen dem Zahnarzt und dem Dentallabor besteht ein Werkvertrag, wonach das Labor dem Zahnarzt eine mängelfreie Fertigung schuldet. Der Patient hat gegen das Labor bei mangelhafter Herstellung zahntechnischer Arbeiten weder vertragliche noch deliktische Ansprüche. Für Mängel, die das Labor zu vertreten hat, haftet dem Patienten gegenüber vielmehr allein der Zahnarzt. Für den Zahnarzt hat die Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses zum Labor daher für etwaige Rückgriffsmöglichkeiten grundlegende Bedeutung.

Eine Abnahme liegt vor, wenn das Werkstück eingegliedert ist

Grundsätzlich kann der Besteller – hier: der Zahnarzt – bis zur Abnahme die mangelfreie Herstellung des versprochenen Werks verlangen. Das umfasst auch Ansprüche auf Nachbesserung oder Neuanfertigung. Eine Abnahme liegt erst vor, wenn das Werkstück nicht temporär eingegliedert worden ist. Ist die Nachbesserung fehlgeschlagen oder unzumutbar, kann der Besteller z. B. den Rücktritt erklären oder Schadenersatz verlangen.

Spezifikationen in Beschaffenheitsvereinbarung festhalten

Das Werkvertragsrecht knüpft die Mängelgewährleistungsrechte vor allem an das Bestehen von Sachmängeln. Der Unternehmer hat das Werk mangelfrei zu erstellen. Das Werk muss die vereinbarte Beschaffenheit haben (§ 633 Abs. 2 S. 1 BGB). In der Praxis ist die Beschaffenheitsvereinbarung der individuelle Laborauftrag. Die Vertragsparteien haben es vor allem selbst in der Hand, den geschuldeten Inhalt festzulegen. Es steht ihnen frei, die gewünschten Spezifikationen des Werks detailliert festzuhalten (sogenannte Beschaffenheitsvereinbarung). Der Unternehmer kann dann nur durch deren Einhaltung die Mangelfreiheit herbeiführen.

 

Fehlen vertragliche Abreden zur Sollbeschaffenheit, so gilt (nur) die übliche Funktionstüchtigkeit als vereinbart (sog. hypothetischer Parteiwillen). Entscheidend ist dann, was bei Werken gleicher Art üblich ist und erwartet werden kann. Dies enthält die Einhaltung der Regeln des Fachs sowie behördlicher oder gesetzlicher Vorgaben.

 

Praktisch wird das Werk beauftragt und inhaltlich durch Übersenden eines Laborbelegs bestimmt, aus dem sich neben den Personendaten (Name des Patienten, Angaben zur Versicherung) vor allem der Befund und die Beschreibung und die technischen Spezifizierungen der geplanten Versorgung ergeben. Dies stellt dann die Beschaffenheitsvereinbarung dar.

Original- oder Nachahmerpräparat: Der Auftrag des Zahnarztes ist entscheidend

Gibt der Zahnarzt die Verwendung eines bestimmten (Original-)Produkts – z. B. eines Implantatfabrikats – im Laborauftrag an, so entspricht die Verwendung von Nachahmerprodukten durch das Zahnlabor wohl nicht den Regeln des Fachs. Zumindest dürften Zweifel hinsichtlich der Kompatibilität zwischen Original- und Nachahmerprodukt zulasten des Labors gehen. Etwas anderes gilt, wenn der Zahnarzt die Verwendung von Nachahmerprodukten explizit beauftragt – etwa, weil dies nach entsprechender Aufklärung mit dem Patienten vereinbart worden ist.

 

Eine Verpflichtung zur Rückfrage für das Labor besteht jedenfalls immer dann, wenn der Inhalt der Beschaffenheitsvereinbarung unvollständig, mehrdeutig bzw. nicht umfassend genug ist oder die Bestimmung üblicher Funktionstüchtigkeit auf der Grundlage der Angaben im Auftrag nicht möglich ist. Denn lässt sich anhand dieser Angaben das Werkstück nicht fertigen, so wäre jede Anfertigung mangelhaft.

 

Lassen die Angaben hingegen mehrere gleich übliche Vorgehensweisen zu, so gehen Mehrdeutigkeiten zulasten des Zahnarztes. Es ist dann eine Frage des persönlichen Verhältnisses zwischen Zahnarzt und Labor, ob auch in diesen Fällen eine klarstellende Nachfrage erfolgt. Rein formal könnte das Labor eine Variante fertigen, als mangelfreie Lieferung berechnen und für den Fall, dass der Zahnarzt sodann nachfolgend weitere Spezifizierungen gibt, dies als neuen Auftrag bearbeiten und berechnen.

Übliche Funktionstüchtigkeit: Arzt haftet bei Komplikationen

Der Zahnarzt ist nur dann in der Lage, eine umfangreiche Kontrolle durchzuführen und ggf. die Nacherfüllung bei etwaigen Abweichungen zu verlangen, wenn er die Anforderungen an das Werk hinreichend spezifiziert hat. Werden Freiräume zugunsten des Zahnlabors gelassen, sind die Möglichkeiten des Regresses eingeschränkt. Der Zahnarzt muss dann beweisen, dass dem Werk die übliche Funktionstüchtigkeit fehlt. Besteht eine übliche Funktionstüchtigkeit und kommt es z. B. in Kombination mit anderen Behandlungsschritten, die dem Labor nicht bekannt waren, zu Komplikationen, so haftet der Zahnarzt im Außenverhältnis gegenüber dem Patienten, ohne dass er im Innenverhältnis Rückgriff beim Labor nehmen könnte.

 

FAZIT | Eine möglichst genaue Beschreibung des vertraglich geschuldeten Werks liegt im ureigenen Interesse des Zahnarztes.