Recht

Zahnarzt: Ein Jahr und 10 Monate für Abrechnungsbetrug

Wegen Abrechnungsbetrugs verurteilte das Amtsgericht Wuppertal einen 38-jährigen Zahnarzt zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von einem Jahr und zehn Monaten auf Bewährung. Der Zahnarzt hatte günstigere Leistungen eines türkischen Labors als Eigenleistungen zu einem wesentlich höheren Preis abgerechnet. Insgesamt hatte er mindestens rund 331.000 Euro zu viel abgerechnet.

Der 38-jährige ist seit 2014 niedergelassen in eigener Praxis. Während er zahntechnische Leistungen zunächst durch Fremdlabore ausführen ließ, gründete er im September 2015 ein eigenes Praxislabor. Dieses Labor war indes technisch wie personell nicht in der Lage, sämtliche für die Praxis anfallenden zahntechnischen Arbeiten durchzuführen. Das lag einerseits daran, dass keine ausreichende Anzahl von Zahntechnikern beschäftigt wurde. Andererseits verfügte das Labor auch nicht über alle notwendigen technischen Ausstattungen. Insbesondere fehlte eine große Gussmaschine, um Gerüste für Kronen und Brücken aus Metall, Zirkon oder Modellguss herzustellen. Während der Angeklagte zunächst auch zwei deutsche Fremdlabore mit zahntechnischen Leistungen beauftragt hatte, entschied er sich aus Kostengründen im zunehmenden Maße, die Arbeiten durch ein in der Türkei ansässiges Labor ausführen zu lassen.

Danach rechnete der Zahnarzt seine zahnärztlichen und zahntechnischen Leistungen mit der KZV so ab, als ob alle Arbeiten in seinem eigenen Labor erbracht worden wären. Dass tatsächlich ein beachtlicher Anteil der Leistungen zu weitaus günstigeren Kosten im (türkischen) Fremdlabor hergestellt worden waren, verschwieg er. Auf diese verschaffte sich der Angeklagte willentlich eine nicht nur vorübergehende und nicht unerhebliche Einnahmequelle: Es entfielen auf vermeintlich im Eigenlabor erbrachte Leistungen 455.626,62 Euro. Tatsächlich hatte der Zahnarzt für die Leistungen im Fremdlabor lediglich 124.506,99 Euro zahlen müssen, mithin einen Betrag in Höhe von 331.319,63 Euro zu viel abgerechnet. Dass sich der Zahnarzt als Leiter der Praxis dieser Zusammenhänge nicht bewusst gewesen sein könnte, erscheint dem Gericht völlig lebensfremd.

Auf Seiten der KZV ging man davon aus, dass die Abrechnungen sachlich und inhaltlich zutreffend seien: Die Abrechnungen erschienen unverdächtig, da die abgerechneten Beträge sich im Rahmen der zulässigen Bandbreite gehalten hätten. Aus diesem Grund sei die Fehlerhaftigkeit der Abrechnungen für die KZV auch erst nach einer dezidierten Prüfung zu erkennen gewesen.

Der Zahnarzt hat sich des gewerbsmäßigen Betruges in 19 Fällen gemäß §§ 263 Abs. 1, Abs. 3 Nr. 1 StGB schuldig gemacht. Die Taten stehen zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit nach § 53 StGB. Der Zahnarzt handelte nach Ansicht des Gerichts mit der Absicht rechtswidriger Bereicherung, da er ganz gezielt den durch die Auslagerung der Tätigkeit ins Ausland entstandenen Kostenvorteile nicht auswies, sondern für sich behielt. Zugunsten des Angeklagten wurde berücksichtigt, dass er nicht vorbestraft ist und der Schaden vollständig zurückgezahlt wurde.

Amtsgericht Wuppertal, 05.05.2022 – 12 Ls-20 Js 796/17-43/21