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28.06.2018·Zahnersatz Zweitprothese als Verlangensleistung: Wie kann das berechnet werden?

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Zweitprothese als Verlangensleistung: Wie kann das berechnet werden?

| Typische Verlangensleistungen in einer Zahnarztpraxis sind beispielsweise das ästhetische Bleaching, der Austausch intakter Füllungen aus rein kosmetischen Gründen, die Anfertigung einer Sportschutz- oder Schnarcherschiene (ohne medizinische Indikation), das Befestigen von Zahnschmuck oder die Fertigung einer Reise- bzw. Ersatzprothese. Dabei handelt es sich teils um in der GOZ beschriebene Leistungen, teils aber um Leistungen, die weder in der GOZ noch GOÄ beschrieben sind. PI erläutert die Hintergründe. |

Verlangensleistungen

Leistungen, die über das Maß einer zahnmedizinisch notwendigen zahnärztlichen Versorgung hinausgehen, darf der Zahnarzt nur berechnen, wenn sie auf Verlangen des Zahlungspflichtigen erbracht worden sind. Dabei muss unterschieden werden, ob es die Wunschleistung in der GOÄ oder GOZ gibt oder ob eine Analogleistung berechnet wird. In der GOÄ beschriebene Leistungen, für die gemäß § 6 Abs. 2 GOZ der Zugriff eröffnet ist, sind mit den entsprechenden Gebührenziffern zu berechnen. Nicht beschriebene Leistungen sind im Wege der Analogie zu berechnen. Vorzugsweise geschieht das gemäß § 6 Abs. 1 GOZ mit GOZ-Ziffern. Erst wenn dort keine nach Art-, Kosten- und Zeitaufwand ausgewählte Ziffer geeignet erscheint, wird gemäß § 6 Abs. 2 GOÄ berechnet. Es folgt ein Auszug relevanter Paragrafen der GOZ:

 

  • GOZ-Paragrafen zur Abrechnung von Verlangensleistungen (Auszug)

§ 1 Abs. 2 Satz 2 GOZ

Leistungen, die über das Maß einer zahnmedizinisch notwendigen zahnärztlichen Versorgung hinausgehen, darf er nur berechnen, wenn sie auf Verlangen des Zahlungspflichtigen erbracht worden sind.

 

§ 2 Abs. 3 GOZ und § 10 Abs. 3 Satz 6

Leistungen nach § 1 Abs. 2 Satz 2 und ihre Vergütung müssen in einem Heil- und Kostenplan schriftlich vereinbart werden. Der Heil- und Kostenplan muss vor Erbringung der Leistung erstellt werden; er muss die einzelnen Leistungen und Vergütungen sowie die Feststellung enthalten, dass es sich um Leistungen auf Verlangen handelt und eine Erstattung möglicherweise nicht gewährleistet ist. § 6 Absatz 1 bleibt unberührt.

 

§ 10 Abs. 3 Satz 6

Leistungen, die auf Verlangen erbracht worden sind (§ 1 Abs. 2 Satz 2 und § 2 Abs. 3), sind als solche zu bezeichnen.

 

Die Vereinbarung einer Verlangensleistung

Alle Verlangensleistungen müssen nach § 1 Abs. 2 GOZ bestimmt und vergütet werden. Der Therapieplan muss vor Erbringen der Leistung erstellt sein und die einzelnen Leistungen und Vergütungen sowie die Feststellung enthalten, dass es sich um Leistungen auf Verlangen handelt und eine Erstattung nicht gewährleistet ist. Seit Novellierung der GOZ ist die Vereinbarung eines Pauschalbetrags nicht mehr gestattet.

 

Rechtsprechung zur Vereinbarung von Pauschalhonoraren

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat mit Urteil vom 23.03.2006, Az. III ZR 223/05, Abruf-Nr. 060914 entschieden, dass ein Arzt, der nicht medizinisch indizierte Operationsleistung erbringt, ungeachtet der medizinischen Indikation dennoch den Vorschriften der GOÄ unterliegt, da die GOÄ die Vergütung jegliche ärztliche Tätigkeit regelt. Der Mangel der Indikation entbinde hiervon nicht. Daraus folgt nach Auffassung des BGH, dass der niedergelassene Arzt im Ergebnis vergleichbare Abrechnungsziffern der GOÄ ermitteln und auf Grundlage der GOÄ bzw. entsprechend § 6 Abs. 2 GOÄ analog abzurechnen hat. Die Vereinbarung von Pauschalhonoraren sei unzulässig.

 

Privatvereinbarung und Analogberechnung

Bei GKV-Versicherten ist zusätzlich die Vereinbarung einer Privatbehandlung gemäß § 8 Abs. 7 Bundesmantelvertrag erforderlich (siehe Seite 8 in dieser Ausgabe). Die Analogberechnung wird in folgenden Paragrafen präzisiert:

 

  • GOZ-Paragrafen zur Analogberechnung

§ 6 Abs. 1 GOZ

Selbstständige zahnärztliche Leistungen, die in das Gebührenverzeichnis nicht aufgenommen sind, können entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung des Gebührenverzeichnisses dieser Verordnung berechnet werden. Sofern auch eine nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertige Leistung im Gebührenverzeichnis dieser Verordnung nicht enthalten ist, kann die selbstständige zahnärztliche Leistung entsprechend einer nach Art, Kosten- und Zeitaufwand gleichwertigen Leistung der in Absatz 2 genannten Leistungen des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Ärzte berechnet werden.

 

§ 10 Abs. 4 GOZ

Wird eine Leistung nach § 6 Abs. 1 berechnet, ist die entsprechend bewertete Leistung für den Zahlungspflichtigen verständlich zu beschreiben und mit dem Hinweis „entsprechend“ sowie der Nummer und der Bezeichnung der als gleichwertig erachteten Leistung zu versehen.

 

Eine Analogberechnung kommt im Rahmen von Ersatzprothesen nur dann infrage, wenn die angefertigte Ersatzprothese nicht im Gebührenverzeichnis enthalten ist, wie z. B. eine Modellgussteilprothese auf Implantaten im zahnlosen Kiefer. Ob die Berechnung der Prothesenspannen nach GOZ-Nr. 5070 oder in die auszuwählende Analogziffer zu integrieren ist, wird von Zahnärztekammern kontrovers betrachtet. Erkundigen Sie sich daher bitte bei Ihrer Kammer, welche Meinung dort vertreten wird.

 

Jeder Zahnarzt ermittelt nach den bekannten Kriterien eine für die Ersatzprothese mit Metallbasis (auf Implantaten) preislich stimmige Gebührenziffer. Die Analogziffer sollte dabei so ausgewählt werden, dass das Honorar z. B. bei 1,5-fachem Gebührensatz den zu erzielenden Betrag umfasst. Zeigen sich bei der Fertigung der Ersatzprothese unvorhersehbare Schwierigkeiten, kann der Gebührensatz bis zum 2,3-Fachen ohne Angabe von Begründungen angehoben werden.

Die Rechnungslegung

Die Formalien der Rechnungsstellung sind in § 10 GOZ geregelt. Eine nicht den Anforderungen der GOZ entsprechende Rechnung ist nicht fällig, der Rechnungsbetrag kann nicht eingeklagt werden. Die Angabe einer Gebührennummer ist neben anderen Kriterien daher zwingend notwendig. Sollte in der GOZ oder GOÄ für die erbrachte Leistung keine entsprechende Gebührenziffer vorhanden sein, ist diese auf der Rechnung mit einer Gebührenziffer für eine Leistung nach § 6 Abs. 1 GOZ zu versehen. Zusätzlich müssen alle Verlangensleistungen bei der Rechnungsstellung gemäß § 10 Abs. 3 Satz 7 als solche ausgewiesen werden.

Wann fällt welche Umsatzsteuer an?

Zahnärztliche Leistungen zur Vorbeugung, Diagnostik oder Behandlung von Krankheiten sind von der Umsatzsteuerpflicht befreit. Leistungen ohne therapeutisches Ziel wie das ästhetische Bleaching, der Austausch intakter Füllungen aus rein kosmetischen Gründen oder die Fertigung einer Zweitprothese sind vom Grunde her umsatzsteuerpflichtig. Informationen zur Umsatzsteuerpflicht und zur Kleinunternehmerregelung finden Sie in PI 04/2016, Seite 15 ff. (Beitrag „Umsatzsteuer: Die Kleinunternehmerregelung und dessen Auswirkungen für die Zahnarztpraxis“).

 

Die Frage nach der Umsatzsteuer stellt sich auch bei Behandlungen, die sowohl zahnmedizinisch notwendig als auch ästhetisch veranlasst sind. Während bei Veneers z. B. primär der ästhetische Aspekt im Vordergrund stehen kann, sind restaurative und funktionskorrigierende Indikationen hinzugekommen. Ob eine Leistung zahnmedizinisch notwendig ist oder nicht, entscheidet der behandelnde Zahnarzt.

Fragen und Antworten zum neuen Rechnungslayout

Nach dem Inkrafttreten des GOZ-Rechnungsformulars zum 01.07.2012 hat die Bundeszahnärztekammer am 10.09.2012 einen Kommentar dazu publiziert (Fragen und Antworten zur GOZ-Rechnung, Anlage 2). Er enthält die einzelnen Bestimmungen in Form von Fragen und Antworten. Dort sind Hinweise enthalten, wie Verlangens- und Analogleistungen gekennzeichnet werden sollen:

 

  • Kennzeichnung von Analog- und Verlangensleistungen

Wie müssen Verlangensleistungen gekennzeichnet werden?

Verlangensleistungen sollen gemäß GOZ auf der Rechnung gekennzeichnet werden. In der Anlage 2 GOZ wurde hier exemplarisch eine Kennzeichnung mit „auf Wunsch“ dargestellt. Es ist aber auch eine kürzere Kennzeichnung mit „V“ möglich, wenn in der Legende ausgeführt wird, dass „V“ Verlangensleistung bzw. Leistung auf Wunsch bedeutet.

 

Wie müssen Analogleistungen gemäß § 6 GOZ gekennzeichnet werden?

Die Analogleistungen sind laut Bundesgesundheitsministerium durch ein hinten angefügtes „a“ zu kennzeichnen. Großschreibung ist unschädlich. Es kann also auch „A“ geschrieben werden. Der Buchstabe ersetzt aber nicht die Pflicht, im Leistungstext das Wort „entsprechend“ (§ 10 Abs. 4 GOZ) einzufügen.

 

Behandlungsbeispiele zu Verlangensleistungen

Im ersten Beispiel geht es um den Austausch einer intakten Amalgam- gegen eine Kompositfüllung. In der GOZ sind Kompositfüllungen als medizinisch notwendige Heilbehandlungen enthalten. Wünscht ein Patient den Austausch aus rein kosmetischen Gründen, müssen bei Erstellung der Vereinbarung nach § 2 Abs. 3 GOZ alle Verlangensleistungen, die in der GOZ enthalten sind, verwendet werden. Entweder ist der Hinweis auf § 1 Abs. 2 Satz 2 GOZ ‒ nicht medizinisch notwendige Leistung ‒ oder alternativ der Begriff „Verlangensleistung“ bei jeder Ziffer aufzunehmen, die im Zusammenhang mit der Wunschleistung erbracht wird.

 

Sowohl für den Patienten bzw. Zahlungspflichtigen als auch für eine private Krankenversicherung oder Beihilfestelle muss erkennbar sein, welche Leistungen auf Verlangen ausgeführt wurden, weil für derartige Leistungen in der Regel die Kosten nicht erstattet werden. Der Patient muss daher grundsätzlich auf einen Eigenbehalt hingewiesen werden.

 

  • Beispiel 1

Austausch einer intakten Füllung als Verlangensleistung, Kennzeichnung mit „§ 1 (2) Satz 2 GOZ“:

 

Zahn/
Gebiet
GOZ
Leistungsbeschreibung
Anzahl
Faktor
Betrag/
Euro

46

0080

Oberflächenanästhesie § 1 Satz 2 GOZ

1

2,3

3,88

46

0100

Leitungsanästhesie § 1 Satz 2 GOZ

1

2,3

9,05

46

2030

Besondere Maßnahme beim Präparieren oder Füllen § 1 Satz 2 GOZ

1

2,3

8,41

46

2100

Präparieren einer Kavität und Restauration mit Kompositmaterialien, in Adhäsivtechnik, (Konditionieren), dreiflächig § 1 Satz 2 GOZ

1

3,3

119,15

46

1020

Lokale Fluoridierung § 1 Satz 2 GOZ

1

1,5

4,22

 

 

 

  • Beispiel 2

Herstellung einer Zweitteilprothese mit Metallbasis im zahnlosen Kiefer auf 6 Implantaten mit verblendeten Teleskopkronen, Kennzeichnung der Gebührenziffer mit „V“ und Erläuterung in der Leistungslegende:

 

Zahn/
Gebiet
GOZ
Leistungsbeschreibung
Anzahl
Faktor
Betrag/
Euro

OK

5180V

Funktionelle Abformung des Oberkiefers mit individuellem Löffel, V= Verlangensleistung

1

2,3

58,21

OK

xxxxa

Zweitteilprothese auf Implantaten mit Metallbasis; entsprechend [Text der ausgewählten Analogziffer eingeben] § 1 Satz 2 GOZ

1

1,5

xx

zuzüglich zahntechnische Kosten nach § 9 GOZ

xx

zuzüglich Materialkosten § 4 Abs. 3 GOZ

xx

 

 

Die Kosten für weitere Begleitleistungen, die in der GOÄ oder GOZ enthalten sind, werden dem Patienten mit Hinweis auf die Wunsch- bzw. Verlangensleistung zusätzlich in Rechnung gestellt.

 

Weiterführender Hinweis

  • Das Muster der Vereinbarung einer Verlangensleistung gemäß § 2 Abs. 3 GOZ für eine Zweitprothese kann auf der PI-Website (pi.iww.de) unter den Downloads in der Rubrik „Musterverträge und -schreiben“ aufgerufen und in der Praxis genutzt werden.