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30.07.2010 |Praxishygiene Aufbereitung von Medizinprodukten: Was chirurgisch tätige Zahnärzte beachten sollten

30.07.2010 |Praxishygiene

Aufbereitung von Medizinprodukten: Was chirurgisch tätige Zahnärzte beachten sollten

In den §§ 2 und 4 Medizinproduktegesetz (MPG) in der Fassung vom 29. September 2009 trifft der Gesetzgeber Regelungen zur Aufbereitung von Medizinprodukten. Vorgeschrieben ist, dass die Aufbereitung von bestimmungsgemäß keimarm oder steril zur Anwendung kommenden Medizinprodukten unter Berücksichtigung der Herstellerangaben, den anerkannten Regeln der Technik sowie der Arbeitsschutz- und Unfallverhütungsvorschriften zu erfolgen hat.  

 

Ziel der Regelungen ist es, die Sicherheit und die Gesundheit von Patienten, Anwendern und Dritten zu schützen. Dabei wird eine ordnungsgemäße Aufbereitung dann vermutet, wenn die gemeinsamen Empfehlungen des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) und des Robert-Koch-Institus (RKI) an die Hygiene bei der Aufbereitung von Medizinprodukten beachtet werden. Es obliegt den zuständigen Stellen der Länder (Bezirksregierungen, Gesundheitsämter), die Einhaltung der Vorschriften zu überwachen. Dies geschieht anlassbezogen oder präventiv. 

 

Nun taucht selbstverständlich die Frage auf: Was wird im Rahmen von Praxisbegehungen geprüft? Wie kann sich die Praxis vorbereiten? 

Verantwortlichkeiten festlegen

Die Zuständigkeiten für die Aufbereitung bzw. die einzelnen Schritte der Aufbereitung sind in einem Qualitätsmanagementhandbuch oder durch Verfahrensanweisungen festzuhalten. Als Beispiel hier ein Auszug aus einer Verfahrensanweisung zur Desinfektion: 

 

Arbeitsschritte 

Zuordnung 

Anweisungen 

Desinfektionslösung herstellen 

ZFA 

Herstelleranweisung bezüglich der Eignung und der Konzentration der Lösung ist zu beachten (siehe auch Hygieneplan) 

Kontaminierte Instrumente in die Desinfektionslösung einlegen 

ZFA 

  • Instrumente ablegen und nicht übereinander lagern
  • Instrumente müssen vollständig bedeckt sein
  • nicht mit bloßen Händen in die Lösung fassen
  • Gelenke (zum Beispiel Scheren, Nadelhalter etc.) müssen vor dem Einlegen in die Lösung geöffnet werden

Die Desinfektionszeit beginnt nach dem zuletzt eingelegten Instrument  

ZFA 

Einwirkzeit laut Herstellerangaben beachten (Hygieneplan) 

Als zuständig für den gesamten Prozess der Aufbereitung sollte in der Praxis eine Mitarbeiterin benannt werden.  

Anforderungen an die Ausbildung

Es ist nicht ausdrücklich gefordert, dass eine spezielle Ausbildung zu absolvieren ist, wenn die Mitarbeiterin mit der Aufbereitung befasst ist. Empfehlenswert ist die Dokumentation der Aufbereitungserfahrung der jeweiligen Mitarbeiterinnen und gegebenenfalls spezieller Fortbildungen in der Personalakte. Eine Hygieneunterweisung muss einmal pro Jahr erfolgen (Auszubildende einmal pro Halbjahr). Diese Unterweisungen sollten dokumentiert werden. 

Anforderungen an den Aufbereitungsraum

Der Aufbereitungsraum ist kein Lagerraum und auch kein Praxislabor. In diesem Raum dürfen Materialien oder sonstige Praxisutensilien nur dann gelagert werden, wenn durch entsprechende Schutzmaßnahmen (Lagerung in staubgeschützten Schränken) eine Kontamination des Lagergutes ausgeschlossen werden kann. Vor allem die kombinierte Nutzung dieses Raums wird als schwerwiegender Mangel angesehen.  

 

Der Aufbereitungsraum ist so einzurichten, dass unreine und reine Arbeiten – das heißt Arbeiten bis zur Desinfektion und Arbeiten ab Desinfektion – voneinander getrennt sind, sodass eine Rekontamination bereits desinfizierter oder sterilisierter Medizinprodukte vermieden wird. Ist eine räumliche Trennung nicht möglich, müssen die Aufbereitungsschritte organisatorisch voneinander getrennt werden. Dies ist in einer schriftlichen Anweisung festzuhalten.  

Kleidung bei der Aufbereitung

Die Kleidung für die Aufbereitung darf nicht im Behandlungsbereich getragen werden. Während der Aufbereitung selbst sind bei den unreinen Arbeiten eine wasserundurchlässige Schürze sowie feste, durchstichsichere Handschuhe, gegebenenfalls Haarschutz und Schutzbrille (Arbeitsschutz!!), zu tragen. Nach Abschluss der unreinen Tätigkeit ist die Schutzkleidung zu wechseln. 

Anforderungen an die Aufbereitung

Werden Instrumente in Desinfektionslösung eingelegt, so fragt der Prüfer: Wie gewährleisten Sie, dass alle Instrumente die vorgeschriebene Zeit in der Desinfektionslösung liegen? In Verfahrensanweisungen ist festzuhalten, dass beim Ansatz der Desinfektionslösung die Herstellerangaben bezüglich der Eignung des Desinfektionsmittels sowie die richtige Konzentration der Lösung und die Einwirkzeit beachtet werden. Erst wenn das letzte Instrument eingelegt wird, ist die Einwirkzeit – zum Beispiel mit einem Kurzzeitwecker – einzustellen. Instrumente dürfen nur sorgfältig eingelegt, nicht eingeworfen und auch nicht übereinander gelagert werden, Gelenkinstrumente müssen geöffnet werden. Die Instrumente dürfen nicht aus der Desinfektionslösung herausragen. Zusammengesetzte Instrumente müssen demontiert werden. Zu Korrosionsschäden kommt es zum Beispiel auch, wenn sich unterschiedliche Materialien in einer Lösung befinden. Bei den Materialien gilt grundsätzlich: Herstellerangaben berücksichtigen! 

 

Darüber hinaus ist zu dokumentieren, dass bei der Aufbereitung die Herstellerangaben bezüglich der Aufbereitung selbst oder bezüglich einer möglicherweise nur begrenzt mögl ichen Aufbereitung berücksichtigt werden. Wenn zum Beispiel ein Hersteller angibt, dass sein Instrument nur maximal zehnmal aufbereitet werden darf, dann muss sichergestellt sein, dass dieses Instrument auch wirklich nur zehnmal aufbereitet wird. Praxishinweis: Halten Sie in einer Strichliste fest, wie oft das Instrument bzw. der Bohrer aufbereitet wurde (zum Beispiel in einer vorgefertigten abwischbaren Tabelle).  

Die Reinigung und Desinfektion von Medizinprodukten

Die Aufbereitung hat nach validierten Verfahren abzulaufen. Ein validiertes Reinigungs- und Desinfektionsgerät ist für die Aufbereitung von Medizinprodukten der Risikoklasse „kritisch B“ – also insbesondere für chirurgische Übertragungsinstrumente – einzusetzen. Reinigungs- und Desinfektionsverfahren (RDG) müssen nach Herstellerangaben revalidiert werden, was zu erheblichen wiederkehrenden Kosten führt. Ist das RDG nicht validiert, kann es nur noch als Reinigungs- und Arbeitsschutzgerät eingesetzt werden. In diesen Fällen ist eine zusätzliche thermische Desinfektion erforderlich; das heißt auch Medizinprodukte, die nur keimarm zur Anwendung kommen müssen, sind (unverpackt) zu sterilisieren.  

 

Checkliste: Worauf ist bei der Aufbereitung noch zu achten?

Dosierung von Desinfektionsmitteln: Zum Abmessen der Lösung muss ein Messzylinder/Messbecher vorhanden sein. Bitte beachten Sie auch Temperatur und Standzeit (Herstellerangaben!). Empfehlenswert ist es, eine Tabelle zu erstellen, damit eine korrekte Konzentration der Lösung hergestellt werden kann. 

 

 

Falsches (Hand-)Reinigungsgerät: Es dürfen nur (sterilisierbare) Kunststoffbürsten verwand werden, keine Drahtbürsten, da sie die Oberfläche der Instrumente beschädigen. Für Hohlkörper sind Flaschenbürstchen erforderlich. 

 

 

Mehrteilige Instrumente zur Aufbereitung demontieren: Instrumente müssen zur Reinigung, Desinfektion und Sterilisation soweit wie möglich auseinander genommen werden. Gewinde sind Schmutznischen und müssen auch gereinigt werden.  

 

 

Funktions- und Reinigungskontrolle: Nach der Reinigung und Desinfektion sind die Instrumente einer optischen Kontrolle und einer Funktionsprüfung zu unterziehen. Beschädigte Instrumente sind auszusondern, defekte oder stumpfe Instrumente sind zu reparieren bzw. nachzuschleifen (Herstellerangabe beachten). Danach müssen Reinigung und Desinfektion erneut durchgeführt werden (Verfahrensanweisung). 

 

 

Verpackung: Bei der Verpackung von z. B. Instrumenten und Chirurgie-Kassetten ist darauf zu achten, dass nur geeignetes Verpackungsmaterial und ein geeignetes Folienschweißgerät verwendet werden. Die Schweißnaht muss mindestens 8 mm breit sein und darf keine Falten enthalten. Die Verpackung muss dann den Inhalt beschreiben, wenn der Inhalt nicht sichtbar ist (z. B. in Containern/Trays). Auf der Verpackung ist die Chargennummer der Sterilisationscharge, das Sterilisationsdatum, das Verfallsdatum sowie das Kürzel des Mitarbeiters anzugeben. Die Lagerungszeiten sind einzuhalten. 

 

 

Sterilisation: Die Prüfungen des Sterilisators müssen nach Herstellerangaben durchgeführt werden. Dies ist zu protokollieren. Der Sterilisator ist so zu beschicken, dass der Dampf überall eindringen kann, er darf nicht überladen werden. Es muss dokumentiert werden, dass der Sterilisationsvorgang einwandfrei war (Zeit, Druck, Temperatur). Die Indikatorstreifen der Verpackungen sind Behandlungsindikatoren und ermöglichen die Unterscheidung von sterilisiertem von noch nicht sterilisiertem Gut. Darüber hinaus muss jedem Sterilisationsvorgang ein geeigneter Prozessindikator beigelegt werden, z. B. eine Helix, wenn Hohlkörper sterilisiert wurden. 

 

 

Dokumentierte Freigabe: Nach der Sterilisation muss die protokollierte Freigabe des Sterilguts durch eine hierzu bestimmte und geschulte Mitarbeiterin erfolgen. Bei der Freigabe ist zu prüfen, ob der Aufbereitungs- und der Sterilisationsvorgang korrekt erfolgt sind, ob die Instrumente trocken und die Verpackung in Ordnung ist.  

 

 

Neue Leitlinie für Siegelgeräte

Seit dem 1. Juli 2009 ist eine Leitlinie zur Validierung von Siegelgeräten in Kraft. Der Siegelnahtprozess ist im Rahmen der Aufbereitung als Teil dieser Prozesskette zu sehen. Durch die Forderungen im MPG und in der Medizinproduktebetreiberverordnung (MPBetreibV) ist auch dieser Prozess zu validieren. Die verwendeten Verpackungsmaterialien müssen für die vorgesehenen Siegel- und Sterilisationsverfahren geeignet und festgelegt sein. Die Eignung lässt sich durch Herstellernachweise belegen. Vor der ersten Inbetriebnahme ist das Siegelgerät zu validieren. Eine Revalidierung ist laut Leitlinie nach einem Jahr erforderlich oder bei Änderungen im Prozessablauf (z. B. anderes Verpackungsmaterial). Darüber hinaus muss regelmäßig (täglich, wöchentlich oder monatlich) anhand von Routinetests sichergestellt werden, dass Veränderungen am Siegelprozess rechtzeitig erkannt werden. Hierzu zählen z. B.: Peelbarkeit, Tintentest, „Seal-Check“, Zugfestigkeit der Siegelnaht, visuelle Kontrolle. 

Die Lagerung von Instrumenten

Desinfizierte und sterilisierte Instrumente dürfen nicht im Aufbereitungsraum gelagert werden (Gefahr der Rekontamination). Auch wenn ein abgeschlossener Schrank im Aufbereitungsraum steht, dürfen nach derzeitiger Auffassung sterilisierte Instrumente darin nicht gelagert werden. Empfohlen wird für die Lagerung von Instrumenten ein staubgeschützter Schrank. Einfach verpacktes Sterilgut darf sechs Monate gelagert werden. Offen gelagertes und einfach verpacktes Sterilgut muss alle 24 Stunden erneut aufbereitet werden.