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25.07.2013·Recht „Flying Doctor“ bei Implantat-Leistungen auf Honorarbasis: „Bruchlandung“ ist absehbar!

·Recht

„Flying Doctor“ bei Implantat-Leistungen auf Honorarbasis: „Bruchlandung“ ist absehbar!

von Norman Langhoff, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht, RBS RoeverBroennerSusat, Berlin, www.rbs-partner.de

| Im stationären Bereich ist arbeitsteilige Behandlung alltägliche Praxis. Dabei können Spezialisten – auch niedergelassene Vertragszahnärzte – freiberuflich auf Honorarbasis für mehrere Krankenhausträger tätig werden.Zurückhaltung ist jedoch bei einer Übertragung dieses Modells auf den ambulanten Bereich geboten. Im ersten Teil dieses Beitrages werden wichtigeberufs- und vertragszahnarztrechtliche Aspekte erörtert, haftungsrechtliche Fragen und Konsequenzen folgen in einem zweiten Teil. |

Effizienzreserven in der Praxis könnten erzielt werden

Der wirtschaftliche Ansatz in folgender Konstellation ist nachvollziehbar: Ein in Einzelpraxis niedergelassener Zahnarzt könnte – durch die Einschaltung fachlich spezialisierter Dritter – Leistungen „einkaufen“ und anbieten, die er allein möglicherweise nicht erbringen kann (zum Beispiel implantologische Leistungen, die spezielle chirurgische Kenntnisse erfordern). Mögliche Effizienzreserven im Praxisbetrieb könnten erzielt werden, denn es ergäbe sich persönlicher Zeitgewinn für den Behandler durch Delegation; auch die Erhöhung von Behandlungszahlen durch die Einschaltung Dritter im Behandlungsablauf scheint denkbar. Der Honorararzt wiederum könnte seine Leistungen in größerem Rahmen als in eigener Praxis am Markt erbringen.

 

Dieser Ansatz unterscheidet sich von dem bereits existenten „Kooperationsmodell“, wonach Vorbereitungen, Planung und prothetische Behandlung in einer Praxis erfolgen, jedoch getrennt hiervon in einer anderen (chirurgischen) Praxis (oder Klinik) die implantologischen Leistungen durchgeführt werden.

 

Bei diesen Überlegungen dürfen jedoch rechtliche Begrenzungen sowohl in Bezug auf den potenziellen Auftraggeber (Praxisinhaber) als auch den potenziellen Auftragnehmer („Flying Doctor“, operiert in der Praxis), die dem Aufbau einer derartigen Struktur widersprechen, nicht außer Acht gelassen werden.

Örtliche Bindungen bei der Erbringung ambulanter Leistungen

Für die skizzierte Tätigkeit eines „Flying Doctors“ ist die Leistungserbringung an einer unbestimmten Vielzahl potenzieller Einsatzorte charakteristisch. Muss ein Zahnarzt, der erwägt, eine derartige Tätigkeit auszuüben, überhaupt eine eigene Praxis führen? Darf er anderenfalls neben der eigenen Praxis in unbegrenzt vielen anderen Praxen tätig sein?

 

Vertragszahnärzte müssen zwingend einen Praxissitz aufweisen, denn die Zulassung zur Teilnahme an der vertragszahnärztlichen Versorgung erfolgt ausschließlich für ihren – mit der Praxisadresse identischen – Vertragszahnarztsitz (§ 24 Abs. 1 Zahnärzte-Zulassungsverordnung). Auch berufsrechtlich ist die „Berufsausübung des selbstständigen Zahnarztes an einen Praxissitz gebunden“ – so verschiedene Berufsordnungen von Zahnärztekammern. Selbstständig tätig sind grundsätzlich auch freiberufliche „Honorarärzte“.

 

Von diesem Wortlaut abweichend verlangen demgegenüber zwar zum Beispiel § 6 Abs. 1 Berufsordnung (BO) der ZÄK Berlin und § 1 Abs. 3 Satz 3 BO der ZÄK Nordrhein die Bindung an einen Praxissitz nur für den „niedergelassenen“ Zahnarzt. Hieraus zu folgern, dass dann die ambulante Berufsausübung eines nicht niedergelassenen Zahnarztes im Umherziehen zulässig sei, scheint aber keinesfalls zwingend. So heißt es nämlich zum Beispiel in § 6 Abs. 3 BO ZÄK Berlin weiter einschränkend, dass die zahnärztliche Behandlung „in der Regel in den Praxisräumen stattzufinden hat“. Auch § 1 Abs. 1 Satz 4 BO ZÄK Berlin setzt die Existenz eigener Praxisräume voraus, wenn verlangt wird, dass der Zahnarzt keinem Dritten eine seine Unabhängigkeit gefährdende Möglichkeit der Einflussnahme auf die Praxis einräumen darf.

 

Beschränkung der ambulanten Tätigkeit auf bestimmte Orte?

Die ambulante Ausübung der Zahnheilkunde ist danach grundsätzlich an einen bestehenden Praxissitz gebunden. Anders als die für Humanmediziner einschlägigen Berufsordnungen enthalten die für Zahnärzte maßgeblichen Berufsordnungen jedoch nicht den Zusatz, dass die Ausübung ambulanter ärztlicher Tätigkeit im Umherziehen automatisch berufsrechtswidrig ist.

 

Vielmehr bestehen hier in den verschiedenen Berufsordnungen der Zahnärztekammern zwar graduell abweichende Regelungen, die aber überwiegend davon ausgehen, dass die Ausübung des zahnärztlichen Berufs „in weiteren Praxen oder an anderen Orten als dem Praxissitz zulässig ist, wenn in jedem Einzelfall die ordnungsgemäße Versorgung der Patienten sichergestellt wird“ (vergleiche zum Beispiel § 9 Abs. 2 Musterberufsordnung-Zahnärzte). In den meisten Kammerbezirken ist eine Tätigkeit außerhalb der eigenen Praxis auch in Praxen anderer Zahnärzte berufsrechtlich zulässig.

 

Einschränkungen ergeben sich für Vertragszahnärzte jedoch aus dem Vertragszahnarztrecht. Diese müssen nach § 24 Abs. 2 Zahnärzte-Zulassungsverordnung ihre Sprechstunde am Vertragszahnarztsitz halten. Vertragszahnärztliche Tätigkeiten außerhalb des Zahnarztsitzes an weiteren Orten sind nur unter den Voraussetzungen von § 24 Abs. 3 Zahnärzte-Zulassungsverordnung zulässig und bedürfen der Genehmigung der Kassenzahnärztlichen Vereinigung. Erweiterte Einsatzmöglichkeiten ergeben sich bei Tätigkeiten in überörtlichen Berufsausübungsgemeinschaften; dies erfordert aber eine gesellschaftsrechtliche Bindung zwischen den beteiligten Zahnärzten.

Persönliche Leistungserbringung

Rechtlich problematisch ist für den Praxisinhaber auch die Abrechnung der vom „Flying Doctor“ erbrachten Drittleistungen. Der Behandlungsvertrag als Vertrag über Dienstleistungen höherer Art ist vom Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung beherrscht. Dies ergibt sich sowohl aus dem Berufsrecht als auch dem Vertragszahnarztrecht (§ 4 Abs. 1 BMV-Z; § 8 Abs. 1 EKV-Z). Der Behandler muss der Leistung sein „persönliches Gepräge“ geben. Berufs- und vertragszahnarztrechtliche Vorschriften modifizieren diesen Grundsatz allerdings unter anderem dahingehend, dass Leistungen angestellter Zahnärzte und Assistenten, Vertreterleistungen und ordnungsgemäß delegierte Leistungen als persönliche Leistungen gelten (siehe dazu auch Langhoff, PI 08/2011, Seite 8).

 

Ob von auf Honorarbasis tätigen Ärzten erbrachte Leistungen diesen Vorgaben entsprechen, ist zweifelhaft. So ist rechtssystematisch zu beachten, dass Ausnahmen vom Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung der expliziten Regelung bedürften. Solche berufsrechtlichen Regelungen bestehen aber nur für die Zurechnung von Leistungen angestellter Zahnärzte; freiberufliche Mitarbeiter werden gerade nicht genannt (vergleiche zum Beispiel § 18 Musterberufsordnung-Zahnärzte; § 18 BO ZÄK Westfalen-Lippe; § 9 BO ZÄK Nordrhein; § 13 BO ZÄK Berlin).

 

Auch die Annahme, spezialisierte implantologische Leistungen als nicht in Person zu erbringende delegationsfähige zahnärztliche Leistungen einzustufen, erscheint problematisch. Dagegen spricht zum einen: Die persönliche Leistungserbringung ist vor allem dadurch gekennzeichnet, dass der Arzt bei „Inanspruchnahme nichtärztlicher oder ärztlicher Mitarbeiter zur Erbringung eigener beruflicher Leistungen leitend und eigenverantwortlich tätig wird“ (Gemeinsame Erklärung der Bundesärztekammer und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung vom 29. August 2008). Dies schließt aus, dass der Praxisinhaber bei Behandlungen nicht anwesend ist.

 

Sind überdies zum Beispiel implantologische Leistungen vom Tätigkeitsspektrum des Praxisinhabers gar nicht abgedeckt, kann er diesbezüglich auch keine leitende und eigenverantwortliche Tätigkeit entfalten. Demgegenüber muss eine freiberufliche honorarärztliche Tätigkeit definitionsgemäß aber gerade weisungsfrei ausgeübt werden, was dem Erfordernis der leitenden Tätigkeit des Delegierenden diametral entgegensteht.

Die Abrechnung von Drittleistungen

Auch die Abrechnung von nicht in persona erbrachten privatzahnärztlichen Leistungen ist rechtlich nur eingeschränkt möglich. Gemäß § 4 Abs. 2 GOZ kann der Zahnarzt „Gebühren nur für Leistungen berechnen, die er selbst erbracht hat oder die unter seiner Aufsicht nach fachlicher Weisung erbracht wurden“. Dies erfordert im Grundsatz die eigenhändige Leistungserbringung und setzt voraus, dass die zu berechnenden Leistungen anderenfalls mindestens delegationsfähig waren, wovon hier jedoch gerade nicht auszugehen ist. Auch für die Abrechenbarkeit vertragszahnärztlicher Leistungen ist die persönliche Leistungserbringung erforderlich.

 

Die Abrechnung von Drittleistungen im eigenen Namen kann für den Praxisinhaber zudem auch steuerrechtliche Implikationen haben (zum Beispiel mit Blick auf eine mögliche Gewerblichkeit). Auf diesen Aspekt soll hier jedoch nicht vertieft eingegangen werden.