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05.07.2011 |Kostenerstattung Geänderte Beihilfevorschriften bei Implantatbehandlungen: Was ist zu beachten?

05.07.2011 |Kostenerstattung

Geänderte Beihilfevorschriften bei Implantatbehandlungen: Was ist zu beachten?

Das Bundesverwaltungsgericht hat am 28. Mai 2008 (Az: 2C 12.07; Abruf-Nr. 112159) ein interessantes Urteil gefällt: Ein Beihilfeberechtigter beantragte bei seiner Beihilfestelle eine Kostenübernahme für eine Zahnimplantatfreilegung, was diese ablehnte. Es kam zur Klage. Das Gericht hat entschieden, dass die Beschränkung der Beihilfefähigkeit auf vier Implantate pro Kiefer – einschließlich vorhandener Implantate – unwirksam ist, soweit bei der Zählung Implantate mitberechnet werden, deren Kosten nicht aus öffentlichen Mitteln mitgetragen wurden. Das Gericht sah darin einen Verstoß gegen das Gleichheitsgebot des Artikel 3 Grundgesetz. 

 

Der Einwand der Beihilfestelle, die Überprüfung, ob Implantate aus öffentlichen Mitteln bezahlt wurden, sei nicht praktikabel, wurde vom Gericht nicht anerkannt. Der Dienstherr könne Beihilfeunterlagen länger als fünf Jahre aufbewahren, ohne damit datenschutzrechtliche Bestimmungen zu verletzen. Außerdem sei der Beihilfeberechtigte verpflichtet, Unterlagen beizufügen, aus denen hervorgeht, dass er für die beigelegten Rechnungen keine öffentlichen Mittel erhalten hat. 

Beihilferegelungen im Februar 2009 neu gefasst

Im Übrigen hat das Bundesverwaltungsgericht schon am 17. Juni 2004 (Az: 2 C 50.02; Abruf-Nr. 112160) entschieden, dass die Verwaltungsvorschriften zur Beihilfe nicht den verfassungsrechtlichen Grundsätzen genügen. Daher wurden die Beihilferegelungen neu gefasst und im Bundesgesetzblatt vom 13. Februar 2009 veröffentlicht. Dabei wurden die medizinischen Indikationen für eine Implantatversorgung dem Stand der Zahnmedizin entsprechend überarbeitet.  

 

Die Erstattungsfähigkeit von Implantaten wird dort erweitert. Aufwendungen für implantologische Leistungen einschließlich aller damit verbundenen weiteren zahnärztlichen Leistungen sind demnach grundsätzlich beihilfefähig. Dies gilt auch für vorbereitende operative Maßnahmen wie zum Beispiel augmentative Verfahren oder die Kosten für den Heil- und Kostenplan gemäß GOZ-Nr. 002. Ohne Vorliegen von Ausnahmeindikationen sind zwei Implantate pro Kiefer beihilfefähig. Aufwendungen für die Suprakonstruktion bei Implantatversorgung sind immer beihilfefähig.  

Welche Regelungen gelten bei Implantatbehandlungen?

Die beiden für die implantologische Versorgung wichtigsten Paragrafen stellen wir Ihnen anhand der Bundesbeihilfeverordnung und drei Länderverordnungen vor. 

 

Bundesbeihilfeverordnung, ausgegeben am 13. Februar 2009

§ 14 Zahnärztliche Leistungen Aufwendungen für ambulante zahnärztliche und kieferorthopädische Untersuchungen und Behandlungen sind nach Maßgabe des § 6 grundsätzlich beihilfefähig. Für Zahnersatz und implantologische Leistungen kann der Festsetzungsstelle vor Aufnahme der Behandlung ein Heil- und Kostenplan vorgelegt werden. Die Kosten des Heil- und Kostenplans gehören zu den beihilfefähigen Aufwendungen. Aufwendungen für das Attest nach § 15 Abs. 1 Nr. 5 trägt die Festsetzungsstelle. 

 

§ 15 Implantologische, kieferorthopädische, funktionsanalytische und funktionstherapeutische Leistungen 

 

(1) Aufwendungen für implantologische Leistungen nach Abschnitt K des Gebührenverzeichnisses der Gebührenordnung für Zahnärzte einschließlich aller damit verbundenen weiteren zahnärztlichen Leistungen* sind beihilfefähig bei 

1. weniger als acht angelegten Zähnen pro Kiefer im jugendlichen Erwachsenengebiss,
2. großen Kieferdefekten in Folge von Kieferbruch oder Kieferresektion,
3. angeborener Fehlbildung des Kiefers (Lippen-Kiefer-Gaumenspalte),
4. dauerhafter extremer, irreversibler, nicht medikamentenbedingter Xerostomie (Mundtrockenheit), insbesondere im Zusammenhang einer Tumorbehandlung,
5. nicht willentlich beeinflussbarer muskulärer Fehlfunktionen im Mund- und Gesichtsbereich (beispielsweise Spastiken), wenn nach neurologischem Attest kein herausnehmbarer Zahnersatz (auch implantatgestützt) getragen werden kann, oder
6. implantatbasiertem Zahnersatz im zahnlosen Ober- oder Unterkiefer,

 

wenn auf andere Weise die Kaufähigkeit nicht wiederhergestellt werden kann. In den Fällen von Satz 1 Nr. 6 sind die Aufwendungen für höchstens vier Implantate je Kiefer, einschließlich vorhandener Implantate, beihilfefähig. 

 

Liegt keiner der in Satz 1 Nr. 1 bis 6 genannten Fälle vor, sind die Aufwendungen für höchstens zwei Implantate je Kiefer, einschließlich vorhandener Implantate**, beihilfefähig.  

 

Die Aufwendungen, einschließlich der Material- und Laborkosten nach den §§ 4 und 9 der Gebührenordnung für Zahnärzte, sind entsprechend dem Verhältnis der Zahl der nicht beihilfefähigen zur Gesamtzahl der Implantate zu kürzen. Aufwendungen für Suprakonstruktionen sind beihilfefähig. 

*Darunter sind unter anderem erforderliche vorbereitende operative Maßnahmen wie zum Beispiel der Knochenaufbau – abzurechnen nach der GOÄ – zu verstehen. 

**Implantate, die nicht aus öffentlichen Mitteln bezahlt wurden, fallen nicht darunter (Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 28. Mai 2008, siehe Hinweis zu Beginn dieses Beitrages auf Seite 11). 

 

Aber Achtung – jedes Land regelt seine Beihilfevorschriften selbst! Das Land Berlin hat im Gesetz- und Verordnungsblatt vom 30. September 2009 die Bundesbeihilfevorschriften in den zahnärztlichen Bereichen übernommen. Ergänzend greift das Urteil vom BVerwG, laut dem Implantate, die nicht aus öffentlichen Kassen bezahlt wurden, bei der Höchstgrenze nicht mit einbezogen werden dürfen. 

 

Sachsen ist bei der Neufassung der Sächsischen Beihilfeverordnung (SächsBhVO vom 2. Oktober 2009) bei der alten Indikationsregel geblieben, hat aber das Bundesverwaltungsgerichtsurteil beachtet. So steht in der Anlage 3 Nr. 4:  

 

Aufwendungen für implantologische Leistungen einschl. aller damit verbundenen weiteren zahnärztlichen Leistungen sind nur bei Vorliegen einer der folgenden Indikationen beihilfefähig: 

  • Einzelzahnlücke, wenn beide benachbarten Zähne intakt und nicht überkronungsbedürftig sind,
  • Freiendlücke, wenn mindestens die Zähne sieben und acht fehlen,
  • Fixierung einer Totalprothese.

Aufwendungen für mehr als zwei Implantate pro Kiefer einschließlich vorhandener Implantate, die aus öffentlichen Mitteln mitgetragen worden sind, sind nur bei Einzelzahnlücken oder mit besonderer Begründung zur Fixierung von Totalprothesen beihilfefähig; Aufwendungen für mehr als vier Implantate pro Kiefer einschließlich vorhandener Implantate sind von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. 

Die Beihilfestelle empfiehlt, zusätzlich bei implantologischen Leistungen einen Heil- und Kostenplan vorzulegen.  

 

Bayern führt in seinen Beihilfevorschriften (ByBHV) vom 1. Mai 2009 ebenfalls keine Anzahl von Implantaten als Höchstgrenze an, spricht aber auch im Anschluss von „je Kieferhälfte“. 

 

§ 17 Implantologische Leistungen

Aufwendungen für implantologische Leistungen sind nur bei Vorliegen einer der folgenden Indikationen beihilfefähig: 

  • nicht angelegte Zähne im jugendlichen Erwachsenengebiss, wenn pro Kiefer weniger als acht Zähne angelegt sind, nach einem einzuholenden Gutachten,
  • bei großen Kieferdefekten in Folge von Kieferbruch oder Kieferresektionen, wenn nach einem einzuholenden Gutachten auf andere Art und Weise die Kaufähigkeit nicht wieder hergestellt werden kann.

 

Liegen die Indikationen nicht vor, sind die Aufwendungen für mehr als zwei Implantate pro Kieferhälfte, einschließlich vorhandener Implantate, zu deren Aufwendungen Beihilfen oder vergleichbare Leistungen aus öffentlichen Kassen gewährt wurden, von der Beihilfefähigkeit ausgeschlossen. Dabei sind die Gesamtaufwendungen der implantologischen Versorgung entsprechend dem Verhältnis der Zahl der nichtbeihilfefähigen Implantate zur Gesamtzahl der Implantate zu mindern. Unabhängig von den Sätzen 2 und 3 sind die Aufwendungen für Suprakonstruktionen im Rahmen der Gebührenordnung für Zahnärzte beihilfefähig. 

 

In der Verwaltungsvorschrift zum ByBHV wird dazu aufgeführt: 

2. Vom Begriff der implantologischen Leistungen werden neben den Leistungen nach Abschnitt K der GOZ auch Aufwendungen für ggf. erforderliche vorbereitende operative Maßnahmen (zum Beispiel Knochenaufbau) nach dem Gebührenverzeichnis der GOÄ erfasst. 

 

3. Es ist davon auszugehen, dass zu bereits vorhandenen Implantaten Beihilfen oder vergleichbare Leistungen aus öffentlichen Kassen gewährt wurden, sofern der Beihilfeberechtigte nicht in geeigneter Weise, zum Beispiel durch Beihilfebescheide oder Rechnungen, eine Finanzierung ohne Leistungen eines Dienstherrn oder öffentlichen Arbeitgebers belegen kann. 

Hinweis: Sie sollten bei implantologischer Versorgung, augmentativen Verfahren und der anschließenden prothetischen Versorgung vorab immer einen Heil- und Kostenplan erstellen. Informieren Sie den Patienten im HKP auch darüber, dass Kostenerstatter ggf. vor Behandlungsbeginn diesen Kostenplan vorgelegt haben möchten.