Uncategorized

08.09.2014·Praxishygiene Ganz oder gar nicht: Hohe Anforderungen an die Aufbereitung in implantologisch tätigen Praxen

·Praxishygiene

Ganz oder gar nicht: Hohe Anforderungen an die Aufbereitung in implantologisch tätigen Praxen

von Otto Wiechert, Vertriebsmanager Hygiene und QM bei Henry Schein Dental Deutschland

| Das Berufsrecht erlaubt es jedem Zahnarzt, als Implantologe, Kieferchirurg oder Oralchirurg zu arbeiten. Zu wenig beachtet wird aber, dass mit dem Schritt zur Implantologie auch die Hygiene-Standards steigen. Rein rechtlich wird zwar kein Unterschied zwischen implantologisch tätigen und anderen Praxen gemacht. Auch die Abläufe sind die Gleichen. Doch die Anforderungen sind höher, vor allem bei der Instrumenten-Aufbereitung. |

Worauf ist in implantologischen Praxen besonders zu achten?

Die erhöhten Anforderungen spiegeln sich auch bei der Prüfung durch die Behörden wider. Selbst wenn in einer Praxis nur gelegentlich unkomplizierte Implantationen vorgenommen werden, müssen Räumlichkeiten, Geräte und die Ausbildung des Personals in Sachen Aufbereitung dem vollen Hygiene-Standard einer implantologischen Praxis gerecht werden. In diesem Beitrag wird aufgezeigt, auf welche Punkte implantologisch tätige Praxen besonders achten sollten und welche Schwerpunkte bei Begehungen zu erwarten sind.

Gute Ausbildung des Teams

Um die Anforderungen an Personal und Einrichtung der Praxis zu erfüllen, ist oft eine nicht unerhebliche Investition erforderlich. Das beginnt bereits mit der Ausbildung des Teams. Zahnmedizinische Fachangestellte, die mit der Aufbereitung betraut werden, sollten mindestens den Sachkundelehrgang nachweisen können, besser noch die Fachkunde I.

Anforderungen an die Räume

Größe und Einteilung des Steri-Raums müssen dem Aufbereitungsvolumen nach Implantationen angepasst sein, auch wenn diese Menge nur an wenigen Tagen im Monat anfällt. Räume unter 10 qm2 sind grundsätzlich ungeeignet, da ein übersichtliches und rationelles Arbeiten nicht möglich ist. Der Aufbereitungsraum sollte neben den allgemeinen Anforderungen dem erweiterten Bedarf bei vorwiegend „Kritisch B“ klassifizierten Instrumenten entsprechen. Eine zusätzliche Nutzung als Lager oder für andere Arbeiten sollten ausgeschlossen werden. Alle Aufbereitungsräume sollten zudem an das Praxisnetzwerk angeschlossen sein, um das Hygienemanagement optimal in den Workflow zu integrieren.

Technische Ausstattung

Alle normgerechten Geräte wie Desinfektor, DAC, Siegelgerät und Sterilisator verfügen heute über eine Schnittstelle. Dank passender Adapter ist es weitgehend unerheblich, ob sie mit einer Netzwerkschnittstelle oder einem seriellen Zugang ausgestattet sind. Zur Prozessdokumentation ist ein Computer im Steri-Raum unerlässlich. Eine gute Lösung sind hier All-in-One-Rechner mit 20“ Bildschirmdiagonale und Touch-Bedienung. Bei dieser Rechnerform entfällt die aufwendige und schwer zu reinigende Installation und Verkabelung, da sich der PC im Bildschirm befindet. Zusätzlich kann ein Großteil der Bedienung direkt am Bildschirm erfolgen. Tastatur und Maus sind hier nur für aufwendige Eingaben erforderlich.

Klassifizierung der Produkte besonders wichtig

Besondere Aufmerksamkeit bei der Aufbereitung gilt der Klassifikation der Produkte. Die Klassifizierung hängt sowohl von der Beschaffenheit des Medizinprodukts als auch vom Anwendungsbereich in der Praxis ab. Entsprechend schauen die Behördenvertreter in implantologisch tätigen Praxen bei Begehungen gerne besonders genau hin. Die unterschiedliche Bewertung wird unter anderem bei der Aufbereitung von Turbinen und Winkelstücken deutlich. Diese sind Hohlkörper, daraus ergeben sich erhöhte Anforderungen an die Aufbereitung. Kommen diese Instrumente während einer Implantation zum Einsatz, fallen sie automatisch in die Kategorie B. Eine maschinelle Reinigung und Desinfektion ist in diesem Fall der richtige Weg.

Maschinelle Aufbereitung im Thermodesinfektor unumgänglich

Während die maschinelle Aufbereitung im Thermodesinfektor für alle Praxen empfehlenswert ist, wird sie für implantologische Praxen unumgänglich. Idealist hier ein universeller Kombi-Autoklav für die vollautomatische Instrumentenaufbereitung. Diese Geräte reinigen, desinfizieren und sterilisieren in einem Vorgang, sodass hier viel Zeit gespart wird. Eine anschließende Verpackung nach aktueller Norm EN ISO 11607-2 sowie die Durchführung der Sterilisation in einem mit einem Dampfsterilisator Typ B sind Standard.

Einsatz von Container-Systemen empfehlenswert

Ebenfalls ist der Einsatz von Container-Systemen für die Instrumentenorganisation bei den chirurgischen Eingriffen eine besonders empfehlenswerte, weil dokumentationssichere Lösung. Die Kombination aus Waschsieb und Container mit Teflon-Dauerfiltern ist hier verfahrenstechnisch das Optimum. Die Waschsiebe und Container lassen sich mit fest verbundenen Barcodeschildern bestücken. So ist ein durchgängiger Nachweis bei der Desinfektion möglich. Ein positiver Nebenaspekt ist die Wirtschaftlichkeit. Denn durch Waschsiebe wird der Be- und Endladevorgang des Desinfektors erheblich verkürzt, die Aufbereitungskosten sinken.

Empfehlung: Möglichst Einmalprodukte verwenden

Doch selbst moderne vollautomatische Autoklaven und andere Lösungen haben Grenzen bei der sterilen Aufbereitung von „Kritisch B“-klassifizierten Medizinprodukten. Ein Beispiel ist der innengekühlte Bohrer. Dieser ist für den knochenschonenden Einsatz eine optimale Lösung. Zu beachten ist aber, dass diese Bohrer quasi zu Einmalprodukten werden, sobald sie in der Chirurgie eingesetzt werden. Eine sterile Aufbereitung dieser Bohrer ist nach Einschätzung der meisten Experten technisch nicht möglich, sie sollten deshalb nach jedem Einsatz entsorgt werden.

 

Grundsätzlich sollte bei implantologischen Eingriffen da, wo es möglich ist, zu Einmalprodukten gegriffen werden, weil sie mehr Sicherheit bieten. Bei der Schutzkleidung haben sich OP-Sets aus Einmal-Schürzen, -Kittel und Hauben weitestgehend durchgesetzt, aber auch andere Produkten sind als Einmalartikel verfügbar. Einmalprodukte sind nicht nur hygienischer, sie sind auch wirtschaftlicher, da die aufwendige Reinigung und Desinfektion entfällt.

Dokumentation der Aufbereitungsprozesse

Ein weiterer wichtiger und häufig unterschätzter Bereich der Praxishygiene ist die Dokumentation der Aufbereitungsprozesse. Zahnarztpraxen sind laut Medizinproduktegesetz (MPG) verpflichtet, alle Prozesse des Sterilgutmanagements detailliert zu dokumentieren. Die Einhaltung der Vorgaben wird in immer mehr Bundesländern kontrolliert. Die digitale Dokumentation ist quasi alternativlos, denn die manuelle Dokumentation erfordert einen fast unzumutbar hohen Aufwand bei nachweislich hoher Fehlerquote.

 

Lückenlose Dokumentation des Sterilgutes unerlässlich

Gerade bei implantologischen Praxen ist die eigene Rechtssicherheit ein zusätzliches Argument für die digitale Dokumentation der Aufbereitungsprozesse. Denn im Bereich der Implantologie werden häufig aufwendige und kostenintensive Arbeiten ausgeführt. Wenn es zu Regressansprüchen des Patienten kommen sollte, haftet ein Praxisinhaber im Zweifelsfall persönlich. Seit der Beweislastumkehr (2006) ist vor allem bei privatrechtlichen Forderungen eine lückenlose Dokumentation des Sterilgutes unerlässlich.

 

Jeder Schritt – also Reinigung, Desinfektion, Verpackung und Sterilisation – wird als Charge dokumentiert und freigegeben. Eine spezielle Dokumentenmanagement-Software ermöglicht, dass die Dokumente rechtssicher verschlüsselt und unveränderbar gespeichert werden. Nach der Sterilisation und Endfreigabe erfolgt die Erstellung eines Etiketts zur Markierung des Sterilgutes. Dieses Etikett enthält alle Angaben vom Barcode über die Chargennummer bis zum Verfallsdatum.

 

Instrumente werden mit einem Scanner dem Patienten zugeordnet

Nach der Behandlung werden die genutzten Instrumente mit einem Scanner dem Patienten zugeordnet. In diesem Arbeitsschritt sollten weitere Daten wie das bei der Behandlung anwesende Personal, das eingesetzte Material oder spezielle Anwendungen festgehalten werden. Auch diese Daten können per Scanner schnell und einfach erfasst werden und dienen zur Vervollständigung der Dokumentation. Die rechnergestützte Datenerfassung plus Barcode-Scanner reduziert den Aufwand für das Sterilgut-Management in der Regel auf 10 bis 15 Sekunden und die Fehlerquote auf nahezu null. Zugleich erzielt der Betreiber der Praxis eine vollständige Dokumentation.