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01.07.2014·Chirurgie Knochenringtechnik: Die zeitsparende Alternative zum Kammaufbau

·Chirurgie

Knochenringtechnik: Die zeitsparende Alternative zum Kammaufbau

von Wolfgang Schmid, Schriftleiter „Zahnmedizin Report“, Berlin

| Die Behandlung von schweren Knochendefekten bleibt eine chirurgische Herausforderung. Das übliche Vorgehen mit autogenen Knochenblöcken erfordert einen zweistufigen Ansatz: Zuerst Knochenaufbau, dann das Einsetzen des Implantats. Die Knochenring-Technik der Implantologen Giesenhagen und Yüksel ermöglicht dagegen die gleichzeitige Knochentransplantation und Implantation. Diese Methode kann eine bedeutende Zeitersparnis bringen, da gleichzeitig mit dem Implantat auch eine horizontale und vertikale Kammaugmentation durchgeführt wird. |

Unterscheidung zwischen vertikalen Aufbauten und horizontalen Kammverbreiterungen

Bei den Augmentationen im zahnlosen Bereich unterscheidet man zwischen vertikalen Aufbauten und horizontalen Kammverbreiterungen. Letztere dienen dazu, eine genügende Breite für das Implantatbett zu erreichen. Vertikale Aufbauten sind deutlich aufwendiger. Dazu sind autologe Knochenblöcke notwendig, die meistens aus dem aufsteigenden Unterkieferast gewonnen werden. Die Blöcke werden mit Osteosynthese-Schrauben auf der Empfängerseite fixiert, Unebenheiten mit xenogenem Material – zum Beispiel BioOss® – nivelliert und mit einer Membran abgedeckt.

 

Die Schwierigkeit bei dieser Art des Kammaufbaus besteht darin, den Knochenaufbau vollständig mit Schleimhaut zu überdecken. In der Regel muss eine Periostschlitzung durchgeführt werden, was oft eine unangenehme Reduktion des Vestibulums zur Folge hat. Kammaufbauten im Brücken-Zwischengliedbereich können auch mit einem Bindegewebsgraft aus dem Gaumen realisiert werden. Es muss berücksichtigt werden, dass das Graft um 30 bis 40 Prozent schrumpfen wird.

Knochentransplantation und Implantation in einer OP

Die so genannte Knochenring-Technik – entwickelt von Dr. Bernhard Giesenhagen und Dr. Orcan Yüksel, niedergelassene Implantologen in Frankfurt am Main – stellt eine interessante Alternative zum oben erwähnten Kammaufbau vor. Basis sind Knochenringe, die vornehmlich aus dem Kinnbereich gewonnen werden. Diese Technik kann heute für fast alle Indikationen verwendet werden, unter anderem auch beim Sinuslift. Sie erlaubt es – auch bei größeren dreidimensionalen Knochendefekten -, Knochentransplantation und Implantation in einer OP durchzuführen.

 

Die Knochenringtechnik ermöglicht es, die vertikale Augmentation und Implantation in einem einzeitigen Verfahren durchzuführen. Die Knochenentnahme erfolgt je nach Indikation entweder am Kinn, palatinal oder retromolar. Je nach Knochenangebot steht am Kinn ein Knochenvolumen für maximal vier Knochenringe, am Palatinum für maximal einen pro Kieferhälfte sowie für einen Knochenring je retromolarer Entnahmestelle zur Verfügung. Dafür wird mit einer Trepanfräse ein zylindrisches Stück Knochen, in das der Kanal für das Implantat gebohrt ist, entnommen und zusammen mit dem Implantat in die Empfängerstelle inseriert.

 

Mit einem kalibrierten Instrumenten-Set wird der bis zu 8 mm dicke Ring an der Empfängerseite eingepasst. Nach dem Einsetzen des ringförmigen Knochenblocks wird gleichzeitig das Implantat – Giesenhagen verwendet Dentsply Ankylos – durch den Knochenring geschraubt, im Kiefer verankert und mit einem dazu passenden Implantat fixiert. Das Implantat ist nun zervikal mit einem 2 mm breiten zirkulären Knochen umgeben – das Implantat wirkt wie eine Fixationsschraube für das Transplantat. Unebenheiten werden mit Knochenersatzmaterial aufgefüllt und mit einer Membran abgedeckt. [2) [3]

 

Der in der Knochenringtechnik verwendete autologe Knochen wird als Goldstandard der Knochenaufbaumaterialien angesehen. Er liefert gute und vorhersehbare Behandlungsergebnisse trotz des Risikos einer Spendermorbidität. Alternativ zum autologen Knochen können aber auch vorfabrizierte und sterilisierte Ringe aus allogenen Spenderknochen (maxgraft® bonering/botiss) eingesetzt werden.

 

Bei der Augmentation mit autologen Knochenringtransplantaten müssen die folgenden Faktoren besonders beachtet werden:

 

  • Die Empfängerstelle muss möglichst viele vitale Zellen enthalten, um eine optimale Revaskularisierung des Transplantats zu gewährleisten.
  • Es ist ausreichend ortsständiger Knochen erforderlich, um das Implantat primärstabil verankern zu können.
  • Eine immobile Positionierung des Transplantats ist entscheidend.
  • Das Transplantat muss mit langsam resorbierbaren Knochenersatzmaterialien auskonturiert werden, um Volumenverlust zu vermeiden.
  • Ein sicherer und spannungsfreier Wundverschluss ist Bedingung für eine problemlose Einheilung.

 

Im Vergleich zur klassischen Knochenblockaugmentation verkürzt diese Technik die Behandlungszeit des Patienten um etwa fünf Monate. Eine zweite Operation ist nicht mehr erforderlich. Giesenhagen kann auf inzwischen zehn Jahre Erfahrung mit der Knochenringtechnik und dem Ankylos-Implantat zurückgreifen, er hat mittlerweile mehr als 900 Knochenringaugmentationen durchgeführt. Nach seinen Angaben zeigen die dokumentierten Beobachtungen eine Erfolgsrate von mehr als 97 Prozent nach fünf Jahren.

 

PRAXISHINWEIS | Die Anwendung der Knochenringtechnik ist nur für implantologisch tätige Zahnärzte und MKG-Chirurgen geeignet, die bereits Erfahrungen mit Augmentation haben. Dr. Giesenhagen und Dr. Yüksel bieten auf ihrer Homepage (www.knochenring.de) klinische Fortbildungen zur Knochenringtechnik an.

 

Quellen

  • [1] Parodontologie und Implantate. 150. St. Moritzer Kurswoche. SWISS DENTAL JOURNAL 2014; 124 (5): 587-595
  • [2] M Schwan Treatment of 3D bone defects utilizing the bone-ring technique. DENTSPLY Friadent World Symposium, Hamburg, 16.-17. März 2012
  • [4] B Giesenhagen: The bone ring technique: New perspectives in augmentation in implant dentistry. DENTSPLY Friadent World Symposium, Hamburg, 16.-17. März 2012