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02.08.2017·Privatliquidation Wann muss die Rechnung gestellt werden und welche Korrekturmöglichkeiten gibt es?

·Privatliquidation

Wann muss die Rechnung gestellt werden und welche Korrekturmöglichkeiten gibt es?

von Rechtsanwalt und Fachanwalt für Medizinrecht Norman Langhoff, Kanzlei Roever Broenner Susat Mazars, Berlin, www.mazars.de

| Beim privatzahnärztlichen Gebührenrecht wird das Honorar erst mit ordnungsgemäßer Abrechnung fällig (§ 10 GOZ). Ein zeitlich unbegrenztes Herauszögern der Privatabrechnung ist dadurch dennoch nicht möglich. Dies wirkt sich auch auf eventuelle nachträgliche Rechnungskorrekturen aus. In diesem Beitrag wird aufgezeigt, wann Forderungen verjähren und wie mit Korrekturen umzugehen ist. |

Wann verjährt die privatzahnärztliche Honorarforderung?

Die zahnärztliche Behandlung ist eine Dienstleistung. Die Vergütung für Dienstleistungen ist laut § 614 BGB „nach der Leistung der Dienste zu entrichten“. Abweichend von diesem Grundsatz wird die (privatzahnärztliche) Vergütung gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 GOZ jedoch erst fällig, wenn dem Zahlungspflichtigen eine dem Liquidationsvordruck (Anlage 2 zur GOZ) entsprechende Rechnung erteilt worden ist. Entspricht die Rechnung nicht den formalen Voraussetzungen (Mindestinhalte in § 10 Abs. 2 GOZ), ist sie nicht durchsetzbar.

 

Die für zahnärztliche Honorarforderungen maßgebliche Verjährungsfrist von drei Jahren beginnt gemäß § 199 Abs. 1 BGB „mit dem Schluss des Jahres, in dem erstens der Anspruch entstanden ist und zweitens der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste“. Ein Zahlungsanspruch entsteht, wenn er fällig ist. Gemäß § 10 GOZ ist dies erst mit ordnungsgemäßer Rechnungserteilung der Fall. Das ermöglicht es, den Beginn der Verjährung des Vergütungsanspruchs hinauszuschieben, indem die Rechnungserstellung verzögert wird.

Wann tritt eine Verwirkung der Honorarforderung ein?

Um einem offensichtlichen Missbrauchspotenzial zu begegnen, gilt als zeitliche Begrenzung jedoch der Grundsatz der Verwirkung. Anders als die klaren Verjährungsregeln sind die Voraussetzungen der Verwirkung aber unscharf konturiert. Erforderlich ist, dass der Berechtigte erstens über einen langen Zeitraum untätig geblieben ist und zweitens der Schuldner bei objektiver Betrachtung darauf vertrauen durfte, dass der Anspruch nicht mehr geltend gemacht werde. Beide Voraussetzungen enthalten unbestimmte Begriffe, sodass im Streitfall Rechtsunsicherheit besteht.

 

Nach einer engen Ansicht tritt Verwirkung mit „fiktiver Verjährung“ ein: Wird die Rechnungsstellung länger hinausgeschoben als die Verjährungsfrist dauern würde, wenn im Jahr der Leistungserbringung abgerechnet worden wäre, könne sich der Patient auf die Verwirkung berufen.

 

Aus Behandlersicht großzügiger ist das OLG Nürnberg: Es entschied auf eine Verwirkung der Rechnung in einem Sachverhalt, in dem zwischen Behandlungsende und Rechnungsstellung vier Jahre lagen und der Zahnarzt mit der gerichtlichen Geltendmachung zudem weitere drei Jahre zugewartet hatte (Beschluss vom 09.01.2008, Az. 5 W 2508/07, Abruf-Nr. 080697). Ein gutes Forderungsmanagement dient daher nicht nur der Verbesserung der Liquidität, sondern reduziert auch Risikopotenzial bei der Verjährung bzw. Verwirkung.

Rechnungskorrektur: Zulässigkeit, Grenzen, Voraussetzungen

Der Zahnarzt darf Rechnungen berichtigen. Anders als bei Architekten gibt es nämlich im privatzahnärztlichen Vergütungsrecht nicht die sogenannte „Schlussrechnung“. Der Bundesgerichtshof zieht hieraus den Schluss, dass Angehörige anderer freier Berufe irrtümlich nicht geltend gemachte Gebühren und Auslagen grundsätzlich nachfordern können (Urteil vom 04.12.1986, Az. III ZR 51/85; Urteil vom 05.11.1992, Az. VII ZR 52/91).

 

Möglichst zeitnahe Berichtigung ist empfehlenswert

Die Korrektur ist zeitlich nur möglich, solange weder Verjährung noch Verwirkung eingetreten ist. Eine möglichst zeitnahe Berichtigung ist daher empfehlenswert. Wird eine korrigierte Rechnung gestellt, so muss sich aus dieser ergeben, dass die ursprüngliche durch die korrigierte Rechnung ersetzt und die erstgenannte gegenstandslos ist.

 

Leistungspositionen können nachträglich ausgetauscht werden

Die Berichtigung kann sich z. B. auf eine Erhöhung zu niedrig angesetzter Gebühren beziehen (vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 12.08.2009, Az. 5 LA 368/08, Abruf-Nr. 093236: Begründung für das Überschreiten des 2,3-fachen Gebührensatzes kann ergänzt, nachgeholt oder korrigiert werden). Sie kann sich auch auf Gebühren und Auslagen beziehen, die in einer früheren Rechnung überhaupt nicht enthalten waren. Hat der Zahnarzt für einen bestimmten Behandlungszeitraum eine – ordnungsgemäße – Rechnung erstellt, so kann er z. B. die Rechnung gegenüber seinem Patienten nachträglich verändern, indem er einzelne oder mehrere Leistungspositionen austauscht (Verwaltungsgericht Aachen, Urteil vom 15.09.2005, Az. 1 K 1162/02).

 

Verpflichtung zur „angemessenen Rechnungsstellung“ beachten

Lässt der Wortlaut ärztlicher Leistungslegenden verschiedene Auslegungen zu, darf der Leistungserbringer die vorteilhaftere Variante wählen. Die Möglichkeit nachträglicher inhaltlicher Rechnungsänderungen entbindet den Behandler allerdings nicht von der berufsrechtlichen Verpflichtung zur „angemessenen Rechnungsstellung“ (vgl. exemplarisch § 15 Abs. 1 MBO-Z).

 

Die Tatsache, dass die Rechnung später noch geändert werden kann, sollte nicht als Korrekturmechanismus für ein zunächst rechtlich zweifelhaftes Abrechnungsverhalten missverstanden werden. So hat z. B. das OVG Münster die Auffassung vertreten, eine die Vorschriften der GOÄ nicht beachtende Abrechnung sei geeignet, einen berufsrechtlich relevanten Verstoß gegen die Pflicht zur gewissenhaften Berufsausübung zu begründen (Urteil vom 06.02.2013, Az. 6t A 1843/10, Abruf-Nr. 132329).