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01.12.2016·Prophylaxe Wie kann man vermeiden, dass Implantate „in die Jahre“ kommen?

·Prophylaxe

Wie kann man vermeiden, dass Implantate „in die Jahre“ kommen?

von Nicole Graw, Lehr-Dentalhygienikerin des Fortbildungsinstituts der Zahnärztekammer Bremen, Hamburg

| Periimplantäre Infektionen stellen eine große Herausforderung in der Implantologie dar. Im folgenden Anwenderbericht wird daher ein praxiserprobtes Behandlungskonzept für die Prävention sowie das Management der periimplantären Mukositis und Periimplantitis beschrieben. |

Wie entsteht die periimplantäre Mukositis und Periimplantitis?

Periimplantäre Gewebe bestehen aus einer charakteristischen Weichgewebsmanschette. Diese besteht aus einem oralen Epithel, das in ein Saumepithel übergeht und vom Knochen durch ein Bindegewebsareal getrennt ist. Auf den ersten Blick ähneln die Strukturen den Verhältnissen am natürlichen Zahn. Allerdings gibt es in der Zusammensetzung des Bindegewebes deutliche Unterschiede. Die periimplantäre Mukosa enthält mehr Kollagen und deutlich weniger Fibroblasten. Somit gibt es ein erhöhtes Potenzial für Permeabilität. Durch die Osseointegration des Implantats – im Lichtmikroskop ist ein direkter Kontakt von Knochen und Implantatoberfläche zu erkennen – fehlt der desmodontale Spalt mit den Sharpey’schen Fasern. Diese Unterschiede gehen mit einer geschwächten Immunabwehr gegen bakterielle Einflüsse einher und erhöhen das Risiko sowie das Fortschreiten periimplantärer Entzündungen.

Welche Behandlung empfiehlt sich?

Zur erfolgreichen Behandlung periimplantärer Mukositis und Periimplantitis empfiehlt sich die „Guided Biofilm Therapy“. Dieses Konzept wurde hinsichtlich wissenschaftlicher Evidenz und klinischer Relevanz überprüft und umfasst folgende Behandlungsschritte: Diagnose, Anfärben, Entfernen des Biofilms auf Erythritolbasis, Entfernen aller harten Ablagerungen auf der Implantatoberfläche, chemisch unterstützende Plaquekontrolle, Recall.

 

Die Diagnose

Klinische Parameter zur Validierung periimplantärer Entzündungen sind die Grundlage der klinischen Diagnostik. Eine periimplantäre Mukositis wird durch folgende Merkmale bestätigt: Sondierungsblutung (BOP positiv), Biofilmakkumulation, ein erhöhter graduierter SBI und eventuell Wucherungen des periimplantären Gewebes. Für die Detektion einer Periimplantitis sind die Parameter um eine radiologische Diagnostik zu ergänzen. Nur so kann ein Knochenabbau exakt erkannt werden.

 

Das Anfärben

Ohne Biofilm keine periimplantären Entzündungen! Auf dieser einfachen Formel basiert die Patientenmotivation, denn das Aufzeigen aller bakteriellen Schlupfwinkel erleichtert die Umstellung auf neue Zahnputztechniken und die Anwendung von Interdentalraumbürsten. Die Färbe-Lösung Mira-2-Tone hat sich seit vielen Jahren bewährt und besticht durch folgenden Vorteil: Ein reiferer, etwa 24 Stunden alter Biofilm wird blau, ein 4 bis 6 Stunden alter Biofilm rosa angezeigt.

 

Das Entfernen des Biofilms auf Erythritolbasis

Beim Biofilm am Implantat ist von einer höheren Heterogenität sowie Komplexität – im Vergleich zum natürlichen Zahn – auszugehen. So ist u. a. der „Staphylococcus aureus“ mit periimplantären Entzündungen assoziiert und die Literatur konnte gut belegen, dass dieses Bakterium auch zu Komplikationen an Hüfttransplantaten führen kann. Durch die histologischen Unterschiede am Implantat ist die Gefahr, dass durch den Biofilm periimplantäre Entzündungen in ihrer Progression unterstützt werden, exorbitant erhöht.

 

Im Rahmen der „Guided Biofilm Therapy“ wird der Biofilm am Implantat mit dem Air-Flow-Pulver auf Erythritolbasis entfernt. Die besondere Wirkung des Air-Flow-Pulver PLUS ist auf den Inhaltsstoff Erythritol und die extrafeine Körnung von nur 14 Mikron zurückzuführen. So kann der Biofilm in schwer erreichbaren Regionen effizient, schonend und sicher entfernt werden.

 

Das Entfernen aller harten Ablagerungen

Erst danach werden die gut sichtbaren harten Beläge entfernt. Das alles spart wertvolle Zeit und reduziert die Gefahr einer Überinstrumentierung. Mit einer Ultraschallspitze aus hoch entwickeltem PEEK-Material können sensible Implantatoberflächen gut von harten Ablagerungen befreit werden.

 

Chemisch unterstützende Plaquekontrolle

Zusätzliche adjuvante Maßnahmen können für die nicht chirurgische Therapie der Periimplantitis eingesetzt werden. Die Evidenz liegt beim Einsatz lokaler Antibiotika mit kontrollierter Freisetzung (einmalige Anwendung von Doxycyclin), CHX-Chips und antimikrobieller photodynamischer Therapie vor.

Die Recall-Sitzungen

Nach heutigem Wissensstand ist ein engmaschiges Recall unumgänglich. 50 Prozent der Implantate ohne engmaschiges Prophylaxe-Recallsystem entwickelten im Jahr 2008 eine Mukositis und 28 Prozent eine Periimplantitis. Die Implantaterfolgsraten bei engmaschigem Prophylaxe-Recall können nach einer Beobachtungszeit von 16 Jahren bei 96,6 Prozent liegen. Damit die Langlebigkeit von Implantaten gewährleistet sein kann, ist die „Guide Biofilm Therapy“ erforderlich. Dieses Konzept bietet ein effektives Biofilm-Management, ohne die Implantatoberfläche zu zerkratzen, erspart wertvolle Behandlungszeit und erhöht zusätzlich den Patientenkomfort.

 

Weiterführender Hinweis

  • Beachten Sie zu dieser Thematik auch die folgenden Beiträge:
  • „Therapiekonzept zur Behandlung periimplantärer Entzündungen“ in PI 05/2016, S. 18 ff.
  • „Altes Wirkprinzip wiederentdeckt: Mit Silberionen gegen Periimplantitis“ in PI 04/2016, S. 19