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Rechtliche Bewertung von (Hersteller-)Garantien

| Implantologische Versorgungen gehen über den Versorgungstatbestand der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) hinaus. GKV-Patienten müssen daher einen höheren Eigenanteil aufbringen. Auch PKV-Patienten kann eine höhere Eigenbeteiligung treffen. Der Behandler ist deshalb womöglich einemgesteigerten Erwartungsdruck ausgesetzt. Wie sind Garantien – unter anderem von Implantat-Herstellern – in diesem Kontext zu bewerten? Dieser Beitrag bewertet Garantien im Behandlungsverhältnis. |

von Norman Langhoff, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht, RBS RoeverBroennerSusat, Berlin, www.rbs-partner.de 

Das Behandlungsgeschehen im rechtlichen Kontext

Die Rechtsbeziehungen der im Behandlungskontext Agierenden lassen sich wie folgt skizzieren: Während der GKV-Patient ohne Zusatzversicherung als Vertragspartner allein den behandelnden Zahnarzt hat, steht der PKV-Versicherte in voneinander unabhängigen vertraglichen Beziehungen zum Behandler und seiner Krankenversicherung. Der Zahnarzt wiederum hat neben seinem Patienten den ihn beliefernden Implantat-Hersteller und gegebenenfalls ein von ihm eingeschaltetes Zahnlabor als Vertragspartner.

Implantologische Leistungen sind bis auf eng begrenzte Ausnahmeindikationen von der vertragszahnärztlichen Versorgung ausgenommen. GKV-Versicherte erhalten jedoch unabhängig von der konkreten Versorgungsform einen befundbezogenen Festzuschuss, der sich nach den Kosten für prothetische Regelversorgungen richtet. PKVen können implantatgestützte Versorgungen nicht per se als „medizinisch nicht notwendig“ ablehnen. PKV-Versicherte sind je nach Umfang des Versicherungsschutzes leistungsberechtigt.

Keine gesetzlichen Garantieverpflichtungen gegenüber dem Patienten

Der Zahnarzt erbringt Leistungen auf der Grundlage eines Behandlungsvertrages, auf den vorbehaltlich der durch das Patientenrechtegesetz neu eingefügten Vorschriften der §§ 630a ff BGB das Dienstvertragsrecht anwendbar ist. Weil nach Dienstvertragsrecht kein Erfolg, sondern nur die Behandlung lege artis geschuldet ist, bestehen keine zivilrechtlichen Garantiepflichten. Anderes gilt nur, wenn ausschließlich zahntechnische Leistungen geschuldet sind (dann Garantiehaftung nach Werkvertragsrecht – jedoch nur für bei Eingliederung vorhandene Mängel). Bei der Versorgung von GKV-Patienten erstreckt sich die gegenüber der KZV abgegebene zweijährige Gewährspflicht (§ 137 Abs. 4 Satz 3 SGB V) nicht auf implantologische Leistungen.

Lediglich bei Behandlungsfehlern haftet der Zahnarzt

Treten Beeinträchtigungen an komplikationslos gesetzten Implantaten ein und sind deshalb Folgebehandlungen erforderlich, so sind deren Kosten – weil kein Behandlungserfolg geschuldet ist – vom Patienten zu tragen. Die GKV übernimmt hierfür grundsätzlich keine Folgebehandlungskosten; PKV- oder zusatzversicherte Patienten genießen je nach den Versicherungsbedingungen Versicherungsschutz. Sind Folgebehandlungen auf Behandlungsfehler zurückzuführen – was bei Zahlungsklagen des Zahnarztes vielfach eingewendet wird -, können Folgekosten als Schadensposition gegen den Behandler geltend gemacht werden.

Herstellergarantie zugunsten des Zahnarztes

Viele Implantat-Hersteller gewähren freiwillig nach ihrem Ermessen ausgestaltete Garantieleistungen. Tatsächlich werden Garantierechte vielfältig an bestimmte Voraussetzungen geknüpft (zum Beispiel zeitliche Beschränkung, obligatorische exklusive Verwendung von Produkten des Garantiegebers, spezifiziertes Prozedere bei Schadensmeldung) und nur in engen Grenzen eingeräumt (zum Beispiel prinzipieller Ausschluss bestimmter Risikofaktoren wie Traumata, Extremsportarten, Fälle höherer Gewalt oder patientenseitige Mitverursachung; Beschränkung auf – ggf. genau definierten erweiterten – Materialersatz; Beschränkung oder Ausschluss von Folgebehandlungskosten, größtenteils zudem beschränkt auf den 2,3-fachen GOZ-Satz).

Die Prüfung weitergehender Haftungsansprüche des Zahnarztes gegen den Implantat-Hersteller kann aber sinnvoll sein – insbesondere wenn der Zahnarzt selbst von einem Patienten in Anspruch genommen wird. Haftungsbegrenzungen können sich aus Verjährungsregelungen oder Haftungsbeschränkungen ergeben, die entweder auf kaufrechtlichen Gesetzesregelungen oder aber auf abweichenden allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) des Verkäufers beruhen. Im letztgenannten Fall muss die Wirksamkeit der AGB geprüft werden. Zulässig – jedoch nicht unbestritten – ist dabei zum Beispiel die Verkürzung der regelmäßigen Verjährungsfrist gegenüber einem Unternehmer (Zahnarzt) auf ein Jahr.

Zusatzversicherung des Patienten

Zusätzliche Versicherungen des Patienten, die zum Beispiel im Falle des Implantatverlustes Folgekosten abdecken, ähneln im Ergebnis einer „Garantie“. Auch die Versicherungsbedingungen sehen jedoch meist Beschränkungen vor. So kann der Leistungsumfang auf Materialersatz, bestimmteHauptbehandlungs-Leistungen zu maximalen Steigerungssätzen und Festkostenzuschüsse für erforderliche Suprakonstruktionen begrenzt sein. Voraussetzung kann auch die Leistungserbringung durch bestimmte Behandler sein.

Begriff „Vollkasko-Implantat“ kann unlauter sein

Faktisch können mit diesem Modell auch Marketingeffekte für den Implantat-Hersteller und exklusiv tätige Zahnärzte verbunden sein, wobei den Anforderungen des Wettbewerbsrechts Rechnung getragen werden muss. So ist zum Beispiel die Verwendung des Begriffs „Vollkasko-Implantat“ dann unlauter, wenn auf tatsächlich bestehende Einschränkungen nicht hinreichend deutlich hingewiesen wird (OLG Hamm, Urteil vom 21. Juni 2011, Az. 4 U 215/10).