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30.08.2013·Sofortimplantation Ästhetisch ansprechendes Ergebnis mit transgingival einheilenden Implantaten

·Sofortimplantation

Ästhetisch ansprechendes Ergebnis mit transgingival einheilenden Implantaten

von Dr. Georg Taffet, Rielasingen-Worblingen

| „Um ein ästhetisch ansprechendes Ergebnis der Implantatbehandlung zu erreichen, ist das tief subgingivale Setzen der Implantate auf bzw. unter Knochenniveau notwendig und die geschlossene, subgingivale Einheilung.“ – Das ist heute eine unbestrittene dominierende Lehrmeinung in der zahnärztlichen Implantologie. Der Autor geht dennoch einen anderen Weg und beschreibt die Implantation mit transgingival einheilenden Implantaten. |

Chronische Entzündungen nach der Implantation

Bei der Implantatbehandlung mit tief subgingival inserierten Implantaten auf bzw. unter Knochenniveau und die geschlossene subgingivale Einheilung sind die Papillen danach oft – wenn überhaupt vorhanden – asymmetrisch und zu kurz. Sehr häufig kommt es vor, dass sich das um die Emergenz der Implantatkronen befindliche Gewebe danach vernarbt, glatt und aufgequollen zeigt – Zeichen einer chronischen Entzündung. Spätestens seit den Studien von Zipprich aus dem Jahre 2007 ist klar:

 

Tief subgingival, manchmal subossär liegende Verbindungsspalten stellen eine „Bakterien-Autobahn“ in der Tiefe der Gewebe dar und ermöglichen die Penetration von Mikroorganismen aus der Mundhöhle bis tief in Bereiche, in denen sie ungesund sind. Abgesehen davon, dass die Ergebnisse einer subgingivalen Implantation selten einer wirklich kritischen Beurteilung nach den objektiven Kriterien der Zahnästhetik bzw. der gingivalen Ästhetik standhalten, haben sie handfeste Nachteile: Meist entwickeln sich in den Hohlräumen der Implantate und der Suprakonstruktionen Anaerobier. Die Folge ist ein fauliger Mundgeruch, der die Lebensqualität des Implantatträgers beeinträchtigt. Die Reinigung der 5 bis 8 mm tiefen periimplantären „Tasche“ ist fast nicht möglich. Chronische Mukositis und Periimplantitis sind häufig die Folge.

Die Verwendung von transgingival einheilenden Implantaten

Die Verwendung eines klassischen transgingival heilenden Implantats mit Tulpe hilft, viele dieser Probleme zu vermeiden: Das Implantat-Abutment-Interface befindet sich weit weg vom Knochen und lässt auf Gingivaniveau genügend Raum für die Ausbildung einer gesunden biologischen Breite. Die klinische Krone wird deutlich kürzer, weil das Implantat höher steht und die Krone weniger tief reichen muss. Als Folge werden auch die Kräfte, die auf die Implantat-Abutment-Verbindung wirken, deutlich geringer sein, weil der Hebelarm, über den die Kaukräfte einwirken, kürzer ist. Daraus ergeben sich weniger Mikrobeweglichkeit, weniger Schraubenlockerungen, weniger Frakturen, weniger Ärger. Ästhetisch jedoch besteht bei der Verwendung von transgingivalen Implantaten ein Problem: die Sichtbarkeit des grauen Schimmers des Titans am Gingivalsaum.

 

Daraus ergeben sich Fragen: Ist dieses Problem lösbar? Ist es möglich, die Vorteile der supraossären, transgingival heilenden Implantate zu nutzen, die Nachteile der subgingivalen Techniken zu umgehen und trotzdem ästhetisch gute Ergebnisse zu erreichen? Folgender Patientenfall soll eine Antwort geben.

Der Patientenfall

Die Zähne 11 und 21 der vitalen 71-jährigen Frau waren endodontisch und chirurgisch austherapiert. Die Patientin litt unter chronischen Schmerzen, röntgenologisch ist der Zustand nach WSR erkennbar. Die Extraktion der beiden mittleren Schneidezähne war unumgänglich. Sie wurden in Lokalanästhesie sorgfältig luxiert, um die vestibuläre Knochenlamelle nicht zu brechen. Nach der Extraktion waren – wie zu erwarten – die beiden knöchernen Defekte apikal tastbar. In diesem Bereich war die vestibuläre Kompakta nach den vorhergehenden WSR und den chronischen entzündlichen Prozessen perforiert, die Schleimhaut ließ sich ausbeulen.

 

Die beste Vorgehensweise in dieser Situation ist meiner Meinung nach ein Schnitt in die alte WSR-Narbe. Vorsichtig aufgeklappt, gibt die Schleimhaut den sicheren Zugang zu den apikalen Defekten frei. Dabei wird das Gewebe um den Alveolarrand nicht berührt, die Papillen werden geschont und die vestibuläre Alveolarwand wird nicht deperiostiert, um die Vitalität des dünnen sensiblen Knochens nicht zu gefährden.

 

Gleichzeitig ist jedoch die sichere Entfernung des Granulationsgewebes problemlos möglich. Die knöchernen Defekte wurden ebenso wie die Restalveolen vorsichtig mit geringer Drehzahl und unter Kühlung mit isotonischer Kochsalzlösung ausgebohrt und ausgiebig gespült. Die Implantate wurden gemäß dem von mir entworfenen „Biologische Breite Protokoll“ mit dem Rand der Plattform auf Höhe der Schmelz-Wurzelzement-Grenze der beiden Nachbarzähne mittig in die Alveolen gesetzt. Der Randspalt wurde mit Knochenregenerationsmaterial augmentiert, ebenso die apikalen Defekte. Diese wurden auch mit Kollagenmembran gedeckt, die Inzision mit Cytoplast 5,0-Naht fortlaufend vernäht und eine Röntgenaufnahme gefertigt. Während der Entwicklungszeit wurde Kofferdam gelegt. Die vorab gefertigte Marylandbrücke wurde sofort – post OP – adhäsiv mit Multilink zementiert.

 

Die Wundheilung verlief wie erwartet problemlos. Fünf Monate post OP – nach Entfernen der Marylandbrücke – waren die Implantate reizlos eingeheilt. Laut „Biologische Breite Protokoll“ ist die Vorgehensweise schnell und einfach, wie an einem natürlichen Zahn: Gingivektomie mittels Elektrotom, die Massivabutments in den Implantaten mit 35 Ncm befestigen, Präparieren der Abutments und der Implantatschulter mit rotem Winkelstück und Hartmetallfräsen. Dabei wird der Implantatschulterrand analog – wie an einem natürlichen Zahn, girlandenförmig der Anatomie des Kieferkammes folgend – 1,5 bis 2 mm subgingival versenkt. Durch die Präparation wird aus dem Implantat mit der platten, anatomisch ungünstigen Form ein individualisiertes, der lokalen Kieferkammanatomie angepasstes „Scaloped Implant“ (Lamb, Tarnow, Sclar). Die Einheilung erfolgt klassisch mit Retraktionsfäden.

 

Anschließend werden Zahnkranz und Modelle konventionell und preiswert, ohne teure Laboranaloge, aus Superhartgips angefertigt, gesägt, einartikuliert und VM-Kronen im Labor hergestellt. Zeitnah fand die Eingliederung statt.

Das Resultat

Vier Jahre später ist das Ergebnis stabil. Nur die Wölbung der Alveolarränder ist fast unmerklich flacher geworden: Die Implantate sind dünner als es die natürlichen Zahnwurzeln waren, ein gewisses Remodelling des Alveolarkamms ist deshalb unumgänglich. Die Schleimhaut ist rosig und reizfrei, die natürliche Stippelung der gesunden Gingiva fixa ist erhalten und es gibt keine Narben im sichtbaren Bereich. Die Nachbarzähne sind mit Veneers entsprechend dem Patientenwunsch angepasst worden. Die Sondiertiefe um die Implantate beträgt analog wie an den gesunden Nachbarzähnen 2 mm. Nach diesem Protokoll gesetzte und versorgte Implantate verhalten sich wie einteilige Implantate, haben keine Hohlräume, die von Bakterien besiedelt werden können, keine Schrauben, die sich lockern können, und keine Mikrobeweglichkeit.

 

Bei einer Beweglichkeit unter Belastung würde sich die zementierte Krone sofort lockern, was jedoch bis heute nicht vorgekommen ist. Das knöcherne Remodelling bleibt auch nach vier Jahren aufgrund der mechanisch stabilen Implantat-Kronen-Verbindung um die Implantate weitgehend aus.

 

Das „Biologische Breite Protokoll“ ermöglicht in Verbindung mit transgingival einheilenden Implantaten zuverlässige und langzeitstabile ästhetische Ergebnisse. Selbst in Risikofällen wie diesem – mit extrem hoher Lachlinie und dünner Gingiva – erfolgt die Implantation ich nach diesem Vorgehen. Sollte es dennoch eine kleine Rezession während der Wundheilung geben, erfolgt eine um wenige Millimeter tiefere Präparation.

 

Falls über die Jahre infolge der physiologischen Gingivarezession (0,1 mm pro Jahr durchschnittlich), wie sie an natürlichen Zähnen auftritt, irgendwann die Kronenränder an den Implantaten freiliegen, wird – wie am natürlichen Zahn – die Krone entfernt, die Präparationsgrenze tiefer gelegt, abgeformt und eine neue Krone gefertigt. Diese Korrekturmöglichkeit ist ein weiterer, sehr entscheidender Vorteil dieser Vorgehensweise.

 

Dank der einfachen prothetischen Versorgung – ohne Spezialteile – und dem geringen Zeitaufwand durch nur einen chirurgischen Eingriff freut sich die Patientin auch Jahre später noch über eine fast schmerzfreie und stabile Versorgung.

 

Weiterführender Hinweis

  • Fotos zur Falldokumentation und eine Literaturliste stellt Ihnen der Autor auf Anfrage gerne per Mail zur Verfügung: Georg.Taffet@t-online.de