“Wiedereinführung der Budgetierung gefährdet Patientenversorgung”
Mit Entrüstung reagiert die Kassenzahnärztliche Vereinigung Bayerns (KZVB) auf den am 4. Juli bekannt gewordenen Entwurf des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes. Bundgesundheitsminister Karl Lauterbach plant nicht nur die Wiedereinführung der Budgetierung in der vertragszahnärztlichen Versorgung, er will sie sogar noch verschärfen.
Die Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) für zahnerhaltende Maßnahmen wurden 1993 vom damaligen Bundesgesundheitsminister Horst Seehofer gedeckelt. Sie durften nicht stärker steigen als die sogenannte Grundlohnsumme – unabhängig vom tatsächlichen Behandlungsbedarf. Erst die Corona-Pandemie führte dazu, dass dieses leistungsfeindliche und planwirtschaftliche Steuerungsinstrument 2021 und 2022 ausgesetzt wurde.
Zahnärzte sind keine Kostentreiber
„Wir hatten alle gehofft, dass das Damoklesschwert Budgetierung dauerhaft verschwindet. Jetzt soll es, während die Pandemie noch andauert, in einer noch bedrohlicheren Form zurückkehren. Wenn Herrn Lauterbach und seinem Ministerium nichts Besseres einfällt, um die Defizite in der GKV zu reduzieren, ist das wahrlich ein Offenbarungseid und ein Beleg für Unwissenheit. Die Zahnärzte sind nämlich definitiv nicht der Kostentreiber im deutschen Gesundheitssystem. Unser Anteil an den GKV-Gesamtausgaben ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich von rund 11 auf aktuell 6,25 Prozent zurückgegangen“, so Christian Berger, Vorsitzender des Vorstands der KZVB.
Landpraxen besonders betroffen
Dr. Rüdiger Schott, stellvertretender Vorsitzender der KZVB und Zahnarzt im oberfränkischen Sparneck, befürchtet schwerwiegende Folgen für die flächendeckende Versorgung:
„Landpraxen haben traditionell einen höheren Anteil an GKV-Leistungen als Praxen in den städtischen Ballungsräumen, wo mehr privat Versicherte leben. Wenn die Vergütung der GKV-Leistungen nicht mehr vollumfänglich garantiert ist, wird der ländliche Raum noch unattraktiver für die jungen Kolleginnen und Kollegen. Viele Alterspraxen werden keinen Nachfolger finden. Die Niederlassungsbereitschaft sinkt noch weiter, der Konzentrationsprozess wird weiter voranschreiten. Die Folge wären weite Wege für viele Patienten zur nächsten Zahnarztpraxis.“
Ungedeckte Schecks ausgestellt
Dr. Manfred Kinner, Mitglied des Vorstands der KZVB, ergänzt: „Es ist der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung gelungen, dass in den vergangenen Jahren zahlreiche neue Leistungen auf höchstem wissenschaftlichen Niveau in den GKV-Leistungskatalog aufgenommen wurden. Die Richtlinie zur Behandlung von Parodontitis und die Unterkieferprotrusionsschiene verbessern die Patientenversorgung enorm in der Breite. Wenn jetzt die Ausgaben in den wichtigsten Leistungsbereichen wieder gedeckelt werden, hätten wir uns das sparen können. Wer mehr Leistungen verspricht, muss sie auch vollumfänglich finanzieren. Die Wiedereinführung der Budgetierung soll auf Seiten der Krankenkassen im ersten Jahr 120 Millionen Euro einsparen. Das entspricht ziemlich genau einem Jahreshaushalt der gematik. Herr Lauterbach sollte bei der Telematik-Infrastruktur nach den fehlenden Milliarden suchen. In dieses Projekt sind seit seiner Gründung fast 20 Milliarden Euro geflossen – bis dato ohne erkennbaren Nutzen.“
Mitteilung der MZV Bayern vom 08.07.2022