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01.02.2016·Abrechnung Die Anwendung der Adhäsivtechnik: Verfahren,Laborleistungen und Abrechnung

·Abrechnung

Die Anwendung der Adhäsivtechnik: Verfahren,Laborleistungen und Abrechnung

| Mit der neuen GOZ-Nr. 2197 für die adhäsive Befestigung in der GOZ 2012 ist das zahnärztliche Honorar abgegolten. Sie umfasst den intraoral erforderlichen zahnärztlichen Mehraufwand gegenüber einer konventionellen Klebung. Das ggf. extraoral erfolgende Vorbereiten eines zahntechnischen Werkstücks oder Konfektionsteils durch z. B. Anätzen oder Sandstrahlen ist als zahntechnische Leistung nach § 9 zusätzlich berechenbar. Doch die verschiedenen Verfahren, Begriffe und Materialien verunsichern, wenn es um die Berechnung zahntechnischer Leistungen geht. |

Anwendungsbereiche der Adhäsivtechnik

Die Adhäsivtechnik wird in der Zahnerhaltung, Kieferorthopädie und schwerpunktmäßig in der Prothetik angewandt. Der Begriff „Adhäsion“ beschreibt das Haften unterschiedlicher Substanzen durch Annäherung an den Berührungsflächen und dadurch wirksam werdende Anziehungskräfte. Um das Endergebnis zu erzielen, wird eine feste Fläche – z. B. ein Zahn – und eine Flüssigkeit – das Adhäsiv – benötigt. Dabei spielt meist die Rauigkeit der festen Oberfläche in Verbindung mit einem dünn fließenden Adhäsiv die Hauptrolle.

 

Um eine Schmelzhaftung im Rahmen der Adhäsivtechnik zu erzielen, wird eine 30- bis 40-prozentige Phosphorsäure verwendet. Diese bewirkt die erforderliche Oberflächenbeschaffenheit für eine mikromechanische Verankerung von Kunststoffen. Die Behandlung der Oberfläche (Konditionierung) ist ein eigenständiger Arbeitsschritt. Anfangs konnte nur der Schmelz konditioniert werden, wobei jedoch eine Schmierschicht entstand, die die Haftung des Komposits einschränkte. Bald erfolgte die Ätzung beider Zahnhartsubstanzen mit Phosphorsäure, heute unter dem Begriff „Etch- & Rinse-Technik“ bekannt.

 

Nach der Phosphorsäure-Ätzung wird ein Primer zur Vorbehandlung der Oberfläche appliziert, der die Schmierschicht beseitigt. Anschließend wird das Adhäsiv zur chemischen Bindung an das aufzutragende Komposit aufgebracht. Im Zuge der Forschung wurden All-in-one-Adhäsive entwickelt, die Ätzmittel, Adhäsiv und Primer in einem Produkt vereinen. Das erste selbstadhäsive Befestigungsmaterial wurde 2005 mit dem Produkt RelyX Unicem (3M Deutschland) auf dem Markt etabliert. Hier ist eine Vorbehandlung von Dentin und Schmelz nicht erforderlich. Edelmetallhaltige und edelmetallfreie Legierungen, Oxid- und Silikatkeramiken können damit befestigt werden.

 

Die folgenden Fachbegriffe sind hier besonders relevant:

 

  • Oberflächenätzung: Auftragen von Säuren auf Oberflächen

 

  • Oberflächenkonditionierung: Restaurationsmaterialien, die mit selbstadhäsiven Befestigungszementen eingegliedert werden, müssen wie bei der konventionellen adhäsiven Befestigung konditioniert werden. Die Oberfläche wird dabei durch Ätzung oder Sandstrahlen bearbeitet.

 

  • Adhäsivtechnik: Hierzu gehören z. B. Zahnschmelz und Dentin, ein Werkstoff wie Komposit und ein Adhäsiv – mit Ausnahme der Selbstadhäsive als Verankerungshilfe. Der Verbundprozess wird als Silanisierung bezeichnet und zum Beispiel mit dem Rocatec-Verfahren erzielt, das seit rund 25 Jahren auf dem deutschen Markt etabliert ist. Es besteht aus einem Beschichtungsgerät und unterschiedlichen Strahlsanden sowie einer Silanlösung (Haftvermittler zum Kunststoff). Metall-, Kunststoff- oder Keramikoberflächen (auch Zirkonoxid) können durch Rocatec mit einer silikatischen (kieselsäurehaltigen) Adhäsivschicht belegt werden, die den dauerhaften retentionsfreien Verbund zu Kunststoffen sicherstellt.

 

Beispielhaft wird das Verfahren angewandt und berechnet bei der

 

  • Verblendung von Kronen und Brücken
  • Verblendung von Sekundärteilen (z. B. Teleskop- und Geschiebearbeiten)
  • Modellgussprothetik (Verbindung Modellguss – Kunststoff)
  • Verblendung von Modellgusssattelbereichen oder Klammern
  • Suprakonstruktionen in der Implantologie
  • Galvanoprothetik
  • Verblendungsreparaturen bei Keramik oder Komposit
  • Verklebung von Adhäsivbrücken
  • Charakterisierung von Konfektionszähnen aus Kunststoff oder Keramik
  • Verankerung von Keramikzähnen im Prothesenkunststoff
  • Befestigungsbasis zum Zementieren von Vollkeramiken, In- und Onlays, Veneers und KFO-Brackets
  • Attachments und prothetische Hilfsteile

Haftungsmechanismus

Die zu beschichtende Oberfläche wird durch Bestrahlen mit einem Aluminiumoxid-Strahlsand gereinigt und aufgeraut. Dies bewirkt, dass die Oberfläche ein einheitliches Rautiefemuster aufweist, das für die folgende Verankerung des Kunststoffs ideal ist. Die beschichteten Oberflächen müssen konditioniert werden, um einen Verbund zum Kunststoff herzustellen. Bei der selbstadhäsiven Befestigung unterschiedlicher Werkstoffe können z. B. folgende Vorbereitungen erforderlich sein, wobei die Herstellerangaben zu beachten sind:

 

Werkstoff
Tätigkeit

Edelmetall

Silikatisieren und silanisieren

NEM

Abstrahlen mit Aluminiumoxidpartikeln

oder

Silikatisieren und silanisieren

Zirkonoxid

Abstrahlen mit Aluminiumoxidpartikeln

oder

Silikatisieren und silanisieren

Silikatkeramik

Ätzen und silanisieren

Lithiumdisilikatkeramik

Ätzen und silanisieren

 

Die Vorbehandlung eines neuen Zahnersatzes erfolgt im Dentallabor. Bei der Wiederbefestigung von Inlays, Veneers, Kronen und Brücken wird jedoch der Zahnersatz meist im Praxislabor vorbehandelt. Die Honorierung der Arbeitsschritte erfolgt über „Nicht-BEL“-Ziffern. In der BEB 97 (vierstellig) und in der BEB-Zahntechnik (sechsstellig) sind bereits einige Leistungsziffern enthalten. Die Preise kalkuliert der Zahnarzt.

 

Leistungs-Nr.
Leistungsinhalt und Erläuterungen

5306

Keramik/gegossenes Glas konditionieren

5.03.04.0

Keramikfläche konditionieren

5.03.07.0

Kompositfläche konditionieren

5307

Metallfläche konditionieren (Metall-Kunststoff-Verbundsystem)

5.03.05.0

Metallfläche konditionieren (je Zahn/Flügel)

5308

Modellgussteil konditionieren je Sattel (Metall-Kunststoff-Verbundsystem)

5.03.06.0

Metallbasisteil konditionieren (je ersetztem Zahn)

5309

Kunststofffläche konditionieren (Kunststoff-Kunststoff-Verbundsystem bei unterschiedlichen Kunststoffarten)

5310

Konfektionszähne aus Keramik konditionieren (Verbund Keramik-Kunststoff), für einen gnathologisch aufwendig hergestellten Zahnersatz, z. B. Gutowski-Prothese

5401

Keramik/gegossenes Glas ätzen

5.03.03.0

Keramikfläche ätzen

 

 

  • Beispiele
Modellgussprothese mit acht Rückenschutzplatten

4902

8

Rückenschutzplatte für Kunststoff-/Kompositverblendung

5307

8

Metallfläche silanisieren/konditionieren

4004

1

Metallbasis UK

5308

3

Modellgussteil silanisieren/konditionieren/opakern, je Sattel

eMax Krone (Litihiumdisilikat)

2152

1

Krone aus Presskeramik zur Keramikverblendung

5306

1

Keramikfläche konditionieren

NEM-Brücke 15-25 mit Kompositverblendungen

2.02.07.0

10

Verblendung Komposit

5.03.05.0

10

Metallfläche konditionieren je Zahn/Flügel

 

Die Vielzahl an Adhäsivtechniken, Produkten und Werkstoffen beim Zahnersatz erschwert in der Abrechnung die Entscheidung, welche zahntechnischen Leistungen zu berücksichtigen sind. Wird eine praxisbezogene Checkliste erstellt und werden die Befestigungsmaterialien, die verwendeten Produkte und die Materialbeschaffenheit des Zahnersatzes (z. B. Edelmetalllegierung, NEM, Zirkon, Keramik, PEEK) zugeordnet, verringert das den Verwaltungsaufwand bei der Abrechnung und reduziert Honorarverluste bei Kassen- und Privatpatienten.