Uncategorized

06.05.2015·Aktuelle Rechtsprechung Vertrauen auf Fortbestand einer Regelungslücke in Beihilfeverordnung nicht schutzwürdig

·Aktuelle Rechtsprechung

Vertrauen auf Fortbestand einer Regelungslücke in Beihilfeverordnung nicht schutzwürdig

von Norman Langhoff, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Medizinrecht, RBS-RoeverBroennerSusat, www.rbs-partner.de 

| Ein Landesgesetzgeber ist nicht gehindert, eine Regelungslücke in der Beihilfeverordnung zu schließen, die auf einer Streitfrage in der Rechtsprechung beruht. Eine solche Änderung darf auch rückwirkend erfolgen, wenn kein schutzwürdiges Vertrauen der Beihilfeberechtigten besteht. |

 

Beamter sah Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot

Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen hat mit Beschluss vom 19. Januar 2015 (Az. 1 A 878/13) die Nichtzulassungsbeschwerde eines beihilfeberechtigten Landesbeamten gegen das erstinstanzliche Urteil zurückgewiesen. Er hatte vor allem geltend gemacht, § 4 Abs. 2 Buchstabe b) der Beihilfeverordnung NRW (BHV) in der ab 1. April 2009 geltenden Fassung verstoße gegen das verfassungsrechtliche Rückwirkungsverbot. Er habe nicht damit rechnen müssen, dass der Verordnungsgeber im November 2009 rückwirkend zum 1. April 2009 die in der Rechtsprechung streitigen Fälle der Implantate in einer Einzelzahnlücke zu seinem Nachteil ändern würde.

 

OVG NRW: Rückwirkende Einschränkung bei der Erstattung war rechtmäßig

Die Ehefrau des Beamten hatte auf der Grundlage eines Heil- und Kostenplans (HKP) vom 15. September 2009 wegen der verringerten Belastungsfähigkeit der angrenzenden beiden Zähne bzw. Vermeidung der Entfernung zweierangrenzender intakter Brücken die implantatgetragene Versorgung des dazwischen liegenden Zahnes durchführen lassen. In der ab 1. April 2009 geltenden Fassung der BHV sind enumerativ die Fälle der Beihilfefähigkeit von Implantatversorgungen geregelt. Erstattungsfähig sind Aufwendungen bei Einzelzahnlücken nun nur noch, soweit nicht beide Nachbarzähne überkront sind.

 

Der Beihilfeberechtigte musste damit rechnen, dass nichtige Vorschriften durch rechtmäßige ersetzt werden

Bis zum 31. März 2009 war dieser Sachverhalt gar nicht geregelt; die Rechtsprechung hatte in Streitfällen bis dato die Beihilfefähigkeit bejaht, weil die restriktiven Voraussetzungen als richtig angesehen wurden. Ein Vertrauen darauf, dass diese Rechtslage auch künftig beibehalten würde, sei aber nicht schutzwürdig gewesen. Der Beihilfeberechtigte habe damit rechnen müssen, dass nichtige Vorschriften durch rechtmäßige ersetzt werden. Unerheblich sei es auch, dass die Behandlung teilweise schon im August 2009, teilweise jedenfalls auf Grundlage eines HKP vom 15. September 2009 – und damit jeweils vor Verabschiedung der Rechtsänderung – durchgeführt worden war.

 

Die Entscheidung zeigt, dass grundsätzlich erhöhte verfassungsrechtliche Anforderungen an rückwirkende Rechtsänderungen durch Erwägungen des Vertrauensschutzes gerechtfertigt sein können; dies gilt insbesondere dann, wenn ein günstiger Rechtszustand auf lückenhaften Regelungen beruht.