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04.08.2015·Beratungen Die Fremdanamnese – was ist berechenbar?

·Beratungen

Die Fremdanamnese – was ist berechenbar?

| Insbesondere bei Kindern und älteren Patienten kommt es vor, dass Familienangehörige, Freunde, vertraute Bezugspersonen oder bevollmächtigte Betreuer zur Krankengeschichte eines Patienten befragt und in die Therapie einbezogen werden. PI Praxis Implantologie zeigt die Abrechnung auf. |

 

GOÄ-Nr.
Leistungsbeschreibung
Punkte
1,0-fach
2,3-fach
3,5-fach

4

Erhebung der Fremdanamnese über einen Kranken und/oder Unterweisung und Führung der Bezugsperson(en) – im Zusammenhang mit der Behandlung eines Kranken.

220

12,82 Euro

29,49 Euro

44,87 Euro

 

Nach den Abrechnungsbestimmungen ist die GOÄ-Nr. 4 im Behandlungsfall nur einmal und neben einzelnen anderen Ziffern (zum Beispiel neben den GOÄ-Nrn. 30 und 34) nicht berechnungsfähig. Ein Behandlungsfall beschreibt den Zeitraum eines Monats (30 Tage). Solange die gleiche Erkrankung besteht, kann die Ä4 erst wieder nach Ablauf dieser Frist berechnet werden.

Die GOÄ-Nr. 4 enthält keine Beratung

Eine Beratung ist nicht in der Leistung enthalten, sodass die GOÄ-Nr. 1 neben Untersuchungsleistungen aus der GOÄ oder GOZ ansatzfähig ist. Eine altersbezogene Reglementierung ist nicht enthalten. Ist die Erhebung der Fremdanamnese zum Beispiel aufgrund multipler Krankheitsbilder und umfangreicher Medikation sehr bis extremaufwendig, kann entweder der Steigerungsfaktor bis zum 3,5-fachen Gebührensatz nach § 5 Abs. 2 GOÄ angehoben oder eine Honorarvereinbarung nach § 2 Abs. 1 und 2 GOZ getroffen werden. Laut § 6 Abs. 2 GOZ haben Zahnärzte Zugriff auf diesen Abschnitt der GOÄ.

Wer ist eine Bezugsperson und wie wird sie „geführt“?

In der Leistungsbeschreibung heißt es „Bezugsperson“ und nicht „Familienangehöriger“, da zum Beispiel viele ältere und/oder behinderte Menschen in einer Pflegeeinrichtung leben und dort Betreuer über eine Pflegevollmacht verfügen. Bei Waisenkindern übernimmt ein gerichtlich bestellter Betreuer die Vormundschaft. Kinder kommen oftmals nicht mit einem Elternteil zur Behandlung, da diese berufstätig sind. Somit kann auch eine Kinderbetreuerin, Nachbarin oder andere vertraute Person bei der Behandlung anwesend sein. Je nach Alter und Therapie wird diese Person in die Krankengeschichte, Instruktion und Umsetzungen von Anweisungen miteinbezogen. Die Personalien der Bezugsperson werden neben der Rufnummer genauso dokumentiert wie der Gesprächsverlauf, die Maßnahmen der Instruktion, die Führung und der Zusammenhang mit der Erkrankung des Patienten.

 

Nach der GOÄ kann für die Erhebung einer Fremdanamnese unter Einbezug von Bezugspersonen in das Therapiegeschehen oder nur für die Unterweisungund Führung einer Bezugsperson die Ä4 berechnet werden. Bei beiden Varianten muss eine Verbindung zur Behandlung des erkrankten Patienten bestehen. Der Begriff „Fremdanamnese“ bedeutet, dass eine Bezugsperson zur Erkrankungshistorie eines Patienten inklusive Medikation befragt wird, wenn der Patient dazu allein nicht in der Lage ist. Nach Aufnahme der Fremdanamnese werden eventuell mitbehandelnde Ärzte bzw. Zahnärzte im Rahmen eines telefonischen Konsils (GOÄ-Nr. 60) einbezogen, um die Therapie zu definieren.

Sprachliche Barrieren und die Einbindung von Dolmetschern

Im Praxisalltag taucht immer wieder die Frage auf, ob bei Sprachbarrieren die Befragung zur Anamnese und die Instruktion und Führung der Bezugsperson mittels Dolmetscher nach der Ä4 berechenbar ist. Nach dem Wortlaut der Leistungsbeschreibung ist dies nicht ausgeschlossen, weil der Dolmetscher als Bezugsperson die Leistungsinhalte der Ä4 vollumfänglich erbringt bzw. leistet. Übersetzt der Dolmetscher lediglich das Gespräch, indem er die Aussagen des Zahnarztes für eine Bezugsperson des Patienten in eine Fremdsprache übersetzt, kann die Ä4 gleichfalls berechnet werden, wenn auf diesem Weg der Leistungsinhalt erbracht wird.

Kann eine Fremdanamnese telefonisch erfolgen?

In der GOÄ sind Gebührentexte oder Bestimmungen mit Hinweis auf eine telefonische Honorierung enthalten. Beispiele: GOÄ-Nr. 1 Beratung – auch mittels Fernsprecher; GOÄ-Nr. 2 Ausstellung von Wiederholungsrezepten und/oder Überweisungen und/oder Übermittlung von Befunden oder ärztlichen Anordnungen – auch mittels Fernsprecher; GOÄ-Nr. 3 Eingehende, das gewöhnliche Maß übersteigende Beratung – auch mittels Fernsprecher. Die Ä4 enthält keinen Hinweis, dass diese Maßnahme auch telefonisch erfolgen kann. Dennoch kann im Ausnahmefall eine telefonische Fremdanamnese erforderlich sein und auch eine Instruktion und Führung der Bezugsperson auf diesem Wege erfordern. Dieser Sonderfall sollte mit ausführlicher Beschreibung in der Kartei notiert werden.

Ist die Fremdanamnese bei Kleinkindern berechenbar?

Bei Kleinkindern wird grundsätzlich ein Familienmitglied oder eine andere Bezugsperson bei der Behandlung anwesend sein. Aufgrund des Alters wird die Bezugsperson bei der Erhebung der Fremdanamnese tätig und der Instruktion sowie der Führung im Zusammenhang mit der Behandlung des Kleinkindes mitwirken. Ein anderes Vorgehen ist bei Kleinkindern nicht möglich, sodass die Berechnung der Ä4 für diesen Fall kontrovers diskutiert wird. Das Landgericht Karlsruhe lehnte die Berechnung der Ä4 am 14. März 2001 (Az. 1 S 90/99) für die Erhebung der Fremdanamnese ab, entschied aber, dass für die Unterweisung und Führung der Bezugsperson die Ä4 berechenbar ist.

 

FAZIT | Immer wieder kommt es zu Erstattungsproblemen mit privaten Kostenträgern. Wenn die Leistungsinhalte jedoch erbracht und die Abrechnungsbestimmungen erfüllt sind, steht der Abrechnung nichts im Weg. Neben der Dokumentation der Leistungsinhalte sollte unbedingt das Zeitvolumen notiert werden.