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15.07.2011·Der Praxisfall, Teil 2 Navigierte Sofortimplantation und -versorgung mit definitivem individuellen Zirkon-Abutment

·Der Praxisfall, Teil 2

Navigierte Sofortimplantation und -versorgung mit definitivem individuellen Zirkon-Abutment

von Dr. U. Konter, Dr. I. Konter, Dr. K. Krüger, ZTM J. Lübbers, Hamburg

| Im Anschluss an den einführenden Beitrag zum Arbeitsablauf in „Praxis Implantologie“ – PI – Nr. 8/2011 gehen wir anhand des folgenden Fallbeispiels auf die Behandlung ein, anschließend wird die Abrechnung der erbrachten Leistungen erläutert.|

Der Fall

Eine 31-jährige Patientin stellte sich mit einer gelockerten VMK-Krone an Zahn 25 vor. Sie war in gutem Allgemeinzustand, Nichtraucherin und wies keine besonderen Risikofaktoren auf. Röntgenologisch ließen sich eine ausgedehnte subgingivale Karies und der Status nach Wurzelspitzenresektion mit lokaler, scharf begrenzter radiologischer Aufhellung diagnostizieren. Der Zahn 24 war ihr aus kieferorthopädischen Gründen entfernt und die Lücke zum kariesfreien Zahn 23 geschlossen worden.

 

Marginal imponierte eine moderate Gingivitis, bedingt durch den undichten Rand der Krone. Die ästhetische Analyse ergab eine deutliche Sichtbarkeit der Zahnkrone und der sie umgebenden Weichgewebsstrukturen beim Lächeln. Der labiale freie Gingivarand befand sich 2 mm weiter koronal im Vergleich zu den Nachbarzähnen und wies einen Gewebeüberschuss auf. Es lagen ein mittlerer Gingivamorphotyp und eine breite Zone befestigter Gingiva vor. Die Skallopierung war im Normalbereich, die Papillen waren intakt.

 

Nach Entfernung der Krone und Exkavierung der subgingivalen Karies wurde der Zahn 25 aufgrund des ausgedehnten Zahnhartsubstanzdefekts und der unsicheren endodontischen Prognose als hoffnungslos eingestuft. Der Zahn wurde auf Gingivaniveau gekürzt und der Wurzelstumpf mit Glasionomerzement verschlossen. Zusätzlich wurde die insuffiziente Amalgam-Füllung am ersten Molaren entfernt und die Kavität mit einer direkten Composite-Restauration unter Kofferdam und in Inkrementtechnik versorgt. Dadurch etablierten sich präoperativ reizfreie gingivale Verhältnisse. Auf der Basis der initialen Planungsmodelle wurde ein Wax-up des Zahnes 25 erstellt. Anschließend erfolgte die Umsetzung in eine DVT-Schablone mit Bariumsulfat angereichertem Zahn 25, durch den eine zentrale zahnachsengerechte Bohrung angelegt wurde.

 

Nach intraoraler Überprüfung der einwandfreien Passung der Schablone wurde bei der Patientin ein hochauflösendes DVT mit eingesetzter Schablone durchgeführt. Die Auswertung ergab eine 1,5 mm dicke und damit ausreichend stabile bukkale Knochenwand. Das Knochenangebot ließ die virtuelle Platzierung eines 15 mm langen und 4 mm breiten Implantats zu. Die linke Kieferhöhle wies keinen pathologischen Befund auf. Apikal 25 war ein umschriebener mindermineralisierter Prozess erkennbar. Insgesamt bestanden günstige Voraussetzungen für die geplante Sofortimplantation mit Sofortversorgung.

 

Folgender Behandlungsablauf wurde festgelegt:

  • 1.Dreidimensionale Implantatpositionierung im med3D-Planungsprogramm
  • 2.Positionierung der Führungshülse in der DVT-Schablone gemäß Planung
  • 3.Überprüfung der Hülsenposition auf dem Situationsmodell und Herstellung der Sofortversorgung
  • 4.Entfernung von Zahn 25 und hülsengeführte Sofortimplantation
  • 5.Sofortversorgung mit einem individuellen CAD/CAM-gefrästen Zirkon-Abutment und darauf verklebbarer provisorischer Krone
  • 6.Definitive Versorgung nach sechs Monaten

 

Die Implantatschulter wurde mittels der med3D-Planungssoftware virtuell so positioniert, dass folgende Abstände eingehalten wurden: 3 mm apikal zum späteren Zenit des bukkalen Gingivarandes und 2 mm palatinal zum bukkalen Knochenrand. Entsprechend dieser Planung wurde die Diagnostik- zur Navigationsschablone umgearbeitet. Zur intraoperativen Überprüfbarkeit der rotationsgenauen Übertragung der Implantatposition von der Modellsituation in den Patientenmund wurden Einbringpfosten und Navigationsschablone durch eine Kerbe bzw. einen einpolymerisierten Draht markiert.

Abutmentherstellung

Zur Fertigung eines individuellen definitiven CAD/CAM-gefrästen Zirkon-Abutments wurde die zukünftige periimplantäre Weichgewebssituation in eine Silikonmanschette übertragen, deren Gestaltung das Emergenzprofil des Abutments im submukosalen Bereich bestimmte. Zusammen mit dem Wax-up der zukünftigen Krone und dem Gegenkiefermodell wurden die Unterlagen zum Fräszentrum gesandt. Dort erfolgte die virtuelle Konstruktion des Abutments. Die Präparationsgrenze wurde dabei palatinal 0,5 mm über und approximal 0,5 mm unter Gingivaniveau in Auftrag gegeben. Bukkal wurde die zu erwartende Gingivarezession nach Zahnentfernung berücksichtigt und die Präparationsgrenze 2 mm subgingival gelegt. Die Ausdehnung nach palatinal war unterkonturiert, während die vorhandene Weichgewebssituation im approximalen papillären Bereich gestützt wurde. Das fertig gefräste Zirkon-Abutment wurde dann mit einer provisorischen Composite-Krone verklebt.

Sofortimplantation und Sofortversorgung

In Lokalanästhesie erfolgte die minimaltraumatische Entfernung des Zahnes 25. Zunächst wurde das marginale Parodontalligament mit dem Mikroskalpell gelöst und die Sharpey‘schen Fasern wurden im koronaren Drittel der Wurzel mit dem Periotom durchtrennt. In den Wurzelstumpf wurde die Ankerschraube des Benex-Extraktor-Sets eingedreht. Die Zahnentfernung wurde durch die rein axialen Zugkräfte des Benex-Extraktors durchgeführt. Das innere Saumepithel wurde durch einen flammenförmigen Diamanten rotierend entfernt. Nach apikaler Kürettage der Alveole mit einem kleinen scharfen Löffel wurde die Intaktheit der bukkalen Knochenwand überprüft. Die Navigationsschablone wurde eingesetzt und die Pilotbohrungen erfolgten aufsteigend mit Einmalbohrern. Auch die Insertion des Implantats (4,0 x 15 mm) wurde vollständig hülsengeführt vorgenommen. Dieser erlaubte eine exakte und vordefinierte Vertikal-Positionierung der Implantatschulter. Die Übereinstimmung der Kerbe des Einbringpfostens mit der Markierung auf der Bohrschablone bestätigte die genaue Rotationsausrichtung.

 

Durch die hülsengeführte Implantatbettaufbereitung wurde eine hohe primäre Stabilität des Implantats von über 40 Ncm erzielt. Nach Abschrauben des Einbringpfostens erfolgte die Überprüfung der vertikalen und horizontalen Position sowie die Anprobe des vorbereiteten Zirkon-Abutments mit der anpolymerisierten provisorischen Krone. Die klinische Überprüfung der Passung ergab eine perfekte Übertragung der geplanten Implantatposition vom Computer in den Mund der Patientin. Die Krone wurde zunächst wieder abgenommen und eine Verschluss-Schraube zum Schutz des Innengewindes eingesetzt. Der Spalt zwischen den Knochenwänden der ehemaligen Alveole und dem Implantat wurde mit bovinem Knochenersatzmaterial aufgefüllt.

 

Anschließend wurden die Krone wieder eingesetzt, die okklusale Verschraubung festgezogen und der okklusale Schraubenzugang mit lichthärtendem Composite verschlossen. Im Rahmen der Funktionskontrolle waren auf der Implantatkrone weder Kontakte in statischer noch in dynamischer Okklusion feststellbar. Das postoperative Röntgenbild zeigte die korrekte Positionierung des Implantats. Die Patientin wurde instruiert, die Region für die kommenden sechs Wochen keiner Kaubelastung auszusetzen und im Wundbereich für eine Woche die Plaquekontrolle zwei- bis dreimal täglich nur mit Chlorhexidin 0,2 Prozent durchzuführen. Der postoperative Heilungsverlauf war unauffällig. Durch das minimalinvasive Vorgehen traten nach dem Eingriff keine erwähnenswerten Beschwerden oder eine Schwellung auf.

 

Sechs Monate nach dem Eingriff wurde ein „Gemini-Abutment“ – eine genaue Kopie des schon integrierten Abutments – im Fräszentrum angefordert. Darauf wurde ein Zirkonkäppchen hergestellt. Im Munde wurde die provisorische Kunststoffkrone vorsichtig geschlitzt, entfernt und die Lage der Präparationsgrenzen beurteilt. Der feste Sitz der Abutmentschraube wurde durch die Anwendung eines Drehmoments von 25 Ncm mittels einer Ratsche sichergestellt. Dann wurden die Passung des Zirkonkäppchens überprüft und die aktuellen Weichteilverhältnisse durch eine „Pick-up-Abformungf“ auf ein Modell übertragen. Nach einer Rohbrandeinprobe erfolgte die Zementierung der endgültigen Versorgung. Die Zahnfilm-Röntgenkontrolle mit der definitiven Rekonstruktion dokumentierte die vollständige Osseointegration des Implantats und den spaltfreien Sitz der prothetischen Rekonstruktion.

 

Fazit |

Die Sofortimplantation in Kombination mit einer Sofortrekonstruktion hat sich als eine sichere Behandlungsmodalität bei geeigneten anatomisch-klinischen Voraussetzungen bewährt. Dieses Konzept hat den Vorteil, dass bei ausreichender Primärstabilität eine unmittelbare Stützung des bukkalen Weichgewebes und der gingivalen Papillen durch die festsitzende Versorgung erfolgt. Die vorhandene Gewebestruktur kann somit ohne weitere Manipulation optimal erhalten bleiben. Zudem können im Zuge der Sofortimplantation augmentative Maßnahmen im periimplantären Randbereich sicher mit dem individuell angepassten Abutment abgedichtet werden. Eine anderenfalls notwendige plastische Deckung mit der daraus resultierenden Verschiebung der Mukogingivalinie ist dadurch ebenfalls überflüssig.