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03.05.2016·Abrechnung Schleimhauttransplantat: Ist die Vestibulumplastik berechenbar?

·Abrechnung

Schleimhauttransplantat: Ist die Vestibulumplastik berechenbar?

| Eine Vestibulumplastik erzielt dauerhafte Ergebnisse, wenn die Wundfläche mit einem freien Schleimhauttransplantat (FST) abgedeckt wird. In den letzten Monaten erreichten die Redaktion vermehrt Anrufe, dass die private Krankenversicherung (PKV) bei derartigen Patientenfällen die Vestibulumplastik nicht anerkennt und somit die Kosten ablehnt. PI stellt einen Patientenfall vor und zeigt Lösungsansätze für den Schriftverkehr auf. |

Der Behandlungsfall

Bei einem Privatpatienten wurde regio 36 bis 38 eine Vestibulumplastik mit einem freien Schleimhauttransplantat vorgenommen und berechnet. Nach Weitergabe der Rechnung an die PKV erhielt der Patient diese Mitteilung:

 

Für die Schleimhauttransplantation wurde die GOZ Nr. 4130 berechnet. Die Kosten für diese Leistung hat Herr Mustermann im tariflichen Rahmen erhalten. Der Leistungsinhalt der GOZ Nr. 4130 lautet: „Gewinnung und Transplantation von Schleimhaut, ggf. einschließlich Versorgung der Entnahmestellen, je Transplantat.“ Die GOZ-Nr. 4130 umfasst somit folgende Behandlungsschritte: Gewinnung (Entnahme) eines Transplantats; Schaffung des Transplantatbetts; Einpflanzung (Einbringen) des Transplantats an die gewünschte Stelle; Befestigung des Transplantats an der Stelle; Versorgung (Deckung) der Entnahmestelle.

 

Insofern sind mit dieser Position alle notwendigen Leistungen inklusive der Schaffung des Transplantatbetts im Rahmen einer Schleimhauttransplantation abgegolten. Dies bestätigt auch die BZÄK in ihrem aktuellen Kommentar folgendermaßen: „Die Gebührennummer beschreibt die Transplantation von Gingiva oder anderer Mundschleimhaut als die Entnahme einschließlich der Versorgung der Entnahmestelle sowie die Schaffung des Transplantatbettes und die Einpflanzung des Transplantats einschließlich dessen Befestigung“ (GOZ-Kommentar der BZÄK, Stand Oktober 2015). Insofern ist die Berechnung der GOÄ-Nr. 2675 und des OP-Zuschlags nach GOÄ-Nr. 444 als eigenständige Leistung im Rahmen der Schleimhauttransplantation nicht sachgerecht. Die Kosten von 189,71 Euro sind von der Erstattung ausgenommen.

 

Reaktion auf die Kürzung

Das Zitat der BZÄK ist korrekt, allerdings sind nicht alle Informationen wiedergegeben worden. Unter der Rubrik „Zusätzlich berechnungsfähige Leistungen“ steht vermerkt, dass Vestibulumplastiken nach den GOÄ-Nrn. 2675, 2676 oder 2677 berechenbar sind sowie ggf. ein Zuschlag für ambulantes Operieren neben einem Transplantat in Ansatz gebracht werden kann.

 

Vestibulumplastik

Unter normalen anatomischen Bedingungen ist der Kieferkamm von einer besonderen Hautschicht bedeckt, die eine Zwischenstellung zwischen der verhornten Außenhaut der Körperoberfläche und den unverhornten Schleimhäuten im Inneren des Körpers einnimmt. Diese Hautschicht wird „Gingiva propria“ oder „attached Gingiva“ genannt. Die Vestibulumplastik (Mundvorhofplastik) ist ein kieferchirurgisches Verfahren, mit dem das Problem der zu schmalen oder nicht vorhandenen Gingiva propria gelöst werden kann. Dabei wird das fehlende Gingivagewebe in der Regel durch Gaumenschleimhaut ersetzt. Eine weitere Indikation ist z. B. die Beseitigung von einstrahlenden Bändern und beweglicher Schleimhaut im Bereich von Implantaten (Durchtrennung, Abtragen der Muskeln und Bänder). Durch diese chirurgischen Maßnahmen werden Implantate nachhaltig vor beweglicher Schleimhaut geschützt.

 

OP-Beschreibung

Nach Lokalanästhesien wird im Rahmen einer Vestibulumplastik die Schleimhaut am Kieferkamm durchtrennt, abgelöst und in der Nähe der Kieferbasis (tief im Mundvorhof) wieder befestigt. Hierbei entsteht eine offene Wunde vergleichbar einer Schürfwunde der Haut. Diese kann man der Heilung überlassen. Allerdings werden aufgrund von unkontrollierter Narbenbildung mit zum Teil ausgeprägter Schrumpfung bessere Ergebnisse erreicht, wenn die Wundfläche mit einem Schleimhauttransplantat abgedeckt wird.

Relevante Gebührenziffern und Honorierung

Die folgenden Gebührenziffern können berechnet werden:

 

GOZ-Nr. 3240

Vestibulumplastik oder Mundbodenplastik kleineren Umfangs, auch Gingivaextensionsplastik, je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich, für einen Bereich bis zu zwei nebeneinanderliegenden Zähnen, ggf. auch am zahnlosen Kieferabschnitt (2,3-facher Gebührensatz 71,15 Euro)

GOÄ-Nr. 2675

Partielle Vestibulum- oder Mundbodenplastik oder große Tuberplastik, je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich (2,3-facher Gebührensatz 113,94 Euro)

 

Berechenbare Leistungen

Aus der OP-Beschreibung wird ersichtlich, dass zuerst eine Vestibulumplastik durchgeführt, das FST am Gaumen präpariert und entnommen wird, bevor es auf der Wundfläche – also an der Oberfläche – befestigt wird. Die Vestibulumplastik ist eine eigenständige Leistung, die abhängig vom regionalen Ausmaß des Gingivadefekts entweder nach den GOZ-Nrn. 3240 und 0510 oder bei einer Region größer als zwei Zahnbreiten – vergleichbar beim zahnlosen Abschnitt – nach den GOÄ-Nrn. 2675 und 444 berechnungsfähig ist.

 

Ein OP-Zuschlag ist nur einmal je Behandlungstag berechenbar. Beachten Sie auch, dass neben GOÄ-Leistungen Einmalmaterialien wie sterile Handschuhe und Abdecksets berechenbar sind, was bei OP-Zuschlägen der GOZ nicht der Fall ist. Das FST ist je Transplantat berechenbar.

 

Bei größerem Umfang kommt die GOÄ-Nr. 2386 zum Einsatz. Eine exakte Größendefinition wie bei der GOZ-Nr. 3240 (ein bis zwei Zahnbreiten) findet sich allerdings weder bei der GOZ-Nr. 4130 noch bei der GOÄ-Nr. 2386. Flankierende Leistungen sind bei Erstellung eines Therapieplans zu integrieren.

 

FAZIT | Das Ablehnen der Vestibulumplastik und des OP-Zuschlags im Rahmen einer Schleimhauttransplantation ist fachlich und gebührenrechtlich nicht nachvollziehbar. Dem muss daher widersprochen werden. Eine Dokumentation der durchgeführten OP-Schritte ist die Basis für die schriftliche Unterstützung des Patienten, damit er seine Erstattung bekommt.