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31.05.2016·Implantation Externer Sinuslift: Wo ist das „Aufbaugebiet“?

·Implantation

Externer Sinuslift: Wo ist das „Aufbaugebiet“?

| Nach dem Abwägen von Alternativen wird in einer kieferchirurgischen Praxis bei einem Patienten ein externer Sinuslift durchgeführt. Danach wird die Rechnung geschrieben. Die PKV behauptet, die Leistung nach der GOZ-Nr. 9140 sei nicht berechenbar. Wie kann man reagieren? |

Der Behandlungsfall

Ein Privatpatient wurde vom Zahnarzt an einen MKG-Chirurgen überwiesen, um eine implantologische Behandlung abzuklären. Dort stellte sich der Patient vor und brachte ein aktuelles OPG von seinem Zahnarzt mit. Nachdem er untersucht und das Fremd-OPG ausgewertet war (Inhalt der GOZ-Nr. 9000), klärte man ihn auf, dass wegen der knöchernen Verhältnisse in seinem zahnlosen Oberkiefer die Fertigung eines DVT erforderlich sei, dies jedoch nicht immer von Kostenerstattern übernommen werde.

 

Der Patient willigte in Kenntnis eines eventuellen Selbstbehalts ein. Das DVT wurde gefertigt und bezüglich einer Implantation ausgewertet. Dem Patienten wurden mögliche OP-Varianten vorgestellt. Nach der Beratung entschied er sich für einen externen Sinuslift mit Implantation in einer Sitzung.

 

  • Die Rechnung
Datum
Region
Nr.
Leistungsbeschreibung/Auslagen
Faktor
Anzahl
Euro

01.02.16

Ä5

Symptombezogene Untersuchung

3,51

1

16,32

Ä1

Beratung

3,52

1

16,32

OK

9000

Implantatbezogene Analyse und Vermessung des Alveolarfortsatzes, je Kiefer

3,53

1

174,01

08.02.16

Ä5370a

DVT entsprechend computergesteuerte Tomografie

1,2

1

139,88

Ä5377

Zuschlag, computergesteuerte Analyse

1,0

1

46,63

09.02.16

0030

Heil- und Kostenplan

2,3

1

25,87

10.02.16

Ä75

Ausführlicher ärztlicher Befundbericht

2,3

1

17,43

Zwischensumme Honorar

436,46

 

Die Entscheidung, mit welchem Faktor das DVT berechnet wird (hier mit dem 1,2-fachen Gebührensatz), trifft der Behandler. In der Literatur besteht bis heute keine Einigkeit, ob ein DVT nach der regulären GOÄ-Nr. 5370 oder im Rahmen der Analogie zu berechnen ist (§ 6 Abs. 2 GOÄ).

 

Eine Berechnung nach der GOÄ-Nr. 5370 mit geändertem Leistungstext – z. B. „Ä5370 Digitale Volumentomografie“ – ist nicht gestattet und führt dazu, dass die gesamte Rechnung nicht rechtskräftig wird. Die Gebührenziffern, Leistungstexte und Punktzahlen der GOÄ und GOZ sind durch das Bundesgesundheitsministerium als Verordnung definiert und dürfen nicht verändert werden. Es ist nach § 10 GOZ jedoch gestattet, die Leistungstexte zu kürzen, wenn die wesentlichen Leistungsbestandteile abgebildet sind.

 

Datum
Region
Nr.
Leistungsbeschreibung/Auslagen
Faktor
Anzahl
Euro

Übertrag

436,46

18.04.16

Ä5

Symptombezogene Untersuchung

2,3

1

10,72

Ä1

Beratung

2,3

1

10,72

16

0080

Oberflächenanästhesie, je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich

2,3

1

3,88

16,14

0090

Intraorale Infiltrationsanästhesie

2,3

3

23,28

18

0100

Intraorale Leitungsanästhesie

2,3

1

9,05

16

9120

Sinusbodenelevation durch externe Knochenfensterung (externer Sinuslift), je Kieferhälfte

3,54

1

590,54

19

9140

Intraorale Entnahme von Knochen außerhalb des Aufbaugebietes, je Kieferhälfte oder Frontzahnbereich

3,55

1

127,95

0530

Zuschlag bei nicht stationärer Durchführung von zahnärztlich-chirurgischen Leistungen

1,0

1

123,73

16, 15

9010

Implantatinsertion, je Implantat

3,56

2

608,26

Ä5004

Panoramaaufnahme beider Kiefer

1,8

1

41,96

Zwischensumme Honorar

1.986,55

 

Begründungen für Faktorsteigerungen

  • 1, 2) Extrem erhöhter Zeitaufwand bei Erörterung von vier alternativen OP-Varianten unter Einbezug eines stationären Aufenthalts und zweizeitigem Vorgehen. Die regionale Untersuchung erfolgte daher mehrfach unter Bezug auf die jeweilige Therapie.
  • 3) Maximaler Zeitaufwand und überdurchschnittliche Schwierigkeit wegen mehrfachen Analysen und Vermessungen des Oberkiefers bei Therapiealternativen aufgrund erheblicher Knochendefizite.
  • 4) Extreme Schwierigkeiten bei Präparation unter der Nasenhöhle aufgrund schonendem und dadurch bedingtem langsamen Vorgehen, wodurch ein erheblicher Zeitaufwand entstand.
  • 5) Sehr schwierige Gewinnung von Knochenspänen am aufsteigenden Ast wegen Problemen bei der Mundöffnung bis zum Maximum bei reduziertem Öffnungswinkel und mehrfachen Erholungspausen für das Kiefergelenk.
  • 6) Erheblicher Zeitaufwand bei Präparation der Implantatkavität aufgrund zusätzlicher Knochenverdichtung, um die spongiöse Struktur des reduzierten Knochenvolumens zu verbessern.

 

Im Rahmen des externen Sinuslifts wurde Eigenknochen benötigt, der jedoch in der OP-Region 15 wegen der Atrophie nicht in der erforderlichen Menge vorhanden war. Retromolar wurden daher in gleicher Kieferhälfte im Bereich des aufsteigenden Astes Knochenspäne gewonnen und bei der Sinuslift-OP gemeinsam mit Knochenersatzmaterial verwendet. Der ungewöhnlich hohe Zeitaufwand – verbunden mit der Schwierigkeit des Eingriffs – wurde dokumentiert und das Anheben einzelner Steigerungsfaktoren damit begründet.

 

Vor der Implantatinsertion musste mit speziellen Instrumenten ein Bone-Condensing (Knochenverdichtung) durchgeführt werden, um die Knochenqualität zu verbessern. Diese Maßnahme ist bereits optionaler Bestandteil der Leistungslegende; sie wird nicht bei jedem Eingriff standardmäßig durchgeführt und hat einen höheren Zeitbedarf zur Folge.

 

Datum
Region
Nr.
Leistungsbeschreibung/Auslagen
Faktor
Anzahl
Euro

Übertrag

1.986,55

25.04.16

Ä271

Infusion, intravenös, bis zu 30 Minuten

2,3

1

16,08

15-19

3300

Nachbehandlung nach chirurgischem Eingriff, als selbstständige Leistung, je Operationsgebiet

2,3

1

8,41

27.04.16

Ä271

Infusion, intravenös, bis zu 30 Minuten

2,3

1

16,08

28.04.16

Ä271

Infusion, intravenös, bis zu 30 Minuten

2,3

1

16,08

15-19

3300

Nachbehandlung nach chirurgischem Eingriff, als selbstständige Leistung, je Operationsgebiet

2,3

1

8,41

29.04.16

15-19

3300

Nachbehandlung nach chirurgischem Eingriff, als selbstständige Leistung, je Operationsgebiet

2,3

1

8,41

02.05.16

15-19

3300

Nachbehandlung nach chirurgischem Eingriff, als selbstständige Leistung, je Operationsgebiet

1

8,41

Zwischensumme Honorar

2.068,43

 

Nach dem operativen Eingriff erhielt der Patient mehrfach Infusionen, die auch vom Zahnarzt berechenbar sind. Materialien zu GOÄ-Leistungen, die mit einmaliger Verwendung verbraucht sind (hier: Infectocillin 10 Mega und Metronidazol i.V.), können dem Patienten nach § 10 GOÄ in Rechnung gestellt werden.

 

  • Die Praxismaterialien
Datum
Leistungsbeschreibung/Auslagen
Anzahl
Euro

Übertrag Honorar

2.068,43

10.02.16

Portokosten

1

0,70

18.04.16

Anästhetikum

7

4,76

Camlog Cylinder Line Implantat

2

342,40

Camlog Heilkappe

2

73,78

Geistlich BioOss Knochenersatz 0,25 g

1

72,59

Geistlich BioGide Membran 25 x 25 mm

1

145,18

Atraumatische Naht

2

11,68

25.04.16

Infectocillin 10 Mega

1

8,28

Metronidazol i.V.

1

21,80

27.04.16

Infectocillin 10 Mega

1

8,28

Metronidazol i.V.

1

21,80

28.04.16

Infectocillin 10 Mega

1

8,28

Metronidazol i.V.

1

21,80

Summe Kosten Auslagen §§ 3, 4 GOZ und § 10 GOÄ

741,33

Rechnungsbetrag

2.809,76

 

Die Auslagen und Materialien sind datumsbezogen gelistet; so kann auf Vollständigkeit überprüft werden. Bei hochpreisigen Produkten sollte zusätzlich zu den Pflichtangaben (§ 10 Abs. 2 Punkt 6: Art, Menge und Preis der Materialien) der Hersteller genannt werden, bei Knochenersatzmaterial zusätzlich die Körnung und bei Membranen die Größe. Diese freiwilligen Angaben ersparen der Praxis zeitintensive Rückfragen privater Kostenträger, die ohne Detailangaben nicht prüfen können, ob der korrekte Preis berechnet wurde.

 

Manchmal erfassen Praxen berechenbare Materialien nicht einzeln auf einem Materialbeleg, sondern fügen eine Kopie der Lieferantenrechnung der Gesamtrechnung bei und weisen nur den Gesamtbetrag der Materialien auf der Patientenrechnung aus. Nach GOÄ und GOZ muss der Patientenrechnung keine Kopie einer Lieferantenrechnung beigefügt werden – und zwar weder bei Implantatteilen, Abformmaterialien oder sonstigen berechenbaren Produkten. Eine Kopie kann zudem nur dann beigefügt werden, wenn die Rechnung ausschließlich berechenbare Materialien für einen Patienten enthält.

Stellungnahme des Kostenerstatters unbedingt widersprechen

Die private Versicherung schreibt: „Die GOZ-Nr. 9140 setzt die Entnahme des Knochenmaterials außerhalb des Aufbaugebietes voraus. Dies geht aus der Rechnung nicht hervor. Wird Knochen aus dem Aufbaugebiet gewonnen, so kann hierfür keine zusätzliche Gebühr zur GOZ-Nr. 9120 berechnet werden. Die GOZ-Nr. 9140 konnte daher nicht berücksichtigt werden.“

 

Die Leistungslegende der Nr. 9120 lautet (auszugsweise): „Sinusbodenelevation … Entnahme von Knochenspänen innerhalb des Aufbaugebiets …“ Nr. 9140 lautet (auszugsweise): „Intraorale Entnahme von Knochen außerhalb des Aufbaugebiets …t“ Für die Berechenbarkeit ist daher die Definition der Region „außerhalb des Aufbaugebiets“ entscheidend. Der externe Sinuslift findet in regio 15 bis 16 statt. Nur in dieser Region sind aufbauende Maßnahmen im Bereich der Kieferhöhle erforderlich, um die Kieferhöhlenschleimhaut anzuheben und Implantate dort inserieren zu können. Das Aufbaugebiet ist somit regio 15 bis 16. In Nr. 9120 ist für die Definition „innerhalb des Aufbaugebiets“ nicht der Bereich einer zusammenhängenden Schnittführung maßgeblich.

 

Die GOZ-Nr. 3300 kann bei dem Patientenfall nur einmal für die Region 15-19 berechnet werden, weil dieser Bereich eine zusammenhängende Schnittführung darstellt. Die GOZ-Nr. 3300 lautet (auszugsweise): „Nachbehandlung nach chirurgischem Eingriff … je Operationsgebiet (Raum einer zusammenhängenden Schnittführung).“ In der Nr. 9120 ist jedoch die Entnahme von Knochen innerhalb des Aufbaugebiets definiert.

Musterschreiben an die private Krankenversicherung

Somit bleibt festzuhalten: Die Nr. 9140 ist neben Nr. 9120 korrekt von der Praxis berechnet worden. Der PKV, die die Kosten der Nr. 9140 nicht übernehmen will, ist daher zu widersprechen. Dazu können Sie den folgenden Mustertext nutzen:

 

  • Musterformulierung

Ihrer Kostenablehnung vom … widersprechen wir. Die Leistungslegende der GOZ-Nr. 9120 lautet: „Sinusbodenelevation durch externe Knochenfensterung, je Kieferhälfte.“ Mit abgegolten ist unter anderem die Entnahme von Knochenspänen innerhalb des Aufbaugebiets und die Einbringung von Aufbaumaterial. Das Aufbaugebiet war der Bereich der rechten Kieferhöhle in regio 15 bis 16. Die Entnahme von Knochen erfolgte jedoch in regio 19, sodass die GOZ-Nr. 9140 berechenbar ist. Eine deutliche räumliche Trennung ist auf unserer Rechnung bereits abgebildet. Bitte überweisen Sie den Betrag von 127,95 Euro an … [Patientenname].