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02.08.2016·Knochenerhalt Socket Preservation nach Extraktion: Techniken, Erfahrungen und Empfehlungen

·Knochenerhalt

Socket Preservation nach Extraktion: Techniken, Erfahrungen und Empfehlungen

von Dipl.-Volkswirt Wolfgang Schmid, Schriftleiter „ZahnmedizinReport“, Berlin

| Nach Zahnverlust oder Extraktion ist ein mehr oder weniger ausgeprägter Verlust an Knochenmenge/-kontur und auch Knochenqualität (Knochendichte) unabwendbar. Das sind alles Faktoren, die die spätere Implantation negativ beeinflussen. Lohnt es sich also, bereits in der Extraktionsalveole den Knochenabbau zu verringern („Socket Preservation“), um später nicht so viel Knochen aufbauen zu müssen?|

Auf der Suche nach einem praxistauglichen Verfahren

Bevor die Socket Preservation systematisch angewandt wurde, war in der untersuchten Praxis – eine Berliner Praxis für Mund-, Kiefer- und plastische Gesichtschirurgie – im Jahr 2010 bei 199 Eingriffen zur Implantatsetzung in 160 Fällen ein Knochenaufbau notwendig. 95 isolierte Eingriffe vor Implantatsetzung allein zum Knochenaufbau waren nötig – was bedeutet, dass es nahezu in der Hälfte der Fälle eines Aufbaus vorab bedurfte und dennoch bei der Implantation immer noch 80 Prozent aller Fälle weitere Knochenaufbaumaßnahmen benötigten.

 

Ziel der Untersuchung war es deshalb, ein praxistaugliches Verfahren zu finden, das durch die Behandlung der Extraktionsalveole zu besseren Ergebnissen führt und den logistischen und finanziellen Aufwand bis zur Implantatsetzung verringert. Nach umfangreichen Vorversuchen kamen das verbreitete Verfahren des schnellen und kostengünstigen Verfüllens mit Kollagenkegeln auf der einen Seite und ein neues Verfahren mit einem Komposit-Transplantat (besteht aus verschiedenen Materialien) auf der anderen Seite zur Untersuchung. Das Eigentransplantat vom Tuber erfüllte dabei die Forderung auf Ähnlichkeit der kortikospongiösen Zusammensetzung mit der Empfängerregion. 120 Fälle von Zahnentfernungen in der ästhetischen Zone wurden drei Studienarmen zugeteilt:

 

  • In der einen Gruppe wurden die Alveolen mit einem porcinen Kollagenkegel (Collacone®/ Botiss Biomaterials) verfüllt, mit Kollagenvlies (Jason fleece®/ Botiss Biomaterials) abgedeckt und mit Kreuzstichnähten unter der Schleimhaut fixiert.

 

  • Die andere Gruppe erhielt ein autologes Komposit-Transplantat aus Tuberknochen mit bedeckender Mukosa: Das Eigentransplantat des Tubers aus Hart- und Weichgewebe wurde mit einem im Durchmesser zur Alveole passenden Trepanbohrer gewonnen, in die Extraktionsalveole eingebracht, mit modifizierter Tabakbeutelnaht an der Schleimhaut fixiert und mit Einzelknopfnähten adaptiert.

 

  • In der Kontrollgruppe erfolgte die Heilung ausschließlich durch eine Koagel-Bildung nach Wundrandadaptation.

 

Nach vier Monaten erfolgte eine Frühimplantation. Zur Evaluation wurden die Möglichkeit zur späteren Implantation (Implantationswahrscheinlichkeit), die Defektsituation, metrische Knochenrandveränderungen und die Notwendigkeit weiterer Knochenaufbauten betrachtet. Die Kosteneffizienz der unterschiedlichen Maßnahmen wurde berechnet.

 

Mit mehr als fünf Minuten Zeitaufwand war die Socket Preservation mit Kollagenkegel und Membran nicht so schnell wie erhofft. Insbesondere das Zuschneiden und Platzieren der Membran auf einem möglichst geringfügig deperiostierten Alveolenrand unter dem Periost konnte sich bei einem Quellen der Membran überraschend aufwendig gestalten. Es dauerte etwa 16 Minuten, das Tubertransplantat zu gewinnen und einzunähen. Bei der Auswahl des passenden Trepanbohrers kann das Transplantat zwar relativ schnell und leicht gewonnen und direkt übertragen werden. Bei diesem zusätzlichen Zeitaufwand lässt sich dieses Verfahren in der Regel aber nicht spontan in den Praxisablauf integrieren und bedarf einer geplanten Extraktion mit entsprechender Zeitplanung.

Wie sieht es bei den Kosten und der Rentabilität aus?

In dieser Untersuchung musste der Patient für die Socket Preservation mit Kollagenkegel 50,97 Euro aufbringen, für die Socket Preservation mit Tuber-Os-Mukosa-Transplantat musste er mit 116,96 Euro mehr als das Doppelte bezahlen (alles berechnet nach GOZ 2012).

 

Dafür waren die Folgekosten für spätere Knochenaufbauten in der Tuber-Os-Mukosa-Gruppe im Mittelwert mit 71,71 Euro am geringsten. In der Kontrollgruppe lagen sie bei 100,75 Euro, in der Kollagengruppe sogar bei 175,95 Euro. Die Gesamtsumme war in der Tuber-Os-Mukosa-Gruppe im Mittel mit rund 187 Euro geringer als in der Kollagengruppe mit rund 217 Euro und diese somit für den Patienten finanziell attraktiver.

 

In der Betrachtung der Rentabilität der Socket Preservation mit Kollagenkegeln ergab sich ein Praxisstundensatz von 240,83 Euro, bei den Tuber-Os-Mukosa-Transplantaten von 404,60 Euro. Unter Einbeziehung aller Folgekosten lag die Rentabilität von Kontroll- und Kollagengruppe mit 261,00 Euro und 272,40 Euro relativ nah beisammen, die der Tuber-Os-Mukosa-Gruppe mit 292,80 Euro darüber. Das Tuber-Os-Mukosa-Transplantat war gegenüber der Kollagenverfüllung signifikant rentabler.

 

FAZIT | Die Socket Preservation mit Eigenmaterial ist nicht nur für den Patienten, sondern auch für den Behandler finanziell attraktiver. Der Anteil des an den Zulieferer weitergeleiteten Materialpreises verbleibt als Eigenleistung in der Praxis. Allerdings ist diese Differenz nicht so ausgeprägt, dass sie die klinische Entscheidung beeinflussen sollte.

 

 

Quelle

  • Neisius T. Clinical comparison of the management of the extraction socket before implantation. Dissertation, Berlin 2016