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01.09.2015·Compliance-Richtlinie Vergünstigter Einkauf durch Zugabe kostenfreier bzw. preisreduzierter Produkte: Was gilt?

·Compliance-Richtlinie

Vergünstigter Einkauf durch Zugabe kostenfreier bzw. preisreduzierter Produkte: Was gilt?

| In der August-Ausgabe hat die PI-Redaktion die Compliance-Richtlinie der KZBV vorgestellt. Hierzu stellten Leser Fragen, zum Beispiel: „Wenn der Zahnarzt 100 Implantate kauft und 30 davon kostenlos bekommt, kann man den ermäßigten Stückpreis leicht umrechnen. Wie verhält es sich jedoch, wenn man bei der Implantatbestellung zum Beispiel kostenlos eine Chirurgie-Kassette oder eine vergünstigte chirurgische Einheit bekommt? Diese Artikel kann der Zahnarzt nicht ohne Weiteres auf eine bestimmte Zahl von Implantaten oder Einmalfräsen umrechnen. Gibt es dazu Informationen?“ |

Zugabeverbot im Heilmittelwerbegesetz

Ein Zugabeverbot ist im Heilmittelwerbegesetz (HWG) schon lange enthalten. Danach ist es verboten, Zuwendungen und sonstige Werbeabgaben (Waren und Dienstleistungen) zum Beispiel anzubieten oder als Angehöriger der entsprechenden Fachkreise anzunehmen. Die Bagatellgrenze liegt bei etwa 1 bis 5 Euro, wobei die Rechtsprechung hier nicht einheitlich ist. Bei preisreduzierten oder kostenfrei gestellten Mehrwegfräsen und Kassetten handelt es sich jedoch nicht um Zuwendungen und auch nicht um Werbemittel.

Verzögerte Zustellung preisreduzierter bzw. kostenfreier Ware

Bei Aktionsangeboten für berechenbare Materialien, die für einen bestimmten Zeitraum gelten, wird der Lieferant bereits auf der Rechnung den Aktionsrabatt ausweisen. Dieser Sachverhalt ist plausibel und einfach umsetzbar.

 

Schwieriger wird es, wenn zum Beispiel zehn Implantate zum Listenpreis in Rechnung gestellt werden und später eine Chirurgie-Kassette als Null-Postenvom Zulieferer zugestellt und in der Rechnung ausgewiesen wird. Wenn keineandere Warenbestellung in der Zwischenzeit erfolgte, liegt der Verdacht nahe, dass hier eine Rabattierung auf eine frühere bzw. spätere Bestellung vorliegt. Wurde der Rabatt nicht auf die bereits erhaltenen zehn Implantate angerechnet, liegt – womöglich beidseits – ein Straftatbestand vor. Allerdings könnte auf der Rechnung des Lieferanten vermerkt sein, dass Rabatte 1:1 an Patienten weiterzuleiten sind und ein Aktionsangebot enthalten ist. Wie das realisierbar ist, bleibt abzuwarten.

Neukunden und Switcher

Ähnlich liegt der Fall, wenn zum Beispiel im Bereich der Implantologie ein Zahnarzt als Neukunde oder Switcher (Wechsel zu anderem Implantatsystem) für den Erwerb von Implantaten ein Einsteiger-Set oder eine Chirurgie-Kassette vom Zulieferer kostenfrei oder preisreduziert erhält. Spätestens mit Inkrafttreten des Antikorruptionsgesetzes werden Zulieferer auf ihrer Rechnung eine entsprechende Kennzeichnung vornehmen müssen, damit der Zusammenhang deutlich wird, um nicht selbst juristisch angreifbar zu sein. Aufgrund der Dokumentation, die bereits beim Außendienstmitarbeiter beginnt, ist im Falle einer Prüfung des Lieferanten durch eine autorisierte Behörde der reale Sachverhalt leicht kontrollierbar.

Sprechstundenbedarf: Aktionsangebot und Rabatte zulässig

Unter Sprechstundenbedarf im Bereich der Implantologie sind zum Beispiel Mehrwegfräsen, Chirurgie- und Prothetik-Kassetten, spezielle chirurgische Instrumente, Chirurgie-Motoren und Materialien zu verstehen, die Patienten nicht gesondert in Rechnung gestellt werden dürfen. Bei den nicht gesondert abrechenbaren Materialien spielt es gegenüber dem Patienten keine Rolle, zu welchem Preis diese Produkte vom Praxisinhaber erworben werden. Beim Kauf von Sprechstundenbedarf sind Aktionsangebote und Rabattstaffeln rechtens, da dadurch die Betriebskosten minimiert werden. Dem Patienten sowie den Krankenversicherungen gegenüber entsteht kein Nachteil.

 

Steht der Erhalt von preisreduziertem Sprechstundenbedarf jedoch im Zusammenhang mit der Bestellung berechenbarer Materialien, wird eine entsprechende Kennzeichnung durch den Lieferanten erfolgen, um sich nicht selbst in den Verdacht der Korruption zu bringen. Werden beispielsweise im Dezember 100 Implantate zum Listenpreis erworben und im darauf folgenden Jahr mit zeitlicher Verzögerung eine kostenfreie oder preislich reduzierte Ware aus dem Bereich des Sprechstundenbedarfs durch den Lieferanten ohne weitere Bestellung der Praxis zugestellt, so ist dies bei einer Prüfung beim Lieferanten aus dessen Dokumentation leicht erkennbar. Beim Zulieferer ist festzuhalten, warum ein Kunde kostenfreie bzw. rabattierte Ware erhält.

 

Die gesetzliche Grundlage für den Straftatbestand der Korruption durch Lieferanten und/oder Dritte findet sich im § 299a Abs. 2 StGB im Gesetzesentwurf:

 

  •  § 299a Abs. 2 StGB

Ebenso wird bestraft, wer einem Angehörigen eines Heilberufs im Sinne des Absatz 1 im Zusammenhang mit dessen Berufsausübung einen Vorteil für diesen oder einen Dritten als Gegenleistung dafür anbietet, verspricht oder gewährt, dass er bei dem Bezug, der Verordnung oder der Abgabe von Arznei-, Heil- oder Hilfsmitteln oder Medizinprodukten oder bei der Zuführung von Patienten oder Untersuchungsmaterial erstens ihn oder einen anderen im inländischen oder ausländischen Wettbewerb bevorzuge oder zweitens in sonstiger Weise seine Berufspflichten verletze.

 

Eine Transparenz der Geschäftsbeziehung soll durch autorisierte Stellen geprüft werden. Der Erhalt kostenfreier oder preisreduzierter Ware wird aufgrund der Rechnungslegung und Dokumentationspflicht bereits beim Lieferanten gläsern und führt bei Verstößen sowohl bei Angehörigen eines Heilberufs, bei den Lieferanten und ggf. Dritten zum Straftatbestand. Das „Antikorruptionsgesetz“ wird wohl 2016 in Kraft treten. Der Einkauf von Sprechstundenbedarf mit Rabattregelung sollte streng von der Materialbestellung berechenbarer Produkte getrennt werden, um sich nicht angreifbar zu machen.