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30.09.2013·Kongressbericht Mehr als nur Ästhetik: Weichteilmanagement um Implantate

·Kongressbericht

Mehr als nur Ästhetik: Weichteilmanagement um Implantate

von Wolfgang Schmid, Berlin, Schriftleiter des „Zahnmedizin Report“

| Die Weichteilmanschette um Implantate und natürliche Pfeiler spielt eine wichtige Rolle für die Langzeitprognose der Ästhetik und der Funktion. Falls es zu Rezessionen um Implantate kommen sollte oder falls Implantate ein nicht ausreichendes Angebot befestigter Gingiva zeigen, sind Methoden vorhanden, die den Aufbau der Weichgewebe um Implantate ermöglichen. Auf der 42. Jahrestagung der Arbeitsgemeinschaft Dentale Technologie e.V. in Böblingen stellten die Mailänder Implantologen Dr. Sandro Siervo und Dr. Paolo Siervo Techniken zum Weichteilmanagement um Implantate vor. |

Methoden zum Aufbau der Weichgewebe um Implantate

Die Weichteilmanschette um osseointegrierte Implantate spielt eine wesentliche Rolle für die ästhetische und funktionelle Langzeitprognose der Rekonstruktion. In apiko-koronaler Richtung hat diese Manschette eine Dimension von 3 bis 4 mm und besteht aus zwei verschiedenen Geweben: die ersten 2 mm sind Epithel, während die tieferen 2 mm Bindegewebe sind. Epithel und Bindegewebe sind für die „biologische Breite“ verantwortlich und sorgen dafür, dass Bakterien und andere Noxen nicht in die Tiefe eindringen können.

 

In Abhängigkeit vom verwendeten Implantatsystem – gedeckt einheilend oder transgingival – bewegt sich das Epithel entweder bei der Implantatfreilegung oder bei der Implantatsetzung vom Lappenrand über das Koagulum auf den Implantatpfeiler. Das Epithel migriert bis zum Übergang der Implantatschulter auf dem Pfeiler. Ab dieser Grenze bewegt sich das Epithel in apikale Richtung, um das sogenannte „junctional epithelium“ (JE) zu bilden.

 

Die Breite dieses JE ist unter physiologischen Umständen 2 mm und es ist ähnlich mit dem Gewebe um einen natürlichen Zahn. Ganz anders steht es mit dem Bindegewebe, das unter physiologischen Umständen eine Breite von ungefähr 2 mm zeigt: Auf dem natürlichen Zahn können sich die Kollagenfibern auf einer Seite an Zement binden, während sie auf der anderen Seite mit dem Knochen verbunden sind und somit eine lotrechte Orientierung zum Zahn halten. Da Implantate nicht mit Zement überzogen sind, können die Kollagenfibern sich nicht auf der Implantatoberfläche inserieren. Die Richtung ist nicht orthogonal und der Verbund zwischen Bindegewebe und Implantathals bleibt schwach.

 

Die Unterschiede in der Weichteilmanschette um Implantate und natürliche Pfeiler erklären zumindest teilweise den unterschiedlichen Widerstand, den Implantate und natürliche Pfeiler gegen einen bakteriellen Angriff bieten können. Der Erhalt oder gar die Regeneration der Weichgewebe spielen deshalb eine wesentliche Rolle für das Gelingen der Rekonstruktionen.

 

Methoden zur Wiederherstellung der Weichgewebe um Implantate oder natürliche Pfeiler

Die Augmentation von Weichgeweben um Implantate kann mit verschiedenen Techniken erzielt werden.

 

Bei der sogenannten Envelope-Technik ist die Schnittführung intrasulkulär am Implantathals ohne Entlastungsschnitte auf der vestibulären Seite. Eine Gewebstasche, die auf einer Ebene supraperiostal und auf der anderen Ebene subepithelial ist, wird gebildet, in die das entnommene Bindegewebe eingeführt werden kann. Die Form und Ausdehnung der Tasche ist wichtig für das Resultat: Ist sie zu breit, kann das Transplantat in eine Gegend migrieren, die nicht gewünscht ist. Ist die Tasche zu eng vorbereitet, wird das Transplantat nach koronal exponiert. Diese Methode kann modifiziert werden, indem man an dem apikalen Ende der Tasche eine Inzision nach buccal anlegt. Auf diese Weise wird die Tasche zu einem Tunnel. Das Bindegewebstransplantat kann mit einer geeigneten Naht durch den Tunnel geführt und an seinen apikalen und koronalen Enden mit resorbierbarer Naht stabilisiert werden.

 

Die Roll-Technik ist eine augmentative Maßnahme der Weichgewebe für den Oberkiefer. Bevor ein Spaltlappen gestielt wird, wird das Epithel entfernt. Der Lappen wird deutlich auf der palatinalen Seite mit mesialen und distalen Entlastungsschnitten geführt. Der Spaltlappen wird von palatinal bis zur buccalen Knochenwand angehoben und dort in einem Mukoperiostlappen verwandelt. Auf diese Weise kann der palatinale Spaltlappen in der Tasche des Mukoperiostlappens gedreht und eingefügt werden – mit einer offensichtlichen Augmentation der Weichgewebe auf der buccalen Seite.

 

Der koronal verschobene Lappen mit Bindegewebetransplantat hat einen intrasulkulären Verlauf mit mesialen und distalen Entlastungsschnitten, wobei die koronale Portion bis zu 1,5 mm apikal zur Rezession aus einem Mukoperiostlappen besteht, während der apikale Anteil ein Spaltlappen ist. Das aus der Spendergegend entnommene Bindegewebetransplantat kann mit resorbierbaren Nähten stabilisiert werden und mit dem koronal verschobenen Lappen gedeckt werden.

 

Freie Schleimhauttransplantate finden auch ihren Einsatz, um die Dicke der Weichgewebe und die Breite der adhärenten Gingiva um Implantate im Ober- und Unterkiefer zu erweitern. Ein supraperiostaler Spaltlappen, der den koronalen Rand am Übergang zwischen befestigter und freier Gingiva hat, mit distalen und mesialen Entlastungsschnitten wird vorbereitet und das Transplantat darauf mit resorbierbaren Nähten stabilisiert.