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02.08.2017·Kostenerstattung GOZ-Nr. 3100: PKV fordert die Behandlungsunterlagen an – das ist zu beachten!

·Kostenerstattung

GOZ-Nr. 3100: PKV fordert die Behandlungsunterlagen an – das ist zu beachten!

| Private Krankenversicherungen (PKVen) fordern seit 2012 vermehrt Behandlungsunterlagen, um ihre Leistungspflicht zu prüfen. Die Mitteilung einer PKV lautet beispielsweise: „Wir benötigen zur abschließenden Prüfung der GOZ-Nr. 3100 eine OP-Dokumentation bzw. Kopie der Akte.“ Hier stellt sich die Frage: Darf die PKV das verlangen? Außerdem ist zu klären: Wann ist die GOZ-Nr. 3100 berechenbar und welche OP-Schritte müssen erbracht und dokumentiert sein, damit der Patient die Kosten erstattet bekommt? Damit befasst sich dieser Beitrag. |

Kann die Herausgabe der Dokumentation verlangt werden?

Eine unmittelbare Auskunftsverpflichtung des Zahnarztes gegenüber der PKV besteht nicht, da zu dieser keine vertragliche Beziehung besteht. Diese besteht ausschließlich zwischen der PKV und dem Patienten (Versicherungsnehmer). Auskünfte muss daher nicht der Zahnarzt, sondern der Versicherte erteilen. Insbesondere nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) ist der Versicherte verpflichtet, alle Informationen weiterzugeben, die seine PKV benötigt, um eine Entscheidung über die Therapie herbeizuführen. Maßgeblich ist hier der § 31 Abs. 1a VVG:

 

  • § 31 Abs. 1a Versicherungsvertragsgesetz (VVG)

„Der Versicherer kann nach dem Eintritt des Versicherungsfalles verlangen, dass der Versicherungsnehmer jede Auskunft erteilt, die zur Feststellung des Versicherungsfalles oder des Umfanges der Leistungspflicht des Versicherers erforderlich ist. Belege kann der Versicherer insoweit verlangen, als deren Beschaffung dem Versicherungsnehmer billigerweise zugemutet werden kann.“

 

 

Die notwendigen Unterlagen und Erläuterungen kann der Versicherte meist nur vom Zahnarzt erhalten. Als Laie verfügt er weder über die Behandlungsunterlagen noch kann er eine medizinische Stellungnahme abgeben.

Welche Dokumente müssen ausgehändigt werden?

Nach § 630g Abs. 2 BGB hat der Patient das Recht, Abschriften der Patientenakte zu verlangen. Abschriften können von einem Text, von elektronischen Dokumenten oder auch in Form von Dateien in elektronischer Form angefertigt werden. Die Kosten für die Abschriften bzw. Kopien hat der Patient zu tragen.

 

Der Umfang der Dokumentation einer Behandlung wird laut Rechtsprechung von der medizinischen Notwendigkeit bestimmt. Auf Umstände oder Tatsachen, deren Aufzeichnung und Aufbewahrung für die weitere Behandlung des Patienten medizinisch nicht erforderlich sind, kann verzichtet werden. Die Dokumentation zielt zunächst nicht darauf ab, eine nachträgliche Überprüfung durch Versicherer zu ermöglichen, sondern dient im Patienteninteresse zur Sicherstellung eines korrekten Behandlungsablaufs und der ggf. erforderlichen Weiterbehandlung.

 

Eine generelle Beurteilung des OP-Protokolls auf dokumentierte Leistungsinhalte hin erscheint unzulässig. Dies gilt z. B. dann, wenn logische Teilschritte eines OP-Verlaufs nicht explizit aufgeführt sind. Es bestehen weder eine Erstellungspflicht noch Formvorschriften für ein derartiges Protokoll.

Hat die PKV das Recht auf eine Kopie der ganzen Akte?

Der Patient ist wegen seiner gesetzlich geregelten Mitwirkungspflicht verpflichtet, Auskünfte zu erteilen. Dabei ist es selten erforderlich, die gesamte Akte in Kopie bzw. einen Ausdruck auszuhändigen. Entweder hat die PKV ein Zeitfenster genannt oder die Unterlagen werden ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Erörterung oder Erbringung kopiert. Liegt ein OP-Protokoll für die zu prüfenden Leistungen vor, muss auch dieses in Kopie ausgehändigt werden. Daher ist eine lückenlose Aufzeichnung aller relevanten Details der Behandlung erforderlich. Enthält der OP-Bericht z. B. keine Periostschlitzung mit anschließender Plastik, wird die PKV die berechnete GOZ-Nr. 3100 nicht erstatten.

 

Wichtig ist auch, dass alle Bestandteile der Leistungslegende im Bericht erfasst sind. Wird nur die Nr. 3100 oder der Begriff „Periostschlitzung“ dokumentiert, ist der Leistungsinhalt der GOZ-Nr. 3100 nicht erbracht, da der Text auch eine Plastik (Formung des Weichgewebes) enthält. Eine Ziffer ist erst dann berechenbar, wenn der vollständige Leistungsinhalt erbracht wurde.

Die OP-Beschreibung der GOZ-Nr. 3100: Reicht das aus?

In einer Praxis wird im Rahmen der Implantation folgende Beschreibung von der Assistenz notiert: „Plastische Deckung. Mukoperiostlappen am Periost geschlitzt, Lappen gedreht und vernäht.“ Genügt das, um den Leistungsinhalt abzubilden? Um diese Frage beantworten zu können, muss zuerst der Leistungstext betrachtet werden: „Plastische Deckung im Rahmen einer Wundversorgung einschließlich einer Periostschlitzung, je Operationsgebiet (Raum einer zusammenhängenden Schnittführung).“ Diese Ziffer ergibt beim 2,3-fachen Gebührensatz rund 35 Euro Honorar. Die Beschreibung ist nicht aussagekräftig genug.

Was kann an der OP-Beschreibung optimiert werden?

Bei der Kurzbeschreibung fehlen Erläuterungen zur Periostschlitzung, zur Plastik und zur Nahtlegung. Weichgewebschirurgische Maßnahmen können immer dann berechnet werden, wenn eine einfache Readaption der Wundränder nicht möglich oder indiziert ist und eine Weichgewebsverlagerung – z. B. mittels Periostschlitzung, dem Schwenken, Drehen oder Verschieben des Mukoperiostlappens – erfolgt.

 

  • Beispiel für eine OP-Beschreibung zur Periostschlitzung

„Ein regulärer Wundverschluss war nach Implantation aufgrund einer Volumenvermehrung nicht möglich. Eine plastische Deckung erfolgte mit einem trapezförmigen, vestibulär gestielten Schleimhautlappen, der nach Periostschlitzung verlängert wurde. Bei der Umschneidung wurde auf eine ausreichend breite Lappenbasis geachtet. Nach vorsichtigem Abschieben des vestibulären Periosts [Region angeben] wurden die Knochenränder mit der Luer-Hohlmeißelzange geglättet. Unter Sicht wurde bei ausgespanntem Lappen das Periost an der Lappenbasis durchtrennt und der Lappen weiter stumpf mobilisiert, bis sein freier Rand spannungslos den palatinalen Schleimhautrand erreichte. Nachdem die Wundränder getrimmt waren, wurde der Lappen im Wundgebiet fixiert. Somit konnte ein spannungsfreier Wundverschluss in Form einer plastischen Deckung erzielt werden.“

 

Die Formulierung muss immer therapieorientiert adaptiert werden.

Warum werden Unterlagen zur GOZ-Nr. 3100 angefordert?

Erst seit Novellierung der GOZ 2012 hat der Verordnungsgeber in den Abschnitten D, E und K der GOZ bei den allgemeinen Bestimmungen eine textliche Änderung bezüglich der primären Wundversorgung vorgenommen. Seitdem ist lediglich ein Wundverschluss ohne zusätzliche Lappenbildung Inhalt der chirurgischen Maßnahme und nicht separat berechenbar. Muss jedoch eine Lappenbildung mit Periostschlitzung erfolgen, um die Wundränder schließen zu können, ist diese Maßnahme eigenständig honorierbar.

 

Das Bundesministerium für Gesundheit (BMG) als Verordnungsgeber der GOZ hat die Neuaufnahme der Nr. 3100 wie folgt begründet: „Diese Leistung soll kleinere im Rahmen einer Wundversorgung einschließlich einer erforderlichen Periostschlitzung auftretende Eingriffe abbilden. Eine Periostschlitzung erfüllt im Rahmen der Wundversorgung nicht den Inhalt der Leistung nach der Nr. 3100. Ortsgleiche Eingriffe ohne Verlagerung von Weichgewebe sind jedoch mit den Gebühren für die operativen Leistungen abgegolten und nicht gesondert berechnungsfähig. Die Leistung nach der Nr. 3100 kann neben anderen operativen Leistungen berechnet werden.“ (Bundesministerium für Gesundheit, GOZ-Kabinettsbeschluss vom 16.09.2011).“

 

FAZIT | Eine OP-Beschreibung muss in Bezug auf die GOZ-Nr. 3100 alle Arbeitsschritte und Materialien abbilden, die zu einer Verlängerung des Weichgewebes mit Plastik führen. Dabei ist es unerheblich, ob dieser Eingriff in der Akte und/oder in einem OP-Bericht aufgezeichnet wird. Beide Dokumente sind Bestandteil der Behandlungsunterlagen, auf die der Patient nach § 630g BGB ein Anrecht auf Herausgabe hat – in Kopie gegen Zahlung der Kosten.

 

Weiterführender Hinweis

  • Die Ausgabe PI 04/2014, Seite 11 ff., enthält im Beitrag „Welche Leistungsbestandteile enthält die GOZ-Nr. 3100?“ weitere Informationen zur GOZ-Nr. 3100.