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27.03.2019·Periimplantitis Mit Pulver-Wasser-Strahlern gegen Periimplantitis ‒ das Mittel der Wahl?

·Periimplantitis

Mit Pulver-Wasser-Strahlern gegen Periimplantitis ‒ das Mittel der Wahl?

von Wolfgang Schmid, Schriftleiter ZahnmedizinReport, Berlin

| An natürlichen Zähnen werden abrasive Prophylaxepulver zur Dekontamination der Wurzeloberfläche bereits verwendet. Lange gab es in der Literatur keinen Konsens zur Anwendung dieser Pulverstrahler auf Titanoberflächen in der Periimplantitistherapie. Eine Dissertation der Universität Düsseldorf zeigt nun, welche Reinigungsmethode das Mittel der Wahl ist. |

Neue Studie zur Wirkung von Pulvern auf Titanoberflächen

Studien haben gezeigt, dass die Regeneration des periimplantären Gewebes durch den subgingivalen Biofilm auf Titanoberflächen dentaler Implantate beeinträchtigt wird. Entsprechend der aktuellen Studienlage scheint in der Periimplantitisbehandlung die Dekontamination der Titanoberfläche deshalb als Grundvoraussetzung unabdingbar.

 

Lange war es das Mittel der Wahl, Kunststoffküretten zur Reinigung der Titanoberflächen zu verwenden. Eine Studie an der Universität Düsseldorf untersuchte nun zum einen

  • die Effizienz der Behandlung mit verschiedenen abrasiven Prophylaxepulvern auf kontaminierten Titanoberflächen und zum anderen,
  • inwieweit das Verwenden der Reinigungspulver einen Einfluss auf die Zellneubildung hat.

 

In vitro bewertet wurden neben der Partikelart und -größe auch die Distanz und die Angulation, mit der die verschiedenen abrasiven Prophylaxepulver auf die Titanoberfläche treffen.

 

Probanden trugen intraoral Acrylplatten mit Titanscheiben, welche die Oberfläche dentaler Implantate simulierten, um Biofilm zu sammeln. Vier verschiedene Prophylaxepulver ‒ drei auf Glycinbasis (Air-Flow1 Soft®, Air-Flow1 Perio®/beide EMS und Clinpro1 Prophy Powder®/3M ESPE) und eines auf Natriumbikarbonatbasis (Airflow® Classic®/EMS) ‒ mit einer Partikelgröße von 20 bis 75 µm wurden einmalig und wiederholt in einem Abstand von 1 und 2 mm verwendet, um den Biofilm auf den Titanplättchen in vitro zu entfernen. Die Angulation betrug 30 oder 90 Grad.

Reinigungsleistung der Prophylaxepulver

Nach einmaliger Behandlung der Titanplättchen in einem Winkel von 30 Grad ist der Unterschied zwischen den Abständen gravierender. Die Anwendung in 1 mm Entfernung beseitigte den Biofilm deutlich besser als die in einem Abstand von 2 mm. Zudem sind die Ergebnisse für Air-Flow® Perio, Air-Flow® Soft sowie Air-Flow® Classic deutlich besser als die Ergebnisse des Clinpro®Prophy Powder.

 

Bei einer Behandlung in wiederholter Sequenz bei 30 oder 90 Grad zeigten alle Gruppen eine vollständige Eliminierung des Biofilms unabhängig vom Abstand. Die unterschiedlichen Partikelgrößen der Glycinpulver untereinander schienen keinen signifikanten Einfluss auf die Ergebnisse zu haben.

Veränderungen an der Implantatoberfläche

Besonders auffällig war die Darstellung der Titanoberfläche nach Anwendung von Natriumbikarbonatpulver unter dem Elektronenmikroskop im Vergleich zur Kontrollgruppe: Dieses Pulver ‒ hier Air-Flow Classic ‒ ist bereits durch seine physikalischen und chemischen Grundparameter aggressiver im Vergleich zu glycinhaltigen Pulvern. Nach zweimaliger Behandlung zeigten die mit Natriumbikarbonat behandelten Titanplättchen ‒ unabhängig von Abstand und Angulation ‒ eine deutliche Veränderung der Oberfläche. Während die unregelmäßig angeordneten Furchen und Gruben generell unverändert geblieben sind, scheinen die scharfkantigen Erhebungen deutlich abgeflacht zu sein. Dies hatte aber keinen Einfluss auf die Entwicklungsfähigkeit der SaOs-2-Zellen.

 

Im Gegensatz dazu zeigten die Titanplättchen nach zweimaliger Behandlung mit Glycinpulver keine Veränderung der Oberfläche.

Anhaftung von Zellen an der gereinigten Oberfläche

Die wiederholt gereinigten Titanplättchen wurden für sieben Tage mit SaOs-2 Zellen (als Korrelat zu humanen knochenbildenden Osteoblasten) inkubiert. Wie der Autor Jan-Kristian Popovski zeigt, wird die Entwicklungsfähigkeit von SaOs2-Zellen als Korrelat zu humanen Osteoblasten hauptsächlich durch den Partikeltyp abrasiver Pulver bestimmt. Die unterschiedlichen Partikelgrößen der Glycinpulver schienen keinen signifikanten Einfluss auf die Ergebnisse zu haben.

 

Speziell die mit Glycin behandelten Proben zeigten eine signifikant niedrigere Zellaktivität im Vergleich zum Natriumbikarbonat. Alle vorliegenden Daten implizieren, dass die reine Dekontamination der Titanoberfläche ‒ unabhängig von der Therapiemethode ‒ nicht zum entscheidenden Erfolg in der Periimplantitistherapie führt. Studien zeigen, dass adsorbiertes Hydrogenkarbonat und Karbonat die freie Energie auf SLA- Oberflächen signifikant beeinflussen (Zhao 2005). Es besteht daher die Annahme, dass die Entwicklungsfähigkeit der Zellen in der aktuellen Studie durch die chemische Zusammensetzung der Titanoxidschicht beeinflusst wurde.

 

FAZIT | Abrasive Prophylaxepulver auf Glycinbasis sind nach Auffassung des Autors dieser Studie das Mittel der Wahl und sind den bis dato verwendeten Kunststoffküretten in ihrer Effizienz deutlich überlegen.

 

Quelle

  • Popovski J-C. Ex vivo Untersuchung zur Verwendung von Pulverwasserstrahlgeräten auf biologisch kontaminierten Titanoberflächen von Zahnimplantaten. Dissertation, Düsseldorf, 2018.