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27.03.2019·Kostenerstattung Implantat nach vorherigem Knochenaufbau: Darf die PKV Nr. 9100 in Nr. 4110 GOZ verwandeln?

·Kostenerstattung

Implantat nach vorherigem Knochenaufbau: Darf die PKV Nr. 9100 in Nr. 4110 GOZ verwandeln?

| FRAGE: Ein Privatpatient hat ein Erstattungsproblem mit seiner privaten Krankenversicherung (Allianz). Bei ihm wurde regio 34 ein Implantat gesetzt. Im Rahmen der Insertion wurde ein Knochenaufbau notwendig, da der Alveolarkamm crestal stark verjüngt und zerklüftet war. Der Knochendefekt und der Alveolarkamm wurden mit BioOss aufgebaut, um eine optimale Einheilung des Implantats zu gewährleisten. Die Allianz kann anhand der vorliegenden Unterlagen die medizinische Notwendigkeit für die Nr. 9100 GOZ nicht sachgemäß beurteilen. Sie bittet uns um ein prä- und postoperatives Röntgenbild und eine Stellungnahme. Dann will sie erneut den tariflichen Anspruch für den Patienten prüfen. Vorerst wurde die Nr. 9100 gestrichen und ersatzweise die Nr. 4110 mit dem 3,5-fachen Steigerungsfaktor erstattet. Diese Kürzung finden wir äußerst fraglich. Wie können wir darauf reagieren?“ |

 

Antwort: In der Tat ist die Kürzung durch die Allianz mehr als fraglich. Aufgrund eines Knochendefektes wurde in der Region 34 (linker Unterkiefer) im Rahmen der Implantation ein Aufbau des Alveolarfortsatzes und eine Augmentation des Knochendefekts durchgeführt, um das Implantat fachgerecht inserieren zu können. Dass die Nr. 4110 (180 Punkte) von der Allianz Krankenversicherung eigenmächtig anstelle der korrekten Nr. 9100 GOZ (2.694 Punkte) erstattet wurde, ist keineswegs hinzunehmen ‒ sozusagen eine Anleitung zur Falschabrechnung, allerdings zum Nachteil des abrechnenden Zahnarztes. Eine Leistung nach Nr. 4110 GOZ ist im Rahmen parodontologischer und nach den Abrechnungsbestimmungen für chirurgische Eingriffe berechenbar, jedoch nicht bei implantologischen.

 

  • Leistungstext Nr. 4110 GOZ

„Auffüllen von parodontalen Knochendefekten mit Aufbaumaterial (Knochen- und/oder Knochenersatzmaterial), auch Einbringen von Proteinen, zur regenerativen Behandlung parodontaler Defekte, ggf. einschließlich Materialentnahme im Aufbaugebiet, je Zahn oder Parodontium oder Implantat“

 

Laut der ersten Abrechnungsbestimmung zur Nr. 4110 ist diese Position auch im Rahmen einer chirurgischen Behandlung berechnungsfähig, also z. B.

  • für chirurgische Leistungen bei der Augmentation kleiner Knochendefekte,
  • im Rahmen einer Wurzelspitzenresektion oder
  • nach einer Zystenentfernung.

 

In dem Moment, wo ein Zahn verloren geht, ist auch das Parodontium (Zahnhalteapparat) nicht mehr vorhanden. Augmentationen im Rahmen der Implantation sind aufgrund des deutlich umfangreicheren Eingriffs im Abschnitt K der Implantologie untergebracht. Die Nr. 9100 GOZ bildet dabei exakt die erbrachten Leistungen ab, die bei Ihrem Patienten zur Therapie der Knochendefekte erforderlich waren.

 

Weiterhin noch einige Anmerkungen zu den Auskunftspflichten von Zahnarzt und Patient gegenüber der PKV: Aufgrund der Bestimmungen im Versicherungsvertragsgesetz (VVG) und den Musterbedingungen der Krankheits- und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK) ist der Versicherungsnehmer (Ihr Patient) verpflichtet, Auskünfte bei Fragen zu Therapien und Rechnungen zu leisten. Die Versicherung hat das Recht, die medizinische Notwendigkeit der Behandlung und z. B. vorhandene Zahn- und/oder Kieferdefekte anhand der zahnärztlichen Befunde zu überprüfen. Dazu kann sie nach aktueller Rechtsprechung Fragen stellen und in begründeten Fällen auch Behandlungsunterlagen anfordern.

 

Wenn eine PKV Unterlagen zu einem Behandlungsfall in der Zahnarztpraxis anfordert, ist vom Patienten eine aktuelle, auf diesen Fall bezogene Schweigepflichtentbindungserklärung aufgrund der Datenschutzbestimmungen zwingend erforderlich.

 

PRAXISTIPP | Senden Sie die Behandlungsunterlagen (in Kopie) am besten immer an den Patienten, damit dieser die Unterlagen sichten und an seine Krankenversicherung weiterleiten kann.

 

Die Diagnosen und/oder die medizinische Notwendigkeit einer Behandlung dürfen nach dem Zahnheilkundegesetz nur und ausschließlich von approbierten Ärzten bzw. Zahnärzten beurteilt werden. Sachbearbeiter von Versicherungen haben in der Regel kein medizinisches Studium absolviert. Jeder Patient sollte primär ein Interesse daran haben, dass ein fachkundiger Zahnarzt die Befunde beurteilt ‒ und grundsätzlich nicht ein kaufmännischer Angestellter der PKV.

 

Jeder Privatpatient hat zudem das Recht, die Identität des beratenden Zahnarztes zu erfahren und seine Behandlungsunterlagen ausschließlich zu dessen Händen zuzustellen. Nach § 202 VVG kann die Stellungnahme bzw. das Gutachten anschließend entweder dem Patienten oder nach Abtretung dem behandelnden Zahnarzt zugestellt werden. Diese prüfen die dort getroffenen Angaben. Ggf. ist im nächsten Schritt eine Prüfung durch einen neutralen Sachverständigen erforderlich.

 

PRAXISTIPP | Wenn der Zahnarztpraxis aufgrund der Zusammenstellung von Behandlungsunterlagen Kosten entstehen (z. B. Kopien von Röntgenaufnahmen, dublierte Kiefermodelle, Beantwortung von Fragen), sind diese nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) berechenbar.