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06.01.2017·Zahnmedizin Neu: S3-Leitlinie „Zahnimplantate bei Diabetes mellitus“

·Zahnmedizin

Neu: S3-Leitlinie „Zahnimplantate bei Diabetes mellitus“

| Diabetes mellitus ist eine meist chronische Krankheit mit steigender Prävalenz. Es ist bekannt, dass Patienten mit Diabetes mellitus häufiger und schwerer von Parodontitis betroffen sind. Lange Zeit galt diese Erkrankung als eine Kontraindikation für die dentale Implantologie, da auch hier von Störungen der Wundheilung und einer knöchernen Integration ausgegangen wurde. Nach Auswertung von Studien zeigte sich, dass die Frage, wie gut die Einstellung des Blutzuckers durchgeführt wird, mindestens genauso wichtig ist wie die Feststellung, ob ein Patient an Diabetes mellitus erkrankt ist oder nicht. |

Was ist bei Diabetes mellitus zu beachten?

Bei der Betrachtung der Folgeerkrankungen durch Diabetes mellitus ist es wichtig zu wissen, welche Art von Diabetes mellitus vorliegt, welche Form der Therapie angewendet wird, wie gut die Blutzuckereinstellung erfolgt und wie lange die Erkrankung schon andauert. Die meisten Studien basieren auf gut eingestelltem Diabetes mellitus, in denen keine oder nur geringe Auswirkungen auf das Überleben von Implantaten gesehen werden. Daraus wird gefolgert, dass prospektive Langzeitstudien notwendig sind, um die Frage nach dem Einfluss des Diabetes mellitus besser zu beantworten. Andererseits können Patienten mit einer schlechten Blutzuckereinstellung nicht langfristig beobachtet werden, da die Gefahr systemischer Folgeerkrankungen zu groß ist.

 

Diabetes mellitus und Implantate

Patienten mit schlecht eingestelltem Diabetes mellitus wiesen in den ersten zwei bis sechs Wochen eine geringere Stabilität der Implantate auf. In den folgenden Wochen erreichte die Stabilität jedoch wieder die Baseline. Die dentale Rehabilitation mit Zahnimplantaten bei Patienten mit Diabetes mellitus stellt ein sicheres und vorhersagbares Verfahren dar. Nach einem Jahr scheint es jedoch keinen Unterschied in der Implantatstabilität zwischen Diabetikern und gesunden Personen zu geben, auch nicht bei schlecht eingestelltem HbA1c.

 

Diabetes mellitus und Periimplantitis

Diabetes mellitus scheint in den ersten Jahren kein erhöhtes Risiko für periimplantäre Entzündungen darzustellen. Im Gegensatz dazu scheint das Risiko für periimplantäre Entzündungen mit längerer Dauer nach der Implantation anzusteigen.

 

Diabetes mellitus und Langzeiterfolg Implantate

Die Überlebensraten von Implantaten zeigen bei Diabetikern in Studien von bis zu sechs Jahren keine signifikanten Unterschiede zu Nichtdiabetikern. In einem Beobachtungszeitraum bis zu 20 Jahren ist eine reduzierte Implantat-Überlebensrate bei Diabetikern erkennbar.

 

Diabetes mellitus und Knochenaufbau

Zwei prospektive Studien untersuchten augmentative Maßnahmen bei Patienten mit Diabetes mellitus – zum einen die Einlagerungsosteoplastik nach Sinuslift, zum anderen die Augmentation durch „guided bone regeneration“ mit Kollagenmembran. Zur Augmentation des Oberkiefers wurde autologer Knochen gewonnen, mit synthetischem Knochenersatzmaterial gemischt und mit einer Kollagenmembran abgeschirmt. Das Ergebnis nach einem Jahr zeigte, dass hinsichtlich der Wundheilung, des Augmentatvolumens, der radiologischen Befunde und der Knochenresorption kein signifikanter Unterschied zwischen Diabetikern und Nichtdiabetikern besteht. In der Literatur finden sich keine Hinweise darauf, dass Augmentationsverfahren wie „guided bone regeneration“ und Sinuslift eine höhere Komplikations- und Fehlerrate bei Patienten mit gut eingestelltem Diabetes mellitus aufweisen.

Einfluss einer adjuvanten Therapie

Kontroversen bestehen über die prophylaktische Verwendung von Antibiotika bei gesunden Patienten und Diabetikern nach der Implantatinsertion. Es gibt Hinweise, dass eine adjuvante Therapie mit prophylaktischer Gabe eines Antibiotikums und Anwendung chlorhexidinhaltiger Mundspülungen den Erfolg verbessert. Die DGZMK empfiehlt diese ausdrücklich bei zahnärztlichen Implantaten und Augmentationen. Bei Diabetikern wird diese sowohl zur Verbesserung des Therapieerfolgs als auch zum Infektionsschutz des Patienten empfohlen.

Welche Relevanz haben Leitlinien?

Die „Leitlinien“ der wissenschaftlichen medizinischen Fachgesellschaften sind systematisch entwickelte Hilfen für (Zahn-)Ärzte zur Entscheidungsfindung in spezifischen Situationen. Sie beruhen auf aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie in der Praxis bewährten Verfahren und sorgen für mehr Sicherheit in der Medizin, sollen aber auch ökonomische Aspekte berücksichtigen. Diese „Leitlinien“ sind für (Zahn-)Ärzte rechtlich nicht bindend und haben daher weder haftungsbegründende noch haftungsbefreiende Wirkung.

 

Die neue Leitlinie soll dem Behandler helfen, das Risiko im Rahmen einer Implantation zur kaufunktionellen Rehabilitation bei Patienten mit Diabetes mellitus besser einzuschätzen und geeignete Maßnahmen zu ergreifen. Vor Behandlungsbeginn sollte sich der Behandler über die Einstellung des Diabetes mellitus informieren. Die Einstellung sollte dem Zielkorridor nach der nationalen Versorgungsleitlinie „Therapie des Typ-2-Diabetes“ entsprechen. Aufgrund von Hinweisen auf eine verzögerte Osseointegration ist die Indikation für eine Sofort- und Frühbelastung kritisch zu sehen. Da Patienten mit Diabetes mellitus ein höheres Risiko für Periimplantitis aufweisen, ist eine risikoadaptierte Nachsorge nach Implantatinsertion erforderlich. Bei Anwendung augmentativer Verfahren sollte ein zweizeitiges Vorgehen unter Berücksichtigung von Art und Umfang der chirurgischen Maßnahmen bevorzugt werden.

 

Weiterführender Hinweis

  • Die S3-Leitlinie „Zahnimplantate bei Diabetes mellitus“ mit der AWMF-Registriernummer 083-025 können Sie bei AWMF online (www.awmf.org) unter „Leitlinien“ aufrufen.